ESC-Highlights 2019: Diese Acts stechen schon jetzt heraus

Hatari aus Island provozieren nur mit ihrer Optik. (Bild: RUV)
Hatari aus Island provozieren nur mit ihrer Optik. (Bild: RUV)

Kaum stehen die 41 Länder fest, die beim 64. Eurovision Song Contest antreten werden, wird schon heiß spekuliert: Wer hat zwei Monate vor dem großen Finale in Tel Aviv bei den Buchmachern die Nase vorn und wer zieht mit seiner irren Performance schon jetzt die Aufmerksamkeit auf sich? Die auffälligsten ESC-Kandidaten im Check.

Island: Hatari – “Hatrið mun sigra”

Die Band, die vorab für die meisten Schlagzeilen sorgt, heißt Hatari und kommt aus Island. Die selbst ernannte “Gruppe antikapitalistischer Performance-Kunst” schlüpft für ihre Auftritte gerne in Fetisch-Klamotten, doch die optische Erscheinung ist tatsächlich noch das Harmloseste an ihnen. Die Bondage-Techno-Truppe will provozieren um jeden Preis, und legt sich deshalb sogar öffentlich mit dem Gastgeberland Israel an. In einem Interview mit der Zeitung “Stundin” hatten Hatari erklärt, sich bem ESC für Palästina einsetzen zu wollen. Außerdem verkündeten sie, Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zu einer Art isländischem Ringkampf einladen zu wollen. Gewinnt Netanjahu, bekomme er die Vestmannaeyjar, eine Inselgruppe vor Island, geschenkt. Gewinnen Hatari, dürfen sie in Israel die erste BDSM-Kolonie gründen – so der Plan.

Da wird der Song fast zur Nebensache. Der Hardcore-Track “Hatrið mun sigra” bedeutet übersetzt “Hass wird siegen” und ist der erste auf Isländisch gesungene Beitrag beim ESC seit 2013. Wie heißt es so schön: Auch schlechte Presse ist gute Presse – in den Wettbüros liegen Hatari derzeit auf Platz 7.

Portugal: Conan Osíris – “Telemóveis”

Auch der portugiesische Sänger Conan Osíris lässt sich weder optisch noch musikalisch klar einordnen. Sein Song “Telemóveis”, auf Deutsch “Handy”, verbindet traditionellen portugiesischen Fado mit orientalischen Einflüssen sowie Techno- und Modern-Dance-Sounds. Der 30-Jährige, der mit bürgerlichem Namen Tiago Miranda heißt, trägt auf der Bühne Masken, die sowohl an archaische als auch an moderne Kunst erinnern. Sein Lied über den Verlust menschlicher Kommunikation unterstreicht er mit einer dramatischen Tanzperformance.

Australien: Kate Miller-Heidke – “Zero Gravity”

Eiskönigin Elsa trifft auf Lady Gaga, Operette trifft auf Dance-Sound: Kate Miller-Heidke tritt für Australien mit dem Lied “Zero Gravity” an. Der Song erinnert zeitweise an Mozarts “Königin der Nacht”. Stellenweise mit Operngesang und vielen Tempowechseln ist das Lied alles, aber kein klassischer Ohrwurm. Die Theatralik des Beitrags wird auch durch die Performance untermalt. Im Vorentscheid trug Kate Miller-Heidke ein meterhohes Podest-Kleid und sang in schwindelnder Höhe.

Polen: Tulia – “Fire of Love (Pali się)”

Im wahrsten Sinne des Wortes aufhorchen lässt einen auch der Beitrag aus Polen. Das Frauenquartett Tulia will mit osteuropäischem “weißen Gesang” punkten – einem traditionellen Schreigesang. Und genau das tun sie in ihrem Lied “Pali się” auch: schreien. In Ländern wie der Ukraine, Weißrussland oder Bulgarien ist der weiße Gesang extrem populär, wie das allerdings in den übrigen ESC-Ländern ankommen wird, ist fraglich. Aus dem Rahmen fallen die Damen, die sich passend zu ihrem Sound auch gerne in traditionelle Kleider hüllen, allemal.

Frankreich: Bilal Hassani – “Roi”

Bilal Hassani ist gerade erst 19 Jahre alt, das Selbstbewusstsein, mit dem er auf der Bühne steht, ist vor allem in Hinblick auf sein junges Alter und seine Lebensgeschichte beachtenswert: Der junge Sänger mit marokkanischen Wurzeln wurde durch seine Teilnahme an der französischen Version der Castingshow “The Voice Kids” im Jahr 2015 bekannt. Der YouTuber musste nach seinem Coming-out Cyber-Mobbing und sogar Morddrohungen überstehen. Auch für seine ESC-Teilnahme wurde er extrem attackiert. Wie sein Anwalt gegenüber der Nachrichtenagentur “AFP” mitteilte, werde er als “Pädophiler” oder als “Schande für Frankreich und den Islam” beschimpft. Der Sänger habe deswegen Anzeige gegen unbekannt erstattet. In seinem englisch-französischen Lied “Roi” (dt.: König) fordert er das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben. Musikalisches Vorbild von Hassani ist laut eigener Aussage Ex-ESC-Star Conchita Wurst.

Spanien: Miki Núñez – “La Venda”

Ganz ohne Pathos und Herzschmerz, dafür mit viel guter Laune geht Miki Núñez für Spanien an den Start. Die Uptempo-Nummer “La Venda” (dt.: die Augenbinde) ist ersten Umfragen zufolge ebenfalls ganz hoch im Kurs bei den Buchmachern. Der Merengue-Song ist eingängig und radiotauglich, es erinnert an einen klassischen Sommerhit, der bei der Fußball-WM für amtliche Stimmung sorgen könnte. Reicht das, um sich gegen die anderen 40 Länder durchzusetzen?

Der Battle der Balladen-Könige: Niederlande vs. England

Weniger extravagant, dafür aber hoch im Kurs bei den Buchmachern sind vor allem zwei männliche Teilnehmer, die mit ihren Balladen punkten wollen. Duncan Laurence trifft mit seinem Lied “Arcade” genau ins Herz. Der niederländische Teilnehmer gehört zu den großen Zuschauerfavoriten in den inoffiziellen Online-Votings. Ohne viel Tamtam zieht er alle mit seiner Stimme in den Bann.

Ebenfalls für viele Emotionen will auch der britische Teilnehmer sorgen: Michael Rice ist der Sieger der ersten Staffel der Musikshow “All Together Now” und tritt für das Vereinigte Königreich mit der souligen Ballade “Bigger Than Us” an. Der einstige Straßenmusiker gewann in seiner Heimat auch deshalb sehr viele Sympathien, weil er sich aktiv gegen Mobbing von Kindern und Jugendlichen engagiert. Auch der 21-Jährige gehört zu den Favoriten der Buchmacher.

“Eine kleine morgendliche akustische Jam-Session zum Aufwärmen mit @jedeacon.”