EU und Großbritannien: Umfrage zeigt starke Unterstützung für engere Beziehungen

EU und Großbritannien: Umfrage zeigt starke Unterstützung für engere Beziehungen

Mit Blick auf globale Unsicherheiten wollen Briten und Europäer wieder enger zusammenarbeiten - das hat eine neue Umfrage ergeben.

Der erneute Sieg Donald Trumps bei den US-Wahlen wirft bereits Schatten voraus: Die Hälfte der Briten ist nun der Meinung, dass die britische Regierung die Beziehungen zur Europäischen Union vor denen zu den USA priorisieren sollte. Nur 17 Prozent der Befragten denken, dass die Beziehungen zu den USA vor denen zur EU gestellt werden sollten. Das ist das Ergebnis einer neuen länderübergreifenden Meinungsumfrage im Auftrag des Thinktanks European Council on Foreign Relations (ECFR).

Die befragten Briten gaben auch an, dass Großbritannien besser auf zukünftige Herausforderungen, wie die Steuerung der Migration, Stärkung der Sicherheit und Wirtschaft, aber auch bei der Bewältigung der Klimaerhitzung und möglichen Pandemien, vorbereitet sei, wenn es enger mit der EU zusammenarbeitet. Auch bei außenpolitischen Fragen, wie sich gegenüber Russland, den USA und China durchzusetzen, sehen die Befragten einen Vorteil, wenn Großbritannien und die EU enger zusammen arbeiten würden.

Was sagen die Befragten aus der EU?

Innerhalb der EU wurden Menschen aus Frankreich, Deutschland, Italien, Polen und Spanien befragt. Die meisten Befragten aus den EU-Ländern sind ebenfalls der Meinung, dass sich das Vereinigte Königreich und die EU einander annähern sollten und dass engere Beziehungen zur Stärkung der Sicherheit in Europa beitragen würden.

WERBUNG

Die meisten der 9.300 Personen, die in den sechs Ländern an der Online-Umfrage teilgenommen haben, äußerten sich auch zur Ukraine. Sie gaben an, dass ihre Regierung nicht folgen sollte, falls Trump versuchen sollte, Kyjiw zu größeren Zugeständnissen gegenüber Russland zu zwingen. In Italien allerdings haben 29 Prozent zugestimmt, dass ihre Regierung der US-Position folgen sollte - genau so viele waren dagegen.

"Es ist wichtig zu erkennen, dass der Brexit und die künftigen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU für die Befragten aus dem Vereinigten Königreich wichtiger sind als für die Bürger anderer Staaten. Aber es gibt eine breite Zustimmung der europäischen Öffentlichkeit zur Neugestaltung der Beziehungen", sagte Mark Leonard, Mitbegründer und Direktor des ECFR, in einer Erklärung.

"Es mag unter EU-Beamten und -Regierungen Skepsis gegenüber Sonderkonditionen für das Vereinigte Königreich geben, aber unsere Umfrage zeigt, dass die öffentliche Meinung pragmatischer ist", fügte er hinzu.

Sicherheit für Binnenmarkt

Die meisten EU-Befragten unterstützten beispielsweise die Idee, dem Vereinigten Königreich im Gegenzug für eine engere Sicherheitszusammenarbeit Zugang zu EU-Forschungsprogrammen sowie zu bestimmten Aspekten des Binnenmarktes zu gewähren. Die EU-Mitgliedstaaten und -Beamten haben solche Vorschläge bisher kategorisch abgelehnt.

WERBUNG

Related

Eine Mehrheit der Briten (51 Prozent) gab an, dass sie für einen privilegierten Zugang zum EU-Binnenmarkt die Pflanzenschutzvorschriften der Union für die Lebensmittel- und Produktsicherheit akzeptieren würden. Noch auffälliger ist, dass mehr als zwei Drittel der Befragten die gegenseitige Öffnung der Grenzen akzeptieren würden, damit die Bürger der EU und des Vereinigten Königreichs ungehindert zwischen beiden Seiten reisen, leben und arbeiten können.

Die Entente cordiale zwischen London und Brüssel nach dem Brexit entstand, nachdem Russland 2022 seinen flächendeckenden Angriffskrieg auf die Ukraine startete. Das Bündnis konzentrierte sich in erster Linie auf eine koordinierte Reaktion auf Russland, Verteidigung und Energiesicherheit.

Großbritannien arbeitet an neuen diplomatischen Beziehungen zur EU

Die britische Labour-Regierung hat sich jedoch um einen umfassenderen "Neustart" der Beziehungen bemüht. Seit ihrem Amtsantritt im Juli haben sie einiges unternommen, um die diplomatischen Beziehungen zu europäischen Ländern auszubauen.

WERBUNG

Unter anderem Premierminister Keir Starmer, der Minister für EU-Beziehungen, Nick Thomas-Symonds, Außenminister David Lammy und Schatzkanzlerin Rachel Reeves haben sich bemüht und sind in die verschiedenen EU-Länder gefahren, um neue Beziehungen auszuhandeln.

Related

So war Reeves Anfang der Woche in Brüssel, um an einem Treffen der EU-Finanzminister teilzunehmen - das erste Mal seit dem Brexit. Die britische Schatzkanzlerin argumentierte, dass eine "Vertiefung unserer wirtschaftlichen Beziehungen" notwendig sei, um auf gemeinsame Herausforderungen wie den Krieg in der Ukraine, den Klimawandel und die hohe Inflation zu reagieren.

Das Vereinigte Königreich und die EU entwickeln die nächsten Phasen unserer Partnerschaft. Meines Erachtens wäre es ein großer Fehler zu glauben, dass wir allein stärker sind.

WERBUNG

"Ich glaube, dass es bei einer engeren wirtschaftlichen Beziehung zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU darum geht, unsere beiden Wachstumsaussichten zu verbessern. Es ist kein Nullsummenspiel. Langfristig wird erwartet, dass die Handelsintensität des Vereinigten Königreichs durch den Brexit um 15 Prozent zurückgehen wird. Da aber die Warenexporte zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU weiterhin unter dem Niveau von 2018 bleiben, wirkt sich dies sowohl auf die Wirtschaft des Vereinigten Königreichs als auch auf die der EU aus", erklärte Reeves gegenüber ihren EU-Kollegen.

Weitere Gesprächsthemen sind unter anderem eine engere Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich, ein Veterinärabkommen, die Mobilität junger Menschen und die gegenseitige Anerkennung von Qualifikationen.

Für die Autoren der Umfrage deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die Beamten auf beiden Seiten des Ärmelkanals "mehr politischen Spielraum haben, als ihnen bewusst ist".