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EU-Kommission empfiehlt Beitrittsgespräche mit der Ukraine und Moldau

Die EU-Kommission hat den Mitgliedsländern die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit der Ukraine und dem Nachbarland Moldau empfohlen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem "historischen Tag". (John THYS)
Die EU-Kommission hat den Mitgliedsländern die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit der Ukraine und dem Nachbarland Moldau empfohlen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem "historischen Tag". (John THYS)

Die Ukraine hat eine wichtige Hürde für Beitrittsgespräche mit der Europäischen Union genommen: Die EU-Kommission empfahl den Mitgliedsländern am Mittwoch die Aufnahme der Verhandlungen mit der Ukraine wie auch mit der kleinen Nachbarrepublik Moldau. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete dies als "richtigen Schritt". Sein Land verteidige im russischen Angriffskrieg Europas Werte, schrieb er im Nachrichtendienst Telegram.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach in Brüssel von einem "historischen Tag". Der Fortschritt der Ukraine sei "beeindruckend", sagte sie bei der Vorstellung des diesjährigen Erweiterungsberichts. Das Land arbeite täglich hart an den nötigen Reformen für einen EU-Beitritt und habe "über 90 Prozent der nötigen Schritte" erfüllt. Als Beispiele nannte von der Leyen den Kampf gegen Korruption, gegen Geldwäsche und die Stärkung des Justizsystems.

Die Empfehlung ist ein Präzedenzfall: Erstmals schlägt die Kommission Beitrittsgespräche mit einem Land im Krieg vor. In dem Kommissionsbericht wird dies unter anderem mit der "Entschlossenheit" begründet, mit der die Ukraine inmitten der Kämpfe gegen Russland die Reformen vorantreibt. Zudem zeigten "aktuelle Umfragen, dass rund 90 Prozent der Ukrainer eine EU-Mitgliedschaft unterstützen".

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) machte sich ebenfalls für Verhandlungen mit Kiew stark: "Der Beginn der EU-Beitrittsgespräche ist der nächste Schritt, den wir gemeinsam gehen sollten", schrieb sie auf X, ehemals Twitter. "Denn eine stärkere, größere und geschlossene EU ist die geopolitische Antwort auf Russlands Angriffskrieg", betonte sie.

Doch es gibt auch Kritik. Der frühere EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatte kürzlich in einem Interview mit der "Augsburger Allgemeinen" davor gewarnt, die Ukraine in die EU aufzunehmen. Sie sei "auf allen Ebenen der Gesellschaft korrupt", sagte der Luxemburger.

Von der Leyen schlug zudem vor, Georgien zum Beitrittskandidaten zu machen, verknüpfte dies aber mit der Forderung nach einer Reihe von Reformschritten. Die Ex-Sowjetrepublik Georgien hatte den EU-Beitritt wie die Ukraine und Moldau im Februar 2022 beantragt, kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine.

Allerdings hatte sich die georgische Regierung zuletzt wieder verstärkt Moskau zugewandt, die Regierungspartei betrieb sogar ein Amtsenthebungsverfahren gegen die pro-europäische Präsidentin Salome Surabischwili. Die Kommissionsempfehlung kann damit als Zeichen der Unterstützung für Surabischwili und die georgische Zivilgesellschaft gelten.

Alle Blicke richten sich nun auf die 27 EU-Staats- und Regierungschefs, die am 14. und 15. Dezember in Brüssel tagen. Die Aufnahme der Beitrittsgespräche mit der Ukraine und den anderen Ländern erfordert einen einstimmigen Beschluss. Ungarn und die neue Regierung der Slowakei fahren den Moskau-freundlichsten Kurs in der EU und dürften ihre Zustimmung an Zugeständnisse knüpfen.

Die Beitrittsverhandlungen nehmen in der Regel Jahre, wenn nicht Jahrzehnte in Anspruch. Im Fall der Ukraine kämen auf die EU riesige Herausforderungen zu, insbesondere bei der Verteidigungspolitik und den milliardenschweren Agrarsubventionen, die umverteilt werden müssten. Als Mindestvoraussetzung für einen EU-Beitritt der Ukraine gilt ein Waffenstillstand mit Russland, wie Diplomaten betonen.

In dem Erweiterungsbericht ging es auch um die sechs Westbalkan-Staaten, die teils seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten auf einen EU-Beitritt warten. Hoffnungen in Bosnien-Herzegowina auf schnelle Beitrittsverhandlungen dürften sich nicht erfüllen: Die EU-Kommission knüpfte ihre Empfehlung an eine Reihe von Auflagen. Im März will die Brüsseler Behörde einen gesonderten Bericht dazu vorlegen.

Keine Fortschritte gab es mit der Türkei: Die Verhandlungen mit der EU sind schon seit Jahren eingefroren.

lob/ju