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Ausschuss: Ungar und Rumänin als EU-Kommissare ungeeignet

Die ehemalige Budnesverteidigunsminiterin Ursula von der Leyen. Foto: Francisco Seco/AP
Die ehemalige Budnesverteidigunsminiterin Ursula von der Leyen. Foto: Francisco Seco/AP

In einem Monat soll Ursula von der Leyen mit ihrer neuen EU-Kommission starten. Doch auf dem Weg zur Bestätigung ihres Personalpakets im Europaparlament rumpelt es gewaltig.

Brüssel (dpa) - Nach dem Scheitern der designierten EU-Kommissare aus Ungarn und Rumänien will die künftige Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beide EU-Staaten rasch um Ersatzkandidaten bitten.

Vorgespräche mit den Regierungen seien bereits geführt worden, sagte ein Sprecher von der Leyens am Montag. Voraussetzung sei aber ein offizielles Schreiben von EU-Parlamentspräsident David Sassoli.

Der Rechtsausschuss des Parlaments hatte sein Veto gegen die Kandidaten Laszlo Trocsanyi aus Ungarn und Rovana Plumb aus Rumänien eingelegt. Beide seien für das Amt eines EU-Kommissars ungeeignet, entschied der Ausschuss am Montag und bekräftigte damit ein Votum vom Donnerstag.

Die Abgeordneten sehen unauflösbare finanzielle Interessenkonflikte beider Kandidaten. Sassoli muss nach internen Regeln von der Leyen formal davon in Kenntnis setzen. Trocsanyi reagierte mit heftiger Kritik und kündigte rechtliche Schritte an.

Deren Sprecher sagte, man erwarte zügig neue Namensvorschläge aus Budapest und Bukarest. Die Prüfung etwaiger finanzieller Interessenkonflikte obliege den Hauptstädten, bevor sie die Kandidaten vorschlagen. Der Sprecher wollte nicht spekulieren, ob der Streit den Starttermin der Kommission am 1. November hinauszögern könnte. Das Verfahren liege in der Hand des Parlaments.

Die ungarische Regierung schlug am Nachmittag ihren EU-Botschafter Oliver Varhelyi als Ersatzkandidaten vor. Das bestätigte der Sprecher von Ursula von der Leyen am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Aus Budapest gab es dazu zunächst keine Bestätigung. Auch mit der rumänischen Regierung sei man im Gespräch, sagte von der Leyens Sprecher.

Varhelyi ist ein Karrierediplomat, der sich in den vergangenen 25 Jahren mit EU-Themen befasst hat. Seit 2015 leitet er die ungarische EU-Vertretung in Brüssel, zuvor war er deren stellvertretender Leiter. Als Diplomat war er auch bei den Verhandlungen des 2004 erfolgten EU-Beitritts Ungarns dabei.

Gegen Trocsanyi und Plumb waren bereits seit Wochen auch politische Bedenken vorgebracht worden. Beobachter hatten mit ihrem Scheitern gerechnet, allerdings nicht so früh im Verfahren. Der Rechtsausschuss verhinderte mit seinem Votum, dass die beiden überhaupt zu Anhörungen im Parlament zugelassen wurden. Bei diesen wird bis 8. Oktober jeder der 26 Kommissions-Kandidaten ausgiebig befragt und auf Eignung geprüft.

Für die designierte Kommissionspräsidentin ist der Streit über ihre Kandidaten ein Rückschlag. Ihr wird vorgehalten, die Vorschläge der EU-Staaten nicht gründlich genug geprüft zu haben. Je nachdem, ob und wie rasch Ersatzkandidaten benannt werden, könnte der Zeitplan für die Billigung durch das Parlament nun ins Rutschen geraten. Derzeit ist geplant, dass das Plenum am 23. Oktober über von der Leyens Personalpaket abstimmt und die Kommission am 1. November startet.

Vorher müssen sich alle 26 Kandidaten für die Kommission jeweils dreistündigen Anhörungen in den zuständigen Parlamentsausschüssen stellen. Den Anfang sollte am Montagnachmittag der Slowake Maros Sefcovic machen, der künftig als Kommissionsvizepräsident unter anderem für die Beziehungen zum Parlament zuständig sein soll. Bis 8. Oktober sind fast täglich mehrere Anhörungen vorgesehen. Auch im Verlauf dieser Prüfung könnten noch Kandidaten ausgetauscht werden.

Bereits am Donnerstag hatte der Ausschuss beiden Kandidaten finanzielle Interessenkonflikte attestiert und das Verfahren vorerst gestoppt. Der rumänischen Anwärterin Plumb hielten die Abgeordneten einen Privatkredit zur Wahlkampffinanzierung vor, dem Ungarn den Interessenkonflikt in seiner Beteiligung an einer Anwaltskanzlei. Parlamentspräsident David Sassoli fand den Beschluss aber nicht eindeutig und bat um Klarstellung. Mit der Entscheidung vom Montag bekräftigte der Ausschuss die Ablehnung.

«Ich bedaure, dass wir diese Entscheidung überhaupt treffen mussten und Frau von der Leyen diese Kandidaten nicht von vornherein abgelehnt hat», sagte der SPD-Abgeordnete Tiemo Wölken. Diese mangelnde Durchsetzungsfähigkeit gegenüber den EU-Staaten lasse eine schwache EU-Kommission befürchten. Der Grünen-Politiker Sergey Lagodinsky sagte: «Wir finden, dass die EU eine Kommission ohne Interessenkonflikte verdient. Dieser Verantwortung sind wir heute gerecht geworden.»

Trocsanyi nannte die Entscheidung in einer Erklärung auf Twitter hingegen eine «schreiende Ungerechtigkeit» sowie einen klaren Verstoß gegen das Recht und grundsätzliche Prinzipien der Demokratie. Das «erinnert mich an eine Zeit, von der ich dachte, sie sei vorüber», schrieb der ehemalige ungarische Justizminister. Wenn die Rechte eines Anwalts verletzt würden, habe er keine andere Wahl, als vor dem zuständigen Gericht zu klagen.

Am Montagmittag standen allerdings noch einige Verfahrensschritte aus. Demnach musste sich zunächst Sassoli mit von der Leyen in Verbindung setzen, die dann Lösungen vorzuschlagen hat. Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte, erst wenn der Brief da sei, werde von der Leyen die nächsten Schritte überlegen. Die Entwicklung bedeute nicht zwangsläufig, dass der Starttermin für die neue Kommission am 1. November in Gefahr sei.

Bei den für heute geplanten Anhörungen von Sefcovic (14.30 Uhr) sowie für Phil Hogan und Marija Gabriel (beide ab 18.30 Uhr) wurden keine großen Schwierigkeiten erwartet. Die drei gehören schon jetzt zur EU-Kommission von Jean-Claude Juncker. Der Ire Hogan soll ab November Handelskommissar der EU werden, Gabriel aus Bulgarien soll sich unter anderem um Innovation, Jugend und Kultur kümmern.