Die Tragödie um einen Skisprung-Superstar
Sport kann so brutal sein!
Zum Auftakt der Nordischen Skiweltmeisterschaft 2023 im slowenischen Planica konnte Katharina Althaus ihr Glück kaum fassen. Die 26-Jährige sprang im Einzel der Damen zum Sieg und darf sich so über ihre erste Einzel-Goldmedaille bei einem Großereignis freuen.
„Ich bin sprachlos, es ist großartig. Ich bin happy und dankbar. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll“, strahlte sie nach dem Wettkampf bei Eurosport.
Sprachlos war zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich auch Sara Takanashi - allerdings aus einem anderen Grund. Mal wieder erlebte die 26-Jährige einen schwarzen Tag bei einer Großveranstaltung. Beim großen Triumph von Althaus spielte die Japanerin mit Rang 20 nur eine Statistenrolle. Ganze 39 Punkte fehlten am Ende auf die Deutsche.
Dieses Ergebnis reiht sich damit perfekt in die Reihe der Rückschläge bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen ein.
Takanashi: Goldrausch im Nachwuchsbereich, aber dann...
Ja, Takanashi hat schon einen WM-Titel in ihrer Vita und sechs weitere Medaillen. Aber drei Medaillen - darunter auch die Goldmedaille bei der WM 2013 in Val die Fiemme - gewann sie im Mixed-Team.
Im Einzel wartet sie noch auf ihren großen Moment. Am knappsten war sie bei den Titelkämpfen 2013 und 2021 in Oberstdorf dran. Dort sprang sie auf der Normal- bzw. Großschanze zu Silber.
Diese Bilanz ist jedoch zu wenig, wenn man bedenkt, wie die Frau aus Kamikawa im Nachwuchsbereich dominierte. Fünfmal kürte sie sich bei Junioren-Weltmeisterschaften zur Weltmeisterin. Von 2012 bis 2014 trug sie den Titel im Einzel, dazu sprang sie mit dem Team noch zweimal (2012/Erzurum, 2014/Val di Fiemme) zu Gold.
Und auch im Seniorenbereich sprang sie schnell in die Weltspitze. Von 2012 bis 2017 holte sie sich in vier von fünf Wintern den Gesamtweltcup.
Doch schon damals verfolgte sie die schwarze Serie. In der Saison 2013/14 sprang Takanshi in einer eigenen Welt. Von 18 Weltcupspringen konnte sie 15 für sich entscheiden. Die drei anderen Springen beendete sie mit einem dritten und zwei zweiten Rängen.
Olympia 2014 in Sotschi: Bitterer Nackenschlag für Takanashi
Bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi war ihre Goldmedaille ausgemachte Sache. Eigentlich war nur die Frage, wer sich Silber und Bronze sichert.
Doch weit gefehlt: Um 1,8 Punkte wurde sie auf den undankbaren vierten Rang verwiesen. Die Deutsche Carina Voigt sprang mit 4,4 Punkten Vorsprung auf Takanashi zu Gold - im ersten Olympia-Wettbewerb der Frauen.
Takanashi hatte also nicht nur die Goldmedaille verpasst, auf der eigentlich schon ihr Name stand, sondern auch noch den Eintrag in die Geschichtsbücher als erste Olympiasiegerin im Frauen-Skispringen überhaupt.
Und auch bei Olympia setzte sich diese Serie fort. Immerhin konnte sie 2018 in Pyeongchang zu Bronze springen. Aber die bislang so ersehnte Goldmedaille blieb ihr verwehrt. Bei den Spielen 2022 in Peking landete sie mal wieder? Natürlich auf Rang vier.
So steht bislang auch bei den Ringe-Wettbewerben ihr einziges Gold im Nachwuchsbereich. Vor elf Jahren kürte sie sich bei den Olympischen Jugend-Spielen in Innsbruck zur Siegerin.
Takanashi lässt auch Gregor Schlierenzauer alt aussehen
Dass die 1,52m große Japanerin eine der Größten ihrer Disziplin ist, ist unbestritten, Dafür stehen die aktuell 63 Weltcupsiege. Kein anderer Skispringer - weder bei den Männern noch bei den Frauen - stand im Weltcup öfters ganz oben als Takanashi.
Bei den Männern hält Gregor Schlierenzauer den Rekord. Der im September 2021 zurückgetretene Österreicher kommt in seiner Karriere auf 53 Siege von der Normalschanze.
Rechnet man das Skifliegen dazu - die Frauen bestreiten ihr erstes Skifliegen erst am 19. März am Monsterbakken in Vikersund - liegt Schlierenzauer mit 67 Siegen noch knapp vor der 26-Jährigen.
Allerdings brauchte er für seine Erfolge 275 Weltcupstart, womit er eine Siegquote von 19,27 Prozent aufweisen kann. Takanashi hingegen ging aus jedem dritten Wettkampf (33,87 Prozent) als Siegerin hervor.
Auch Schlierenzauer hat bei Großveranstaltungen zu kämpfen
Glück scheint dieser Rekordtitel jedoch nicht zu bringen. Ähnlich wie Takanashi hatte auch der Österreicher bei Großveranstaltungen zu kämpfen. Sein einziges Olympia-Gold ist - wie bei Takanashi - aus dem Team-Wettbewerb (2010/Vancouver). Und auch bei Weltmeisterschaften stehen zwar sechs Titel zu Buche, nur einer davon aber im Einzel (2011/Oslo).
Aber vielleicht ist Katharina Althaus der perfekte Mutmacher für Takanashi. Aus der ehemaligen Silber-Katha wurde in Planica endlich eine strahlende Weltmeisterin.
In zwei Jahren - dann ist Takanashi mit 28 Jahren immer noch im besten Sportalter - kann sie in Trondheim einen neuen Anlauf nehmen, ihre schwarze Serie zu durchbrechen. Zehnmal stand sie in Weltcupspringen in Norwegen bislang ganz oben auf dem Podest.
Ein gutes Omen für die Titelkämpfe 2025. Vielleicht ist sie dann wieder sprachlos - diesmal aber vor Freude.