Ex-Aufsichtsrat Detlef Wetzel - Thyssenkrupp in der Krise: „Jetzt ist Schluss, und nichts ist erreicht“
Bei Thyssenkrupp Steel ist Detlef Wetzel aus dem Aufsichtsrat ausgeschieden. Nun rechnet er mit dem Management des Mutterkonzerns ab und sieht dessen Zukunft gefährdet. Vor allem was in den letzten Monaten passiert sei, macht Wetzel sprachlos.
Detlef Wetzel, langjähriges Mitglied des Aufsichtsrats von Thyssenkrupp Steel, legt am 16. September sein Mandat nieder und zieht ein ernüchterndes Fazit seiner Tätigkeit. Er bezeichnet diesen Abschied als den schwersten seines Berufslebens, da er das Gefühl habe, nichts erreicht zu haben. „Jetzt ist Schluss, und nichts ist erreicht“, sagte Wetzel der „ Westfälischen Allgemeinen Zeitung “ (WAZ).
Wetzel, der seit 50 Jahren für die IG Metall tätig ist, kritisiert insbesondere das Management des Konzerns. Er habe in seiner Karriere viel erlebt, aber die jüngsten Monate bei Thyssenkrupp seien beispiellos gewesen. „Zuletzt war es nur noch furchtbar. Man ist ein bisschen aus der Hölle raus“, so Wetzel. „Sowas habe ich noch nie erlebt."
Wetzel geht auf Thyssenkrupp-Chef los: „Das ist unterste Schublade“
Im Fokus seiner Kritik steht der Vorstand um Konzernchef Miguel López. Wetzel wirft López vor, jede Annäherung zwischen der Eigentümer- und der Arbeitnehmerseite zunichte gemacht zu haben. „Wie Herr López agiert, das ist wirklich unterste Schublade“, sagte Wetzel. Er vermutet zudem, dass López die Rückendeckung von Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm und der Krupp-Stiftungschefin Ursula Gather habe.
Die Krupp-Stiftung habe in der Vergangenheit mehrere Jahre ohne Dividenden auskommen müssen. Allerdings habe diese damals betont, als größte Anteilseignerin auch in schwierigen Zeiten im Interesse der Belegschaft ihre eigenen Interessen zurückgestellt zu haben. Wetzel entgegnete, dass Gather als Mitglied des Aufsichtsrats dem Unternehmenswohl verpflichtet sei und nicht dem Stiftungswohl. „Das Beste für die Firma muss nicht immer das Beste für die Stiftung sein“, sagte er der WAZ.
Wetzel fürchtet um Zukunft von Thyssenkrupp Steel - und glaubt an den Rohstoff Stahl
Die Zukunft von Thyssenkrupp Steel sei ungewiss, da der Aktienkurs auf einem historischen Tiefstand sei und keine klare Strategie erkennbar sei. Aktionärsvertreter hätten seit Jahren gefordert, dass sich bei der Stahlsparte etwas tun müsse. López wolle die Belastungen des Stahls aus der Konzernbilanz entfernen, was auf Widerstand der IG Metall stoße. Wetzel betonte jedoch, dass eine Verselbstständigung des Stahls nur dann ein guter Plan sei, wenn die Finanzausstattung stimme. „Wir wehren uns dagegen, dass López den Stahl billig loswerden will“, sagte er.
Wetzel forderte, dass der Mutterkonzern sich notfalls von werthaltigen Aktivitäten trennen müsse, um das erforderliche Kapital für Thyssenkrupp Steel aufzubringen. Er ist überzeugt, dass Stahl weiterhin benötigt werde und die Stahl AG auch dann noch existieren werde, wenn niemand mehr wisse, was die Thyssenkrupp AG war.
Der Einstieg des tschechischen Investors Daniel Kretinsky bei Thyssenkrupp Steel wird von Wetzel ebenfalls kritisch betrachtet. Er wisse nicht, welche Ambitionen Kretinsky verfolge, und bemängelte, dass dieser den „unwürdigen Prozess“ bei Thyssenkrupp Steel nicht gestoppt habe. „So entsteht für mich ein zweifelhafter Eindruck“, sagte Wetzel abschließend.