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Ex-Profi klagt an: Missbraucht Federer seine Macht?

Roger Federer sieht sich schweren Vorwürfen von Julien Benneteau ausgesetzt

Bei den Australian Open (tägl. im LIVETICKER) wird Roger Federer einmal mehr im Mittelpunkt stehen. An sich nicht ungewöhnlich, schließlich ist der Rekord-Grand-Slam-Sieger der größte Star, den der Tennissport je gesehen hat.

Doch in Melbourne werden viele Fans - insbesondere die von Novak Djokovic und Rafael Nadal - auch ein besonderes Augenmerk darauf legen, wo und wann Federer seine Partien bestreiten wird. Eine erste Kostprobe dazu findet sich bereits auf Social Media, da Federer seine Auftaktpartie einmal mehr in der Night Session der Rod-Laver-Arena bestreiten durfte. Gegen Denis Istomin aus Usbekistan setzte sich Federer souverän durch.

Hinter der Obsession für Federers Spielplan stecken die Ende 2018 getätigten Aussagen von Ex-Profi Julien Benneteau. Dieser würdigt Federer zwar als "Legende" und "Ikone" des Sports, doch die Sonderbehandlung und Privilegien für den Maestro gehen ihm inzwischen zu weit.

SPORT1 listet die beim Radiosender RMC Sport geäußerten Vorwürfe des kürzlich zurückgetretenen Franzosen auf und zeigt, wie Federer und Djokovic darauf reagieren.

Vorwurf 1: Federer interessiert nur der Laver Cup

Benneteau gilt als großer Fan des Davis Cups. Doch bei den Superstars wie Federer fand dieser aufgrund des vollen Turnierkalenders selten Anklang. Auch deshalb entschied sich der Tennis-Weltverband ITF, den Davis Cup zu revolutionieren.

Viele Spieler protestierten gegen den Termin Ende November, nur Federer blieb stumm: "Erst als der September vorgeschlagen wird, wacht er auf und positioniert sich gegen Gerard Pique (dessen Firma steckt hinter der Reform, Anm. d. Red.)."

Was Benneteau aber noch mehr stört, ist, dass angeblich weder ATP noch ITF Federer sagen würden, dass der Davis Cup Vorrang gegenüber seinem Show-Wettkampf Laver Cup hat: "Hier sind die Tennis-Instanzen unglaublich schwach. Sein Ding ist eine Exhibition ohne sportliche Kriterien."

Für ihn ist dies ein weiterer Beleg dafür, dass keiner sich traue, Federer zu widersprechen.

Vorwurf 2: Federer wird bei Ansetzungen bevorzugt

Der Laver Cup führt auch zu Benneteaus zweitem Anklagepunkt: "Craig Tiley, Chef der Australian Open, ist beim Laver Cup verantwortlich für Marketing und TV-Rechte. In gewisser Weise wird er also von Federers Agent bezahlt und wie durch Zufall spielt Federer zwölf seiner 14 Spiele bei den Australian Open um 19.30 Uhr."

Tatsächlich durfte Federer auffällig häufig Australiens brutaler Mittagshitze aus dem Weg gehen. "Am gleichen Tag spielte Federer gegen Struff, und Djokovic traf auf Monfils. Wir sind uns einig, dass jeder Turnierdirektor Djokovic-Monfils in die Night Sesson packt? Aber diese spielten nachmittags bei 40 Grad, während Federer abends ran durfte", klagt Benneteau über die Ansetzungen 2018.

Für Erstaunen sorgte auch die Entscheidung, im Finale das Dach zu schließen - obwohl die Wetter-Voraussetzungen dafür nicht gegeben waren. Ein Fakt, von dem Federer mehr profitierte als Gegner Marin Cilic, der bis heute damit hadert.

Vorwurf 3: Manager übt Druck auf Grand Slams aus

Auch in Wimbledon und bei den US Open werde Federers Bevorzugung deutlich, so Benneteau. So musste Djokovic 2018 zugunsten von Federer oft auf Court 1 ausweichen, was diesen so sehr erzürnte, dass er sich im Achtelfinale von Wimbledon lautstark beschwerte. Die Verantwortlichen reagierten und setzten Federers Viertelfinale auf Court 1 an, welches dieser prompt verlor.

Bevor die US Open auf eine ähnliche Idee kommen und Federer zur Einweihung ihres neuen Louis Armstrong Stadium dort ansetzen konnten, marschierte sein Manager Tony Godsick laut Benneteau in das Büro der Organisatoren und stellte klar: "Auf keinen Fall planen Sie ihn dafür ein."

Federer durfte daraufhin alle Spiele im Arthur Ashe bestreiten. Der US-Verband USTA bestreitet, dass dies daran liegt, dass er als Partner am Laver Cup beteiligt ist.

Vorwurf 4: Auf der Tour wird ihm jeder Wunsch erfüllt

Noch viel abhängiger von Federer sind ATP-Turniere. Deshalb werden dem 37-Jährigen dort auch Mega-Antrittsgagen bezahlt. Laut der ansässigen Zeitung Perth Now bekam Federer für seinen Start beim Hopman Cup zwei Millionen australische Dollar (ca. 1,3 Millionen Euro). Zur Einordnung: Bei den Australian Open muss er ins Finale kommen, um ähnlich viel Geld einzunehmen.

Einen Einblick in die Abläufe gibt Jean-Francois Caujolle, der bis 2011 beim Turnier in Paris-Bercy das Sagen hatte. "Wir riefen Federers Team an und fragten, warum er nicht mehr kommt. Er mochte den Belag nicht. Er riet uns daher, das österreichische Unternehmen zu kontaktieren, das eine Art Harz herstellte, wie es in Wien benutzt wird", sagte Caujolle L'Equipe.

Caujolle kam dem Wunsch nach, doch für Federer fühlte sich der Belag immer noch nicht richtig an. Da Caujolle "seinen Lieblingsspieler" unbedingt siegen sehen wollte, suchte er fieberhaft weiter: "2010 gelang es uns den schnellsten Court der Welt zu bauen. Dieser lag Federers Spiel viel besser als Nadals." Prompt gewann Federer das Turnier 2011.

Reaktionen: Djokovic springt Federer zur Seite

Als Federer bei den ATP Finals auf die Vorwürfe angesprochen wurde, sagte er: "Julien ist ein netter Junge. Ich denke, es wurde aus dem Kontext gerissen. Ich lasse es lieber darauf beruhen, als noch mehr zu sagen, damit ihr darüber schreiben könnt."

Federer gab aber zu, dass er von den Turnierdirektoren gelegentlich gefragt wird, an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit er spielen will - dies soll aber auch bei anderen Spitzenspielern der Fall sein. Auf SPORT1-Nachfrage wollte sich Federers Management nicht zu den Vorwürfen äußern.

Viele Kollegen, darunter auch Djokovic, sprangen Federer zur Seite: "Roger verdient die Sonderbehandlung. Die Leute wollen ihn zur besten Zeit auf dem Hauptplatz sehen, also zur Abendsession in der Rod Laver Arena. Ich verstehe Julien. Manchmal profitieren Spieler in Turnieren von bestimmten Vorteilen. Aber man muss verstehen, dass Federer eine Lokomotive fürs Tennis ist. Auch Spieler wie Julien profitieren davon."

Fazit:

Die Sonderbehandlung Federers ist unbestritten - doch er hat sie sich verdient, mit allem, was er für das Tennis geleistet hat. Auch die Manager von Djokovic und Nadal äußern bei Turnierdirektoren deren Wünsche bezüglich Platz und Uhrzeit. Federer hat nur das Glück, dass ihm seine fast immer erfüllt werden.

Dass Australian-Open-Turnierdirektor Tiley auch beim Laver Cup involviert ist, ist sicher diskutabel. Aber: Keiner hat so viele Anhänger wie Federer, weshalb die Ansetzungen in Melbourne zur besten Sendezeit auf dem größten Court verständlich sind.

Lediglich der Belag-Tausch in Paris-Bercy ist nicht akzeptabel - wenngleich Federer und sein Team nur auf die Frage antworteten, was die Chance auf sein Erscheinen erhöhen würde. Dass ein Turnierdirektor dann tatsächlich den Belag austauscht, gehört zum Glück aber zur Ausnahme.