Experten zu Covid-19 - Neue Corona-Variante ist „noch infektiöser“ – was Sie über KP.3.1.1 wissen müssen

Das Coronavirus entwickelt sich schnell weiter - es hat aber offenbar eine Schwachstelle<span class="copyright">Getty Images/KATERYNA KON/SCIENCE PHOTO LIBRARY</span>
Das Coronavirus entwickelt sich schnell weiter - es hat aber offenbar eine SchwachstelleGetty Images/KATERYNA KON/SCIENCE PHOTO LIBRARY

Die neue Corona-Variante KP.3.1.1 ist noch infektiöser als ihre Vorgänger der FLiRT-Familie. Damit hat sie das Potential, eine große Herbstwelle auszulösen. Experten gehen davon aus, dass sich viele Menschen anstecken. FOCUS online erklärt, was Sie wissen müssen.

  • Im Video oben sehen Sie: Kürzere Lebenserwartung durch Corona-Impfung? Das steckt wirklich hinter der Studie

Aktuell ist die Corona-Lage relativ stabil. Doch ein Anstieg der Infektionszahlen deutet sich an. In Nordrhein-Westfalen etwa meldeten Klärwerke schon Ende August leicht bis stark steigende Coronavirus-Lasten im Abwasser. Im Infektionsradar des Gesundheitsministeriums zeigen viele Pfeile einen Trend nach oben an.

Im aktuellen Bericht des Robert-Koch-Instituts (RKI) heißt es: Die Zahl der an das RKI übermittelten Covid-19-Fälle ist im Vergleich zur Vorwoche weiter leicht gestiegen. Im Abwassermonitoring sei seit Anfang August 2024 ein leichter Anstieg in der Sars-CoV-2-Viruslast zu beobachten ( aktueller Wochenbericht zur KW 36 ).

Die geschätzte Covid-19-Inzidenz in der Bevölkerung (auf Basis der GrippeWeb-Teilnehmenden) sei im Vergleich zur Vorwoche leicht gestiegen und lag bei rund 1000 Covid-19-Erkrankungen pro 100.000 Einwohnern (Vorwoche: 800).

Die Herbstwelle deutet sich an

„Schon im letzten Jahr hatten wir im Spätsommer und Herbst starkes Infektionsgeschehen. Das scheint sich jetzt zu wiederholen“, sagt Ulf Dittmer, Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Essen, auf Nachfrage von FOCUS online, und erläutert: „Nach einer Infektion ist man offensichtlich nur einige Monate vor der nächsten Infektion geschützt, so dass sich jetzt wieder viele Menschen anstecken können.“

Die Zunahme der Infektionszahlen sei noch im Rahmen der Schwankungen über den Sommer, beurteilt Timo Ulrichs, Virologe und Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologe, die aktuelle Corona-Lage. „Die Entwicklung entspricht der endemischen Situation: Das Coronavirus ist immer noch da und kann sich in neuen Untervarianten in Schüben ausbreiten“, erläutert der Experte.

Im Gegensatz zur Pandemiezeit sähen wir aber kaum oder gar keine Zunahme der Hospitalisierungsraten und der Belegung von Intensivbetten mit Covid-19-Patienten. Ulrichs ergänzt: „Eine Herbstwelle könnte durchaus noch bevorstehen, und dazu könnte auch die neue Fitness der Untervariante KP.3.1.1 beitragen .“

Welche aktuell kursierenden Varianten treiben die Herbstwelle?

Derzeit kursieren in Deutschland folgende Varianten, die nach der Klassifizierung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Varianten von Interesse (VOI, variants of interest) gelten:

  • BA.2.86

  • JN.1

Unter Beobachtung stehen (VUM, variants under monitoring, Varianten unter Beobachtung):

  • JN.1.7

  • KP.2

  • KP.3

  • KP.3.1.1

  • JN.1.18

  • LB.1

„Die FLiRT-Varianten können gut unserer Antikörperantwort aus dem Weg gehen. Deswegen können sie trotz vorhandener Antikörperantwort gegen das Virus Infektionen verursachen“, erklärt Dittmer. Dennoch beruhigt der Virologe: „Unsere T-Zellimmunität verhindert dann aber in den allermeisten Fällen, dass es zu einer starken Erkrankung kommt.“

Die neue Variante KP.3.1.1 „kann noch besser der Antikörperantwort aus dem Weg gehen“

Der Anteil von KP.3.1.1 hat in den vergangenen Wochen im RKI-Monitoring zugenommen. Eine aktuelle Studie, die in „The Lancet“ erschienen ist, beleuchtet, wie viel infektiöser die neue Corona-Variante geworden ist.

„Die Variante kann noch besser der Antikörperantwort aus dem Weg gehen als die bisherigen FLiRT-Varianten“, erläutert Virologe Dittmer. Sie sei offensichtlich auch noch infektiöser. „Das lässt vermuten, dass sich diese Variante durchsetzen wird und neue Infektionswellen auslösen kann.“

Ähnlich schätzt Ulrichs KP.3.1.1 ein: „Die Untersuchungen zu dieser neuen Untervariante von JN.1 zeigen, dass die Mutationen das Virus mit einer höheren Reproduktionszahl und damit einer höheren Fitness zur Ausbreitung versehen haben.“ Gleichzeitig sei die Abwehr nach der Impfung etwas schlechter als gegen die anderen Untervarianten.

Aufgrund der guten (Herden-)Immunität in der Bevölkerung sei jedoch davon auszugehen, dass auch diese Untervariante nicht zu dramatischen Anstiegen der Krankenhauseinweisungen oder Intensivbettenbelegung führt.

Die Symptome von KP.3 und wie Sie sich schützen

Bei einer Infektion mit einer FLiRT-Variante des Coronavirus, wie KP.3 und KP.3.1.1, zeigen sich klassische Corona-Symptome wie:

  • Fieber

  • Schüttelfrost

  • Husten

  • Halsschmerzen

  • Kopfschmerzen

  • Muskelschmerzen

  • Atemprobleme

  • Geruchs- und Geschmacksverlust

  • Müdigkeit

  • Magen-Darm-Probleme

Wann ist ein Test auf Corona sinnvoll?

„Immer wenn man Symptome hat, ergibt ein Test Sinn“, sagt Ulf Dittmer. Bei einem positiven Ergebnis sollte man versuchen andere vor einer Infektion zu schützen, beispielsweise durch einen Mund-Nasen-Schutz oder indem man zu Hause bleibe. Er ergänzt: „Risikopatienten mit einem stark eingeschränkten Immunsystem sollten dann einen Arzt aufsuchen.“

Zudem erinnern die Experten daran, dass alle sensibel bleiben sollten. Sinnvoll sei der Test etwa, sagt Ulrichs, wenn ein Besuch bei Angehörigen von Risikogruppen geplant sei.

Erkennen Tests die neuen Varianten?

„Also man sollte keine Testchargen nehmen, die abgelaufen sind“, erklärt Christoph Lübbert, Chefarzt der Klinik für Infektiologie und Tropenmedizin am Klinikum St. Georg in Leipzig, im „Mittagsmagazin“ der ARD . Aber was in den letzten Monaten produziert worden sei und jetzt verkauft werde, „spricht auch auf die neuen FLiRT-Varianten, diese neuen Sublinien von Corona weiter an“.

Für wen ist eine Impfung weiterhin wichtig?

Bisher gibt es keine Hinweise, dass die aktuellen Varianten schwerere Verläufe verursacht. Risikogruppen sollten aber weiter vorsichtig sein und sich impfen lassen. Denn für ältere Menschen, chronisch Kranke und Immunschwache kann eine Infektion, egal mit welcher Variante, nach wie vor einen schweren Verlauf nehmen.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) rät nach wie vor Risikogruppen sowie allen Menschen ab 60 Jahren zu einer jährlichen Auffrischungsimpfung mit einer aktuell von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Variantenanpassung. Auch altbewährte Schutzmaßnahmen wie

  • Abstand halten

  • Masken in Innenräumen

  • regelmäßiges Händewaschen

helfen, das Risiko einer Ansteckung zu reduzieren.