Experten erklären Rückgang - Was der unerwartete Export-Einbruch wirklich bedeutet

Deutschlands Exporte sind im Juni erneut gesunken (Symbolbild).<span class="copyright">Sina Schuldt/dpa</span>
Deutschlands Exporte sind im Juni erneut gesunken (Symbolbild).Sina Schuldt/dpa

Deutschlands Exporte schwächeln, wie neue Daten zeigen. Für manche mag das ein Omen sein, für einen drohenden Abschwung, oder ein weiteres Anzeichen der Deindustrialisierung. Ganz so dramatisch ist es aber nicht.

Minus 4,4 Prozent – das klingt nach einem happigen Rückgang bei den Exporten. Noch dramatischer erscheint der Rückgang von 3,4 Prozent zum Vormonat. Wer nur diese Zahlen kennt, möchte meinen: Deutschlands Exportmaschine stottert.

Vor dem Hintergrund des jüngsten Crashes an den Aktienmärkten, ausgelöst auch durch Ängste vor einer globalen Konjunkturabkühlung, wirken die Zahlen des Monats Juni gar wie ein Omen. Doch ganz so simpel ist es nicht.

Heftige Schwankungen bei den Ausfuhren sind die Regel

Denn die Exporte schwanken regelmäßig heftig. Tatsächlich gab es schon im Februar den exakt gleichen Verlust zum Vorjahr. Deutlich schlimmer lief es im vergangenen Herbst. So fielen die Ausfuhren im Oktober um 6,4 Prozent, im September um 5,8 Prozent.

Ähnliche Ausschläge nach oben gibt es ebenfalls. Im Februar des Vorjahres ging es um 8,9 Prozent nach oben, im Januar schossen die Ausfuhren sogar um 11,3 Prozent zum Vorjahr in die Höhe.

Dabei sind das nicht einmal positive Erholungseffekte der Pandemie. Die setzten schon früher ein. In jedem Monat von Oktober 2021 bis November 2022 zogen die Ausfuhren zweistellig an - durchschnittliches Plus dieser Monate: 15,75 Prozent.

Insgesamt betrug der Mittelwert der Exportschwankungen im vergangenen Jahrzehnt fast genau vier Prozent. Der Einbruch von 4,4 Prozent im Juni hat diesen Namen, allein im Vergleich mit den historischen Daten, also gar nicht verdient.

Schuld hat der schwache Handel mit den USA

Allerdings spielt der Zeitpunkt eine Rolle. Erwartet wurden nämlich bessere Daten, zumal das Bruttoinlandsprodukt als gewichtigster Indikator der Konjunktur im zweiten Quartal minimal zurückging. Die frischen Daten zu den Exporten im Juni waren unerwartet mau“, sagt auch Robin Winkler, Chefvolkswirt der Deutschen Bank für die Bundesrepublik.

Vor allem die Exporte in die USA stechen dabei heraus, die zum Monat Mai um acht Prozent absackten. „Dies könnte mit einer Abkühlung der US-Konjunktur zu erklären sein“, so Winkler. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka Bank, sieht es ähnlich: „Der Rückgang ist flächendeckend, er erstreckt sich auf alle Ausfuhrländer. Besonders schwach zeigte sich der USA-Handel.“

Laut Kater sei das auch Folge der Abwanderung einiger Firmen, die wegen besserer Standortbedingungen nun direkt in den USA produzieren würden. Dennoch weist Deutsche-Bank-Ökonom Winkler darauf hin, dass die „monatlichen Daten volatil und mit Vorsicht zu genießen“ seien.

„Daten passen nicht zum Narrativ der Deindustrialisierung“

„Wenn man sich den Trend der vergangenen Monate anschaut, bleibt es bei unserer Beobachtung vom Juli: Der Außenhandelsüberschuss dürfte bald wieder alte Niveaus erreichen“, erklärt Winkler. Das liege auch daran, dass die Importe schrumpfen, die Exporte aber nur stabil bleiben.

„Gleichwohl passen die Daten nicht ganz zum Narrativ einer ‚Deindustrialisierung‘“, so der Volkswirt. Mit einem Saldo von 20,4 Milliarden Euro bewegte sich der Außenhandelsüberschuss im Juni in der Tat auf dem Niveau der vergangenen zwölf Monate.

Die Experten mahnen an, dass Risiken für Deutschland momentan fragile Konjunktur da sind – und eben auch beim Export, einem der Zugpferde der hiesigen Wirtschaft.

„Deutschland leidet unter einem schleppenden Welthandel. Hier könnte sich neben anderen Faktoren auch ein schleichender Trend zeigen: Die weltweiten Abschottungstendenzen führen zu einem Abbau der internationalen Wirtschaftsverflechtungen“, erklärt DekBank-Experte Kater.

Und Volkswirt Winkler ergänzt: „Das Risiko ist eine Verschärfung in der US-Handelspolitik nach den Präsidentschaftswahlen. Aufgrund der konjunkturellen Schwäche Chinas sind die deutschen Exporteure in den vergangenen drei Jahren noch abhängiger vom US-Markt geworden.“