Experten klären auf - Platter Hintern durch ständiges Sitzen? Was hinter dem Phänomen „Bürostuhl-Po“ steckt

Viele Menschen arbeiten im Sitzen. Macht das einen "Bürostuhl-Po"?<span class="copyright">Getty Images/Westend61</span>
Viele Menschen arbeiten im Sitzen. Macht das einen "Bürostuhl-Po"?Getty Images/Westend61

Das ständige Sitzen im Alltag macht sich nicht nur durch Schmerzen im Rücken und Nacken bemerkbar, sondern auch in der Form des Hinterns. Internet-Nutzer nennen dieses Phänomen „Bürostuhl-Po“. Experten ordnen ein, was es damit auf sich hat.

Jeder fünfte Erwachsene in Deutschland sitzt täglich mindestens vier Stunden. Knapp 17 Prozent der Frauen und rund 22 Prozent der Männer verbringen sogar mindestens acht Stunden im Sitzen. Das geht aus dem Journal of Health Monitoring des Robert-Koch-Instituts (RKI) hervor.

Auch im Internet, insbesondere bei TikTok, beklagen sich die Nutzer über das ewige Sitzen oder besser gesagt: über dessen möglichen Folgen. Sie befürchten, dass das ständige Sitzen bei der Arbeit einen flachen Hintern macht. „Ich habe gerade vom ‚Bürostuhl-Po‘ gehört, also werde ich jetzt die Stehfunktion meines Schreibtischs jeden Tag für acht Stunden nutzen“, schreibt eine Userin namens Alexandra.

Doch was hat es mit diesem Phänomen auf sich? Und wie beeinflusst ständiges Sitzen die Form der Kehrseite?

Phänomen „Bürostuhl-Po“: Gesäßmuskeln werden durch langes Sitzen vernachlässigt

Tatsächlich hat der „Bürostuhl-Po“ keine medizinische Definition oder Bedeutung, sagt Evan Johnson, Direktor der Och Spine Care Outpatient Physical Therapy am New-York-Presbyterian Hospital, zum Gesundheitsportal „Health“.

Das ändere aber nichts an dem Umstand, dass sich das lange Sitzen auf den Hintern auswirkt. „Wenn wir stunden-, wochen-, monate- oder sogar jahrelang auf einem Stuhl sitzen, vernachlässigen wir unsere Gesäßmuskeln. In der Folge werden sie dekonditioniert und wir verlieren Muskelmasse“, sagte Andrew Bach, Spezialist für physikalische und rehabilitative Medizin, zu „Health“.

Schließlich seien viele Muskeln, darunter die erwähnten Gesäßmuskeln, der Deltamuskel (liegt über dem Schultergelenk), die Brustmuskeln, die Muskeln der Oberschenkelrückseite sowie weitere beim Sitzen nicht aktiv oder würden nicht arbeiten, so Bach. Das führe zu einer Schwächung dieser Muskeln. Diese können daraufhin von Fettgewebe durchsetzt werden, was sie weniger belastbar macht.

„Unser Körper passt sich der Form des Stuhls an“

Johnson ergänzt, dass exzessives Sitzen deshalb auch die Form des Hinterns verändern kann. Das falle am meisten auf, wenn der Gluteus maximus – einer der größten Muskeln im menschlichen Körper – an Volumen einbüßt.

„Wenn wir den ganzen Tag auf diesem Muskel sitzen und ihn nicht trainieren, führt das dazu, dass der Muskel seine Kontur und letztlich seine Form verliert“, so der Direktor. „Das kann in einem flachen Hintern oder einem sehr weichen, fleischigen Hintern resultieren, wenn adipöses oder Fettgewebe Muskelmasse ersetzen.“ Zudem könne häufiges Sitzen die Muskeln verkürzen oder verengen, was ebenfalls Auswirkungen auf die Gestalt des Hinterns hat.

„Der Effekt ist, dass unsere Körper dazu tendieren, sich an die Form des Stuhls anzupassen“, sagt Bach.

Die Gesäßmuskulatur wird dadurch nicht direkt geschädigt. Dennoch können schwache Gesäßmuskeln mit der Zeit gesundheitliche Probleme hervorrufen, wie etwa Zerrungen der Oberschenkel- oder Rückenmuskulatur. Darunter könne letztlich auch die Körperhaltung leiden, sagt der Spezialist.

Wie sich ein „Bürostuhl-Po“ vermeiden lässt

Ein „Bürostuhl-Po“ ist jedoch vermeidbar. Was können wir also dagegen tun? Bach und Johnson geben folgende Tipps:

  • regelmäßig vom Schreibtisch aufstehen

  • mehr bewegen, zum Beispiel spazieren gehen

  • öfter die Treppe benutzen

  • an einem höhenverstellbaren Tisch im Stehen arbeiten

  • im Sitzen alle 15 Minuten die Gesäßmuskeln anspannen und Wadenheben (von dem Hacken auf die Zehenspitzen wippen)

  • Gesäßtraining machen: Kniebeugen, Bridges (Sie liegen auf dem Rücken, winkeln Ihre Beine an und heben und senken Ihre Hüfte. Beim Anheben spannen Sie die Gesäßmuskeln an), Clamshells (Sie liegen seitlich und winkeln die Beine 90° an. Dann heben Sie das obere Knie und senken es wieder, nach einigen Wiederholungen wechseln Sie die Position, sodass das andere Bein oben ist)

„Abgesehen davon ist es gut, die angeborenen Unterschiede der Form und Größe von Individuen zu fahren“, sagt Johnson. „Das Ziel ist es, Gesundheit, Selbstbewusstsein und Fitness zu fördern – und nicht, jemanden wegen seines Aussehens zu beschämen.“