EZB erhöht im Kampf gegen Inflation Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte
Im Kampf gegen die hohe Inflation erhöht die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen um jeweils 0,25 Prozentpunkte. Der zentrale Leitzins, also der Satz, zu dem Geschäftsbanken sich Geld leihen können, steigt damit auf 3,75 Prozent, der für Sparer wichtige Einlagenzins auf 3,25 Prozent. EZB-Chefin Christine Lagarde betonte am Donnerstag, im Kampf gegen die Inflation werde die Zentralbank vorerst "keine Pause" einlegen.
"Wir sind auf einer Reise und wir sind noch nicht angekommen", fuhr Lagarde fort. Ziel der EZB auf mittlere Sicht ist eine Inflationsrate von 2,0 Prozent.
Die EZB erklärte, die Inflation in der Eurozone werde nach aktuellen Prognosen "noch zu lange zu hoch bleiben". Die Gesamtinflation sei in den vergangenen Monaten zwar zurückgegangen, "aber der zugrunde liegende Preisdruck bleibt stark". Zuletzt hatte die Inflation im Euroraum sogar wieder leicht angezogen: von 6,9 Prozent im März auf 7,0 Prozent im April.
Der Zinsschritt am Donnerstag war der siebte in Folge - die EZB hatte im Juli 2022 die Zinswende eingeleitet. Der Spitzenrefinanzierungssatz zur kurzfristigen Beschaffung von Geld steigt damit auf 4,0 Prozent, der Einlagezins, wenn Banken ihr Geld bei der EZB einlagern, auf 3,25 Prozent. Die EZB nahm allerdings das Tempo etwas heraus. In drei vorangegangenen Treffen hatte die Zentralbank die Leitzinsen noch um jeweils 0,5 Prozentpunkte erhöht.
Die deutschen Banken begrüßten den Zinsschritt um 0,25 Punkte: "Es ist richtig, dass die EZB an ihrer entschlossenen Bekämpfung der hartnäckigen Inflation festhält", erklärte etwa der Bundesverband deutscher Banken. Hauptgeschäftsführer Heiner Herkenhoff forderte weitere Erhöhungen - die Preise im Euroraum seien nach wie vor zu hoch. "Je länger die Inflation auf diesem Niveau bleibt, desto einschneidender sind die Belastungen für Bürger, Unternehmen und die wirtschaftliche Entwicklung."
Auch Sparkassenpräsident Helmut Schleweis nannte die Zinserhöhung "angemessen und nachvollziehbar". Auch er forderte die Fortsetzung der Inflationsbekämpfung. Die Kerninflation in der Eurozone - also die Teuerung in anderen Bereichen als Lebensmittel und Energie - habe sich zwischen fünf und sechs Prozent "festgesetzt". Sie müsse "nach unten gedrückt werden".
Stefan Körzell, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes, kritisierte die Zinsentscheidung der EZB dagegen als "vollkommen kontraproduktiv". Damit werde die ohnehin fragile Konjunktur nur weiter ausgebremst und letztlich Arbeitslosigkeit gefördert, erklärte er.
Die neuesten Eurostat-Schätzungen zeigten, "dass die Teuerungsraten den Zenit überschritten haben", sagte Körzell. Zudem "ist und bleibt die Lohn-Preis-Spirale ein Mythos: Die Löhne sind kein Treiber für die hohen Preise." Vielmehr gehe ein erheblicher Teil der Inflation auf den Profit-Hunger der Unternehmen zurück, die ihre Preise stärker anheben, als es zur Kompensation höherer Kosten notwendig wäre.
Höhere Zinsen gelten als Mittel gegen die Teuerung - sie wirken aber auch bremsend auf das Wirtschaftswachstum. Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Martin Wansleben, erklärte daher, die weitere Erhöhung sei zwar "der richtige, wenn auch für viele Unternehmen ein schwieriger Schritt".
Am Mittwoch hatte die US-Notenbank Fed den Leitzins um ebenfalls 0,25 Prozentpunkte erhöht. Die neue Zinsspanne in den USA liegt damit zwischen 5,0 und 5,25 Prozent. Dort ist es die zehnte Leitzinserhöhung in Folge seit dem März vergangenen Jahres. Zentralbankchef Jerome Powell sagte, Entscheidungen zu weiteren Zinsschritten würden "von Sitzung zu Sitzung, basierend auf der Gesamtheit der eingehenden Daten" getroffen. Die Teuerungsrate in den USA liegt bei fünf Prozent und damit nach wie vor deutlich über dem Zwei-Prozent-Ziel der Fed.
Auch die Zentralbank in Norwegen hob am Donnerstag ihren Leitzins um 0,25 Punkte auf 3,25 Prozent an. Auch sie führte die hohe Inflation an - sie betrug 6,5 Prozent im März.
ilo/bk