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Die EZB spricht viel über Flexibilität. Das ist gemeint: Q&A

(Bloomberg) -- Die Europäische Zentralbank diskutiert derzeit viel über „Flexibilität“ für ihre zukünftigen Bondankaufspläne. Dabei geht es hauptsächlich darum, wie weit nach dem Ende der Pandemie die Regeln aufgeweicht werden können, die vorher gegolten haben.

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Anlass für die Debatte ist die Frage, was dem 1,85 Billionen Euro schweren Pandemie-Ankaufprogramm folgen soll. Sein außerordentliches Design hat die Zinsen auf Staatsschulden während der Krise niedrig gehalten und könnte nach Ansicht einiger Ratsmitglieder weiter vonnöten sein - etwa für Länder wie Italien.

Im folgenden die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Thema, das wahrscheinlich auf der Ratssitzung im Dezember entschieden wird.

Was war während der Pandemie anders?

  • Das Pandemie-Notkaufprogramm der EZB – bekannt als PEPP – wurde im März 2020 auf den Weg gebracht, und Präsidentin Christine Lagarde verkündete, dass es “keine Beschränkungen” gebe und die Hilfe dorthin gelenkt werden könne, wo sie am dringendsten benötigt wird.

  • Im Unterschied zu früheren Regeln fiel damit etwa das „Emittentenlimit“ fort, das verhindern soll, dass das Eurosystem mehr als ein Drittel der Anleihen eines einzelnen Staates hält. Im älteren Asset Purchase Program, bekannt als APP, gilt diese Regel nach wie vor.

  • Im PEPP können die Ankäufe „flexibel“ auf die Mitgliedstaaten aufgeteilt werden, statt sich jederzeit an den Kapitalschlüssel der EZB zu halten, der Käufe an die relative Größe jeder Volkswirtschaft knüpft.

  • Das Programm umfasst auch griechische Staatsanleihen, die aufgrund ihrer Junk-Ratings vom APP ausgeschlossen sind, und verpflichtete sich nicht zu einem expliziten monatlichen Kauftempo.

Welche Flexibilitätselemente werden voraussichtlich bleiben?

  • Die Einbeziehung griechischer Anleihen gehört zu den am wenigsten umstrittenen Optionen, zumal das Land bis 2022 den Status „Investment Grade“ wieder erreichen könnte.

  • Auch eine gewisse Flexibilität beim Kapitalschlüssel könnte die Krise überdauern, zumal die EZB in der Vergangenheit bei dieser Regel nicht allzu starr war. Stattdessen könnte ein Zeitpunkt bestimmt werden, bis zu dem die Bestände die vorgeschriebenen Anteile erreichen sollen.

  • Die Emittentenlimits weiter auszusetzen dürfte hingegen umstrittener sein. Dies könnte rechtliche Probleme aufwerfen, da es als monetäre Staatsfinanzierung angesehen werden kann.

  • Das Problem ist, dass sich die EZB nach mehr als sechs Jahren Anleihekäufen in einigen Ländern dem Niveau von 33% nähert.

Welche Lösungsansätze gibt es?

  • Dieses Problem könnte umgangen werden, indem mehr Bonds der Europäischen Union gekauft werden, für die ein höheres Emittentenlimit von 50% gilt. Der italienische Gouverneur Ignazio Visco hat genau das bereits angedeutet.

  • Visco befürwortet auch eine lockere Definition davon, was „Flexibilität“ für zukünftige Programme heißt: das werde “gegen unerwartete Schocks helfen und dabei, eine erneute Fragmentierung zu vermeiden.”

  • Der belgische Gouverneur Pierre Wunsch hingegen hält eine generelle Änderung der Instrumente für unnötig, da die EZB sich ja auch bisher im Notfall als flexibel erwiesen hätte. Der Este Madis Müller ist dagegen, “die Flexibilität, die für PEPP da war, zu nehmen und einfach zu übertragen”

  • Francois Villeroy de Galhau von der Banque de France hat eine Art Mittelweg vorgeschlagen: eine „bedingte Option“, die nur bei Bedarf in Stresszeiten aktivierbar wäre und dann mehr Freiheiten gewähren würde.

Wann wird entschieden?

Die Ratsmitglieder werden die Optionen in einer Reihe von Seminaren in den nächsten Wochen erörtern. Allgemein erwartet wird, dass sie im Dezember eine Entscheidung bekannt geben. Die meisten Ökonomen gehen davon aus, dass das 20-Milliarden-Euro-Ankaufstempo des APP nach dem Auslaufen von PEPP auf 40 Milliarden Euro pro Monat erhöht wird.

Überschrift des Artikels im Original:ECB Officials Talk About Flexibility. Here’s What They Mean: Q&A

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