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Führungswechsel bei Linken: Kommt weibliche Doppelspitze?

Seit mehr als acht Jahren führen Katja Kipping und Bernd Riexinger die Linke. Knapp ein Jahr vor der Bundestagswahl 2021 treten sie nun ab. Im Zentrum der Nachfolgedebatte steht ein Modell, das es bei der Linken noch nie gab.

Nach mehr als acht Jahren mit Katja Kipping und Bernd Riexinger an der Spitze steht die Linke vor einem personellen Umbruch.
Nach mehr als acht Jahren mit Katja Kipping und Bernd Riexinger an der Spitze steht die Linke vor einem personellen Umbruch (Bild: dpa)

Nach mehr als acht Jahren mit Katja Kipping und Bernd Riexinger an der Spitze steht die Linke vor einem personellen Umbruch.

Die beiden Parteichefs gaben am Freitagabend und Samstag nacheinander ihren Verzicht auf eine Kandidatur für eine weitere Amtszeit bekannt. Auf ihrem Parteitag in Erfurt vom 30. Oktober bis 1. November muss sich die Linke nun neu aufstellen.

Dabei scheint auch eine Doppelspitze mit zwei Frauen möglich: Als aussichtsreiche Kandidatinnen gelten die Fraktionsvorsitzenden aus Hessen und Thüringen, Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow.

Kipping (heute 42) und Riesinger (64) hatten die Parteiführung 2012 übernommen. Damals stand die Linke nach einem beispiellosen Machtkampf konkurrierender Flügel kurz vor der Spaltung. Riexinger setzte sich damals gegen den heutigen Fraktionschef Dietmar Bartsch durch.

Unter dem Gewerkschafter aus Baden Württemberg und der Slawistin aus Sachsen kam die Linke bei den Bundestagswahlen 2013 und 2017 auf 8,6 beziehungsweise 9,2 Prozent. Heute liegt sie in den Umfragen zwischen 6 und 9 Prozent. Besonders Kipping blieb als Parteichefin umstritten. Sie lieferte sich harte Auseinandersetzungen mit der Parteilinken Sahra Wagenknecht, die als Fraktionschefin inzwischen abgetreten ist und von Amira Mohamed Ali abgelöst wurde.

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Der Rückzug des Spitzenduos kommt nicht überraschend. Laut Satzung soll kein Parteiamt länger als acht Jahre ausgeübt werden. Kipping begründete ihren Rückzug auch mit Respekt vor dieser Regelung: «Innerparteiliche Demokratie heißt, dass jedes Amt ein Amt auf Zeit ist - und das ist auch gut so.» Acht Jahre an der Parteispitze hätten ihr zudem einiges abverlangt. Es sei «an der Zeit, etwas Neues zu beginnen».

Der Parteilinke Riexinger schrieb an den Vorstand, er sei stolz darauf, «dass wir Die Linke zu einer gesamtdeutschen Partei aufgebaut und weiterentwickelt haben, die heute eine stabile Kraft im bundesdeutschen Parteiensystem ist». Er werde sich «weiterhin mit Begeisterung und Optimismus für eine starke Linke engagieren».

Doppelspitze mit zwei Frauen im Gespräch

Eigentlich wollte die Linke schon im Juni einen neuen Parteivorstand wählen. Der Parteitag wurde wegen der Corona-Pandemie aber auf das Wochenende vom 30. Oktober bis 1. November verschoben. Wer Kipping und Riexinger nachfolgen könnte, ist noch unklar. Am häufigsten fallen die Namen von Wissler und Hennig-Wellsow. Ein weibliches Führungsduo gab es bei der Linken noch nie. Der Satzung zufolge ist dies aber möglich.

Janine Wissler (l), Fraktionsvorsitzende der Linken im Hessischen Landtag, und Susanne Hennig-Wellsow, Fraktionsvorsitzende der Linken im Thüringer Landtag, sind als neue Doppelspitze im Gespräch (Bild: Rumpenhorst/Schutt/dpa)
Janine Wissler (l), Fraktionsvorsitzende der Linken im Hessischen Landtag, und Susanne Hennig-Wellsow, Fraktionsvorsitzende der Linken im Thüringer Landtag, sind als neue Doppelspitze im Gespräch (Bild: Rumpenhorst/Schutt/dpa)

Hennig-Wellsow sprach sich bereits für ein solches Modell aus. «Ich kann mir eine weibliche Doppelspitze sehr gut vorstellen», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Ihre eigene Kandidatur ließ sie aber offen: «Ich führe Gespräche. Eine Entscheidung ist bisher nicht gefallen.» Wissler wollte sich nicht zu Personalspekulationen äußern. «Heute ist aber der Tag, Danke zu sagen und nicht sofort in die Debatte über die Nachfolge einzusteigen.»

Beide Politikerinnen sind wie Kipping keinem der beiden Flügel der gemäßigten Reformer und linken Fundamentalisten zuzuordnen. Vom linken Flügel wird der stellvertretende Parteivorsitzende Ali Al-Dailami aus Hessen als möglicher Kandidat gehandelt. Von den Reformern werden Bundestags-Fraktionsgeschäftsführer Jan Korte Chancen eingeräumt. Außerdem wird der frühere Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn aus diesem Lager genannt.

Was wird aus Kipping?

Unklar ist auch, was Kipping und Riexinger nun machen. Kipping werden Ambitionen auf den Vorsitz der Bundestagsfraktion nachgesagt. «Für neue linke Mehrheiten möchte ich weiterhin Verantwortung übernehmen», schreibt sie in ihrer Rückzugsankündigung. «In welcher Position ich dies tun werde, darüber wird zu einem späteren Zeitpunkt zu sprechen sein.» Mit «neuen linken Mehrheiten» könnte eine Koalition mit SPD und Grünen gemeint sein - und mit «Verantwortung» eine führende Rolle im Wahlkampf, vielleicht sogar die Spitzenkandidatur.

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Der linke SPD-Politiker Kevin Kühnert begrüßte die Ankündigung jedenfalls auf Twitter: «Freue mich, dass weiterhin mit dir gerechnet werden darf.» Dass Riexinger einen anderen Spitzenposten anstrebt, gilt als unwahrscheinlich. Der «Stuttgarter Zeitung» sagte er zu seinen Zukunftsplänen, er wolle Bundestagsabgeordneter bleiben. «Für die Region Stuttgart gibt es da viel zu tun. Und ich werde mich immer mit großem Einsatz für eine starke Linke einsetzen.»

Für diesen Montag planen die beiden Parteivorsitzenden eine Pressekonferenz. Am Donnerstag kommt die Linksfraktion im Bundestag dann zu einer Klausurtagung in Potsdam zusammen. Auch dort dürfte die personelle Neuaufstellung Thema sein.