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Fünf Tote: Gefälschtes Impf-Zertifikat sollte geprüft werden

Königs Wusterhausen (dpa) - Mehrere Tage nach der Entdeckung von fünf Toten in einem Haus in Brandenburg sind weitere Details zum möglichen Motiv des tatverdächtigen Familienvaters bekannt geworden.

Der Arbeitgeber von dessen Ehefrau wollte einem angeblich gefälschten Impfzertifikat der 40-Jährigen nachgehen. Aus dem vorgelegten Dokument ergaben sich Nachfragen, zu denen die Mitarbeiterin der Technischen Hochschule Wildau schriftlich um Stellungnahme gebeten wurde, wie das Wissenschaftsministerium Brandenburg am Mittwoch auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Zunächst hatte die «Bild»-Zeitung berichtet.

Tatverdächtiger beging Suizid

«Die TH Wildau hat nach Einschätzung des MWFK alles richtig gemacht», hieß es vom Ministerium. «Nach dem aktuellen Infektionsschutzgesetz des Bundes gilt seit dem 24. November 2021 eine 3G-Regelung am Arbeitsplatz. Die Einhaltung dieser Regelung müssen die Arbeitgeber sicherstellen. Das hat die TH Wildau in diesem Fall getan.»

Nach einem Abschiedsbrief des Familienvaters - der laut Ermittlern als verantwortlich für die Tat gilt und danach Suizid beging - habe er das Impf-Zertifikat seiner Frau fälschen lassen. In dem Brief hatte der Mann angegeben, dass er Angst vor einer Verhaftung habe - und davor, dass man ihm die Kinder wegnehme.

Die Polizei hatte die fünf Toten am Samstag in einem Einfamilienhaus im brandenburgischen Königs Wusterhausen südöstlich von Berlin gefunden. Zeugen hatten leblose Körper in dem Haus gesehen und die Polizei alarmiert. Nach dem Ergebnis der Obduktion sollen die Leichen vermutlich bereits seit der Nacht zum Donnerstag dort gelegen haben, wie die Staatsanwaltschaft am Mittwoch mitteilte.

Kinder vier, acht und zehn Jahre alt

Nach bisherigen Ermittlungen soll der Vater erst die drei Kinder im Alter von vier, acht und zehn Jahren sowie seine Frau und anschließend sich selbst mit einer Schusswaffe getötet haben. Die Leichen wiesen laut Fahndern Schussverletzungen auf. Der Staatsanwaltschaft zufolge war der 40-Jährige nicht im Besitz eines Waffenscheins. Demnach konnte er sich die Waffe nur illegal besorgt haben.

Die Gesetzgebung zum Anfertigen oder Vorlegen eines gefälschten Impfnachweises ist erst vor zwei Wochen verschärft worden. Seitdem ist der «Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse» allgemein strafbar. Der entsprechende Paragraf des Strafgesetzbuchs sieht dafür eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr vor.

Staatsanwalt: «Vorstellungen völlig verquer»

Aber hätten der Familie tatsächlich die vom Vater befürchteten Konsequenzen gedroht? «Die Vorstellungen des Mannes waren völlig verquer», sagte Oberstaatsanwalt Gernot Bantleon der dpa. Der 40-Jährige war weder polizeilich bekannt, noch war die Familie beim Jugendamt aufgefallen. «Eine Haftstrafe bei einem Ersttäter, das ist völlig undenkbar. Ebenso die Wegnahme der Kinder.» Es komme in dem Brief zum Ausdruck, dass der Mann vermutlich eher psychische Probleme gehabt haben müsse, da seine Vorstellungen mit den Tatsachen nichts mehr zu tun hätten, so Bantleon.

Über die Beschäftigung des mutmaßlichen Täters mit dem Thema Corona-Impfung wurden derweil weitere Details bekannt. Nach Berichten des Berliner «Tagesspiegel» und des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) war der Mann beim Messengerdienst Telegram in Chatgruppen der Querdenker-Szene vernetzt. Auch die dpa konnte ihm die Mitgliedschaft und Nachrichten in mehreren Gruppen zuordnen, in denen Falschbehauptungen über die Corona-Impfung verbreitet wurden.

Noch nicht alle Details bekannt

«So etwas kann natürlich stark radikalisierend wirken. Aber wir kennen nur einen kleinen Ausschnitt. Deshalb bleibt die weitere Aufklärung in diesem Fall abzuwarten», sagte Josef Holnburger von der Beobachtungsstelle Center für Monitoring, Analyse und Strategie (Cemas), dem RND. Die Staatsanwaltschaft hat zum Zusammenhang des Mannes mit der Querdenker-Szene bislang nicht ermittelt.

Die Hochschule habe «mit großer Bestürzung und Fassungslosigkeit» vom Tod ihrer Mitarbeiterin, der Mutter der Familie aus Königs Wusterhausen, erfahren. «Die Hochschule verliert mit ihr eine langjährige, sehr geschätzte Mitarbeiterin und Kollegin. Unser Mitgefühl gilt in dieser schweren Situation den Hinterbliebenen.»

Mit Blick auf die laufenden Ermittlungen und «aus Respekt vor der Privatsphäre der Opfer» wollte sich die Hochschule nicht weiter zu dem Fall äußern. Von Seiten der Stadt Königs Wusterhausen ist ein Gedenken geplant. Weitere Details will die Stadt am Donnerstag mitteilen.