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Faktencheck: Die Schweiz hat nicht "ihren ersten Impftoten" gemeldet

In den meisten Ländern zählen Hochbetagte zu den ersten Personengruppen, die gegen das Coronavirus geimpft werden (Symbolbild: Getty Images)
In den meisten Ländern zählen Hochbetagte zu den ersten Personengruppen, die gegen das Coronavirus geimpft werden (Symbolbild: Getty Images)

Seit mehr als einer Woche werden in der EU und weiteren europäischen Ländern die ersten Menschen gegen Covid-19 geimpft. Nun verbreiten sich in sozialen Medien auch Meldungen über Personen, die an der Impfung gestorben sein sollen.

“Die Schweiz meldet ihren ersten Impftoten”, heißt es in einem Facebook-Beitrag (hier archiviert). Eine 91-jährige Person soll kurz nach der Gabe der Corona-Impfung verstorben sein. “Somit zählt dieser Bewohner eines Pflegeheims als erster Impftote der Schweiz”, schreibt der Autor des Facebook-Beitrags.

Bewertung: Der verstorbene Mann zählt nicht offiziell als erster Impftoter der Schweiz. Nach Angaben des Schweizerischen Heilmittelinstituts Swissmedic, das für die Zulassung von Impfungstoffen zuständig ist, sei ein Zusammenhang zwischen dem Tod und der Corona-Impfung “höchst unwahrscheinlich”.

Fakten: Swissmedic hat am 30. Dezember bestätigt, dass ein 91 Jahre alter Pflegeheimbewohner im Kanton Luzern einige Tage nach seiner Impfung gegen Covid-19 verstorben ist. Laut "Luzerner Zeitung" bestätigte auch das Gesundheits- und Sozialdepartement des Kantons Luzern den Fall.

Anders als es der Facebook-Nutzer nahelegt, kam Swissmedic nach einer Prüfung mit der kantonalen Gesundheitsbehörde zu dem Schluss, dass ein Zusammenhang zwischen dem Tod und der Covid-19 Impfung "höchst unwahrscheinlich" sei: “Weder die Krankengeschichte noch der akute Krankheitsverlauf legen einen direkten kausalen Zusammenhang zwischen der Covid-19-Impfung und dem Tod nahe”, teilte Swissmedic mit. Alles weise auf eine natürliche Todesursache hin, was auch auf dem Totenschein vermerkt worden sei. Die Person litt demnach an “mehreren schweren Vorerkrankungen”.

Der Zulassungsbehörde zufolge seien bei den bisherigen Impfungen gegen Covid-19 keine unbekannten Nebenwirkungen aufgetreten.

Begriff “Impftote” nicht im offiziellen Sprachgebrauch

Darüber hinaus teilte Swissmedic der Deutschen Presse-Agentur (dpa) auf Anfrage mit, dass es den Begriff “Impftote”, wie ihn der Facebook-Nutzer verwendet, nicht in der Arzneimittelüberwachung gebe.

Verstirbt eine Person im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung, also danach, werde der Fall zwar in der Schweizer Datenbank “vermuteter unerwünschter Wirkungen von Impfstoffen” (Adverse Events Following Immunisation, AEFI) aufgenommen. Dies bedeute aber eben nicht automatisch, dass es einen ursächlichen Zusammenhang gebe. “Die Bezeichnung ‘erster Impftoter der Schweiz’ ist folglich Humbug”, teilte ein Swissmedic-Sprecher mit.

In einem Interview mit dem “Tagesanzeiger” sagte Christoph Berger, Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen, zudem, der Verstorbene habe keine Symptome gezeigt, die zu einer Impfreaktion passen würden. Rein statistisch sei es erwartbar gewesen, dass kurz nach einer Impfung auch ein Todesfall auftritt: “Noch vor Corona sind in der Schweiz pro Tag etwa 110 Personen im Alter über 80 Jahren gestorben. Wenn wir nun alle Personen in dieser Altersgruppe impfen, ist früher oder später eine darunter, die kurz nach der Impfung stirbt”, sagte Berger.

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