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"Ein Fall für zwei"-Star Wanja Mues: So findet er den Hass in sich

Wanja Mues steht bald wieder für "Ein Fall für zwei" vor der Kamera

Im März starten für Wanja Mues die Dreharbeiten zu einer neuen Staffel von "Ein Fall für zwei". Gerade eben ist mit ihm das Hörbuch "Der Geschmack von Laub und Erde" (Der Audio Verlag, 17,99) herausgekommen. Darin lebt der Autor Charles Foster wie ein Tier. Wie er dieses Experiment fand, erklärt Mues im Interview mit spot on news.

Gerade ist das von Ihnen gelesene Hörbuch "Der Geschmack von Laub und Erde" erschienen: Der Autor Charles Foster ist in die Rolle von Dachs, Otter, Fuchs, Rothirsch und Mauersegler geschlüpft und hat wie diese Tiere gelebt. Ein interessantes Experiment...

Wanja Mues: Ich war anfangs sehr skeptisch, das hörte sich fast schon zu verrückt an für meinen Geschmack. Wie will man als Mensch in einem Fluss leben - oder als Mauersegler, der teilweise monatelang in der Luft ist? Aber je länger ich mich mit Fosters Werk beschäftigt habe, desto klarer wurde mir, dass das Buch an mir wächst. Es wird immer präsenter und größer. Charles Foster versucht in einer Extremform das, was vielen von uns fehlt: sich mit der unmittelbaren Umgebung zu beschäftigen, die wir im schnellen Alltagstrott und aufgrund der Technologie um uns herum vergessen.

Ein Wissenschaftsbuch dürfen die Leser aber nicht erwarten.

Mues: Foster war passionierter Jäger und hat irgendwann entschieden, damit aufzuhören und sich mit den Wesen zu beschäftigen, hinter denen er zum Teil her war. Herausgekommen ist kein Wissenschaftsbuch, sondern ein poetisch metaphysischer Erfahrungsbericht. Er beschreibt, was er erlebt, was in ihm vorgeht, er versucht, Antworten auf spannende Fragen zu finden - und er scheitert auch an vielen Dingen. Wissenschaftsbücher, in denen zu lesen ist, wie wir die Natur zerstören, gibt es genug. Er beschreibt es, ohne mit dem Finger zu zeigen. Wenn man das liest, merkt man von allein: Wir müssen wirklich etwas ändern.

Sie sind als Schauspieler auch schon in viele Rollen geschlüpft.

Mues: In viele extreme menschliche Rollen bin ich als Schauspieler tatsächlich schon geschlüpft - vom Psychopathen über ein jüdisches Opfer der Nazi-Zeit, bis zum Nazi, der ums Leben kommt. Das waren alles Extreme, die mir fremd sind. Ich habe versucht, mich in deren Umgebung einzufühlen und Parallelen zu finden. In dem Film "2 1/2 Minuten", den wir 1994 gedreht haben, spielte ich den Anführer einer Nazi-Gang. In dem Streifen geraten eine deutsche und eine türkische Gang in einer Berliner S-Bahn aneinander. Anfangs dachte ich, diesen Hass und diese extreme Wut kann ich nicht spielen. In solchen Fällen suche ich meinen vergleichbaren Hass. Der richtet sich natürlich nicht auf Fremde oder Ausländer, es gibt andere Punkte in mir, die das auslösen - wenn ich zum Beispiel daran denke, dass meinen Kindern etwas passiert... Das ist vergleichbar mit dem, was Charles Foster hier macht, allerdings geht es bei ihm eben nicht um Menschen, sondern um Tiere.

Welches Tier würde Sie in so einem Experiment reizen?

Mues: Ich würde mir in der Tierwelt sicher für mich angenehmere Wesen suchen als er, ich würde gerne faul wie der Löwe in der Savanne im Schatten eines Baumes liegen oder mich wie Kaa die Schlange durch die Bäume des Dschungels winden.

Sie sind selbst Hundebesitzer. Verändert das Buch die Sicht auf die eigenen Vierbeiner?

Mues: Ja, gerade weil es auch um Füchse geht. Das mag vielleicht manche Tierliebhaber verwundern, aber für mich ist der Fuchs ein Mischtier zwischen Katze und Hund: ein Vierbeiner, der süß aussieht, aber wie ein Hund durch die Gegend streicht. Charles Foster beschreibt unheimlich toll, wie er als Stadtfuchs durch London streicht und nach Nahrung sucht. Er findet in einer Seitengasse eine uralte Pizza, schildert, wie die aussieht, riecht daran und schmeckt. Man denkt als Leser: Das kann alles nicht wahr sein, gleichzeitig ist es aber auch wahnsinnig beeindruckend, weil man erkennt: Tiere sind einfach eine andere Spezies, die nicht denkt und fühlt wie wir.

Gibt es in Ihrem Leben ein Buch oder einen Film, der Ihr Leben nachhaltig beeinflusst hat?

Mues: Was die Schauspielerei betrifft, gibt es zwei Filme, die mich sehr beeindruckt haben: Einmal "Sein oder Nichtsein" von Ernst Lubitsch, eine Komödie, die auch heute noch so witzig, aktuell und großartig ist wie vor 70 Jahren. Und zweitens: "Die durch die Hölle gehen" mit Robert De Niro und Christopher Walken - große Schauspielkunst und ein großartiger Film. Danach war mir klar: Vielleicht einmal im Leben in so einem großartigen Film dabei sein zu dürfen, genau dafür wird man Schauspieler. Diese zwei Filme haben mein Berufsleben verändert. Bei den Filmen, die ich selbst gemacht habe, gilt das für "Der Pianist" von Roman Polanski. Das ist für mich der ultimative Film, der allen Kindern und Jugendlichen zum Holocaust gezeigt werden sollte.

Foto(s): imago/Lumma Foto