Familienanwältin Sandra Günther - Ex-Partner verweigert Kontakt zum Kind - Das sind Ihre Rechte und Optionen
Konflikte um das Umgangsrecht belasten nicht nur Eltern, sondern vor allem die Kinder. Anwältin Sandra Günther erläutert, wie man einen Umgangsboykott verhindern kann und welche Rolle das Familiengericht dabei spielt.
Wie kann man einen Umgangsboykott verhindern und welche Rolle spielt das Familiengericht dabei?
Wenn Elternteile merken, dass Umgangskontakte regelmäßig abgesagt werden und die Gründe dafür mehr oder weniger nichtig sind, dann könnte es sich um einen Umgangsboykott handeln. Wenn Betroffene merken, dass Kontakte immer wieder grundlos abgesagt werden, ist es Zeit, sich dies schriftlich zu notieren, damit die Daten, an denen kein Umgang stattgefunden hat, beim Jugendsamt und beim Familiengericht vorgelegt werden können.
Auch ist es dann an der Zeit, mit dem Jugendamt Kontakt aufzunehmen. Betroffene sollten dies so früh wie möglich machen, damit das Jugendamt von dem Sachverhalt Kenntnis erlangt. Dieses wird dann ein Gespräch mit den Eltern führen und möglicherweise eine Elternvereinbarung aufnehmen, in dem der Umgang klar geregelt ist.
Aber machen wir uns nichts vor: Elternteile, die nicht wollen, dass ihre Kinder eine Bindung zu dem anderen Elternteil aufbauen, hindert auch eine Elternvereinbarung vom Jugendamt nicht daran, Geschichten zu erfinden, warum Umgangskontakte nicht stattfinden können. Wenn somit auch das Jugendamt nicht helfen konnte, dann ist der Weg frei zum Familiengericht.
Betroffene sollten sich hier rechtlichen Beistand holen. Erfahrene Rechtsanwälte im Familienrecht wissen zum Beispiel, was in einen Umgangsantrag hinein gehört und was besser nicht. Ein häufiges Argument dafür, dass Umgangskontakte ausfallen müssen ist übrigens: „Unser Kind kränkelt ein wenig, heute fällt Umgang daher aus“.
Aber: Auch ein Kränkeln des Kindes ist nicht per se ein Grund dafür, Umgang ausfallen zu lassen. Der andere Elternteil kann genauso gut für ein kränkelndes Kind sorgen. Solange ein Kind also nicht mit Fieber bettlägerig ist besteht kein Grund, Umgang abzusagen.
Betroffene sollten in jedem Fall nicht aufgeben. Ihre Kinder werden es ihnen eines Tages danken. Für eine gesunde Entwicklung ist die Beziehung zu Mutter und Vater unerlässlich. Warum einige Elternteile ihren Kindern die Möglichkeit einer gesunden Entwicklung verwehren ist fraglich. Häufig hängt dies mit eigenen, schädlichen Mustern zusammen, die nicht aufgearbeitet wurden. Dies ist eine Erklärung, aber noch lange keine Rechtfertigung.
Wie können Eltern Loyalitätskonflikte bei ihrem Kind vermeiden oder lösen?
Nach einer Trennung sollte man, wenn gemeinsame minderjährigen Kinder vorhanden sind, zeitnah die Umgangskontakte regeln. Dies kann sich im Zweifel schwierig gestalten. Wenn die getrennten Eltern nicht das Wechselmodell leben, so verbringt ein Elternteil zwingend mehr Zeit mit dem Kind. Dies kann auch bedeuten, dass das Kind wesentlich mehr Stimmungen des Elternteils, bei dem es lebt, aufnimmt.
Trauer, Wut und Verzweiflung über die Trennung, schlechte Worte über den getrennt lebenden Elternteil, Tränen und vieles mehr mehr können dazu führen, dass ein Kind sich dem Lager desjenigen Elternteils anschließt, bei dem es lebt. Dies muss nicht einmal bewusst durch den anderen Elternteil verursacht worden sein. Nein. Kinder schließen sich in der Regel den Elternteilen an, die ihre Existenz sichern. Es geht letztlich um eine existentielle Angst des Kindes, die eine Trennung auslösen kann.
Wenn Sie als Eltern zumindest versuchen, ihre enttäuschten Emotionen gegenüber dem anderen Elternteil zurückzuhalten, ist dies schon ein guter Anfang. Niemand ist fehlerlos, und Eltern sind auch nur Menschen. Es ist somit natürlich erlaubt, Gefühle zu zeigen. Werden diese Gefühle aber zur Belastung für das eigene Kind, sollten Betroffene aufpassen.
Kindern sollte signalisiert werden: Ihr müsste Euch nicht zwischen uns entscheiden. Ihr dürft uns beide lieben. Und ihr dürft Euch freuen wenn ihr den jeweils anderen Elternteil besucht. Es gibt Elternberatungsstellen, die teils gute Arbeit leisten. Sie erarbeiten mit Betroffenen, die Paarebene zu verlassen und sich mehr auf der Elternebene zu bewegen.
Ich habe viele Eltern erlebt, bei denen eine Elternberatung Wirkung gezeigt hat und so der Loyalitätskonflikt bei dem eigenen Kind gar nicht erst entstanden ist. Wenn diese bereits entstanden ist, benötigt es mehr als eine Elternberatung. Wenn Kinder sich einmal einem Elternteil verpflichtet fühlen und sich mit diesem solidarisiert haben, kann es schwierig werden, dies dauerhaft aufzulösen. Deshalb vorsorgen und so das Kindeswohl sicherstellen.
Was ist die Aufgabe eines Verfahrensbeistands im Familienrecht und wann wird dieser eingesetzt?
Der Verfahrensbeistand ist der sogenannte „ Anwalt“ des Kindes. Er ist das Sprachrohr des Kindes in sorgerechtlichen oder umgangsrechtlichen Verfahren. Dieser wird vom Familiengericht in Familiensachen beigeordnet und ist damit beauftragt, den Willen des Kindes zu ermitteln.
Der Verfahrensbeistand wird bei Eröffnung eines familienrechtlichen Verfahrens mit den betroffenen Eltern Kontakt aufnehmen und mit diesen einen Termin vereinbaren. Einzeln. Je nach dem, in welchem Haushalt das Kind lebt, wird natürlich auch das betroffene Kind anwesend sein. Der Verfahrensbeistand hört sich beide Seiten der Elternteil an und spricht dann mit dem Kind.
Bei Kindern, die noch nicht sprechen können, wird sich ein Gesamteindruck verschafft. Wie geht man mit dem Kind um, ist es gut ernährt, hat es Defizite, wie ist es mit der Sauberkeit und vieles mehr kann dabei unter die Lupe genommen werden. Kinder, die bereits sprechen können, werden spielerisch an das jeweilige Thema, oft geht es darum, wie oft das Kind den anderen Elternteil sehen möchte, herangeführt.
Nachdem der Verfahrensbeistand mit sämtlichen Beteiligten gesprochen hat, verfasst er seinen Bericht und sendet diesen dem Familiengericht zu. Der Bericht enthält im besten Fall die Sicht der Kindesmutter, die Sicht des Kindesvaters und die Angaben des Kindes. Dann schließt sich zum Ende eine Empfehlung an.
Das Familiengericht ist geneigt, der Empfehlung des Verfahrensbeistandes zu folgen. Während die befassten Rechtsanwälte natürlich die Interessen des jeweiligen Elternteils wahrnehmen, ist der Verfahrensbeistand gemeinsame mit dem Jugendamt oft am ehesten in der Lage, den Kindeswillen objektiv zu formulieren.
Welche Lösungen bietet das Familienrecht, wenn es zu Konflikten um das Umgangsrecht kommt?
Wenn Eltern Umgangskontakte zu dem anderen Elternteil umgehen oder gar verbieten, ist der andere Elternteil gut damit beraten einen Umgangsantrag beim Familiengericht zu stellen. Das Familiengericht, die Familienrichter sind zu einem großen Anteil auch Mediatoren, beraumen dann einen Termin an.
Dieser Termin soll dazu dienen, mit den Betroffenen eine Lösung zu finden. Die meisten Familienrichter, die ich kenne, sind sehr geduldig und einfühlsam. Nur wenige gehen in umgangsrechtlichen Verfahren mit der sogenannten Brechstange dran. Die Beteiligten haben in der gerichtlichen Verhandlung jeweils die Möglichkeit, ihren Standpunkt darzulegen.
Aber Stopp: Das Familiengericht ist nicht der Ort, die partnerschaftlichen Probleme aufzuarbeiten. Häufig ist es auch nicht relevant, wer sich wann wie falsch verhalten hat. Es sei denn es handelt sich um Dinge wie Drogenexzesse, Kindesmisshandlungen oder andere gewichtige Angelegenheiten.
Das Familiengericht versucht, mit den Betroffenen eine Lösung zu erarbeiten. Das Jugendamt und der Verfahrensbeistand werden ebenfalls angehört. Es gibt einige Verfahrensbeistände, die wirklich gute Lösung im Termin erarbeiten können. Sollte es gar keine Lösung oder Schnittmenge geben, wird ein Kind, bevor es zum Beispiel in eine Gutachtensituation geht, noch einmal richterlich angehört. So kann sich das Familiengericht selbst einen Eindruck verschaffen.
Die richterliche Anhörung erfolgt in Abwesenheit der Eltern und im Beisein des Verfahrensbeistandes. Häufig steht am Ende, dass Kinder den anderen Elternteil sehen möchten und dann geht es nur noch um die Fragen wann und wie häufig. Ich rate wirklich Jedem, der sein Kind nicht sehen darf, den Weg zum Familiengericht zu gehen.
Das Kind hat einen gesetzlich fixierten Anspruch darauf, Umgang mit beiden Elternteilen zu haben. Eltern haben diesen Anspruch sowie auch die Verpflichtung zu regelmäßigem Umgang genauso. Zeit ist in derartigen Fällen ein Gegner. Wenn zu viel Zeit vergeht kann dies die Beziehung zu dem eigenen Kind kosten. Ein sehr hoher Preis, oder ?