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Fassungsloser Rektor trauert um Schüler und Kolleginnen

Ulrich Wessel: „Es ist einfach nur furchtbar“

Schock und Trauer bei Ulrich Wessel. (Bild: Getty Images)
Schock und Trauer bei Ulrich Wessel. (Bild: Getty Images)

Schulleiter Ulrich Wessel (56) ist immer noch fassungslos angesichts der 16 Schüler und zwei Lehrer, die ihr Leben beim Absturz des Germanwings-Flugs 4U9525 verloren. Im Interview mit der „Bild“-Zeitung sprach er nun über Trauer, Mitleid und die Bewältigung des Schulalltags.

Knapp eine Woche ist es nun her, dass eine Maschine der Germanwings mit 150 Menschen an Bord an einem Berg in den französischen Alpen zerschellte. Das Flugzeug zerbarst in Tausende Einzelteile, niemand überlebte. Unter den 150 Menschen an Bord befanden sich auch zwei Kolleginnen von Schuldirektor Ulrich Wessel (56) und 16 Zehntklässler des Joseph-König-Gymnasiums aus dem nordrhein-westfälischen Haltern, die von einem Schüleraustausch zurück in die Heimat flogen.

Wessel sagt, er habe diese Woche kaum „stille Momente“ gefunden, um das tragische Unglück zu verarbeiten, auch an Schlaf wäre nicht zu denken gewesen. Erst am Donnerstag hätte ihn die Erkenntnis, dass 18 Menschen aus seiner Schule gestorben sind, wirklich eingeholt, als er die Todesanzeige gelesen hätte, die die Schule zuvor herausgegeben hatte. Da hatte er nur noch weinen können. Die Hilfe eines Seelsorgers hat der 56-Jährige bis jetzt noch nicht in Anspruch genommen. Er sucht vor allem Trost zu Hause, bei seiner Frau und seinen Kindern. Erst hatte er überlegt, zwei Tage an die Nordsee zu fahren, den Gedanken dann aber wieder verworfen.

Stattdessen findet er nach dem Unglück auch Trost in der Kirche. Wessel gesteht, er habe am Freitag im Gottesdienst ganz bewusst nur für 149 Opfer gebetet, statt für 150 Opfer. Mitleid empfindet Wessel vor allem für die Angehörigen der Opfer und die Eltern, die ihre Kinder so früh verlieren mussten. Sein Mitgefühl gilt auch der Familie des jungen Mannes, der, so wie Ermittler behaupten, das Flugzeug absichtlich im Sinkflug in die Alpen geflogen haben soll. Für ihn hat der Schulleiter weder Mitleid noch Verständnis übrig. Warum sich ein junger Mann nicht vor einen Zug wirft, sondern 149 unschuldige Menschen zusammen mit ihm in den Tod reißen muss, ist für ihn unbegreiflich.

Trotz der Trauer wird Wessel schnell vom Schulalltag eingeholt, sagt er. Die Zulassungen für den Abiturjahrgang hätten unbedingt am Freitag noch abgefertigt werden müssen. Trotzdem ist das Unglück immer präsent. Zwei weiße Rosen schmücken nun die Stühle der Kolleginnen im Lehrerzimmer, am Donnerstag wurde mit einem Kerzenmeer um 10.53 Uhr von 1.200 Schülern der Verstorbenen gedacht, ein Denkmal ist geplant.

An den schlimmsten Moment der vergangenen Woche erinnert sich Wessel ganz genau: Als am Dienstagmittag klar wurde, dass die Maschine abgestürzt war und die Eltern in die Schule eilten, musste Wessel eine der wohl schwierigsten Aufgaben seiner Karriere als Schulleiter und als Mensch bewältigen: „Sie können mir glauben: Es ist einfach nur furchtbar, Eltern sagen zu müssen, dass Ihre Kinder nicht mehr zurückkommen.“