Vom Fast-GAU zum Energielieferanten: Uraltes AKW soll Microsoft versorgen
Die USA haben das Ziel, ihre Atomkapazitäten bis 2050 zu verdreifachen. Statt neuer AKWs könnte jedoch ein Reaktor, der knapp einem GAU entging, wieder in Betrieb genommen werden – exklusiv zur Stromversorgung von Microsoft.
Es war einer der schwersten Atomunfälle in der US-Geschichte: Am 28. März 1979 kam es im Kernkraftwerk Three Mile Island nahe Harrisburg, Pennsylvania, zu einer partiellen Kernschmelze, bei der radioaktive Stoffe entwichen und tagelang das Schlimmste befürchtet wurde. Reaktor 2 ging nie wieder ans Netz, und 2019 wurde auch Block 1 nach 45 Jahren stillgelegt. Jetzt steht jedoch ein Comeback bevor.
Der Betreiber Constellation Energy kündigte Mitte September 2024 laut CNN an, dass Reaktor Block 1 voraussichtlich 2028 wieder in Betrieb genommen werden soll – vorbehaltlich der Genehmigung durch die Nuclear Regulatory Commission. Microsoft wird den dort produzierten Strom exklusiv für seine Rechenzentren zur Unterstützung von Künstlicher Intelligenz beziehen.
KI-Boom steigert Strombedarf
Der Grund für das Comeback: Die USA benötigen künftig enorme Mengen an zusätzlichem Strom. Experten prognostizieren, dass sich der Energiebedarf von Rechenzentren bis 2030 verdreifachen wird, angeheizt durch den KI-Boom bei Technologiegiganten wie Microsoft, Amazon und Google. Um den wachsenden Strombedarf ohne Kohle und Gas zu decken, plant die US-Regierung, neben dem massiven Ausbau von Wind- und Solarenergie auch die Atomkraftkapazitäten bis 2050 zu verdreifachen. Dazu wären jedoch Dutzende neuer Kernkraftwerke erforderlich.
Trotz dieser ehrgeizigen Pläne gibt es aktuell keine neuen AKW-Projekte in den USA. Der Hauptgrund sind die enormen Kosten: Laut einer Analyse der Energy Information Administration (EIA) sind die Baukosten für neue Atomkraftwerke seit 2013 um 50 Prozent gestiegen, während Windparks nur um 13 Prozent und Solarparks sogar nur um 1 Prozent teurer wurden.
Die hohen Kosten für AKWs resultieren aus teuren Spezialbauteilen und extrem strengen Sicherheitsanforderungen, insbesondere nach den Katastrophen in Tschernobyl und Fukushima. Private Investoren scheuen die damit verbundenen Risiken, weshalb Atomkraft meist nur mit staatlicher Unterstützung wirtschaftlich ist. Laut dem World Nuclear Industry Status Report (WNISR) befinden sich bereits 45 Prozent der weltweiten Atomkapazitäten in öffentlicher Hand – und der Trend zeigt nach oben.
Microsofts ambivalente Ansätze zur Klimapolitik
Während Microsoft plant, Atomstrom zu beziehen, um seine wachsenden Rechenzentren für KI-Anwendungen zu versorgen, unterstützt der Tech-Gigant gleichzeitig Öl- und Gasunternehmen bei der Erschließung neuer Vorkommen durch seine KI-Technologie. Diese widersprüchliche Strategie wirft Fragen zu Microsofts tatsächlichen Klimaschutz-Ambitionen auf.
In den letzten Jahren hat sich Microsoft öffentlich stark für den Klimaschutz eingesetzt, mit dem Ziel, bis 2030 CO₂-negativ zu werden. Dennoch vermarktet das Unternehmen seine KI- und Cloud-Technologien an fossilen Brennstoffkonzernen wie ExxonMobil, Chevron und Shell, um deren Effizienz in der Produktion zu steigern – ein Schritt, der im Widerspruch zu den eigenen Klimazielen steht.
Trotz der Klimaversprechen hat Microsoft seine jährlichen Emissionen nicht gesenkt; im Gegenteil, sie sind seit 2020 um 29 Prozent gestiegen. Dies wird unter anderem auf den enormen Energiebedarf der KI-Entwicklung zurückgeführt, der in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter zunehmen wird.
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