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FDP: Ausspähen durch «Staatstrojaner» ist verfassungswidrig

Die FDP war in der vergangenen Legislaturperiode nicht im Bundestag vertreten und konnte daher nicht an der Abstimmung über die Regelungen zum Staatstrojaner und zur Online-Durchsuchung teilnehmen. Foto: Wolfgang Kumm
Die FDP war in der vergangenen Legislaturperiode nicht im Bundestag vertreten und konnte daher nicht an der Abstimmung über die Regelungen zum Staatstrojaner und zur Online-Durchsuchung teilnehmen. Foto: Wolfgang Kumm

Die Vorbehalte gegen Staatstrojaner sind erheblich. Nun haben sich auch die Liberalen an Karlsruhe gewandt. Die Bundesregierung spricht weiter von einem probaten Mittel zur Verbrechensbekämpfung.

Berlin (dpa) - Die FDP hat Verfassungsbeschwerde gegen das Ausspionieren der Privat- und Intimsphäre von Bürgern durch sogenannte Staatstrojaner auf Handys, Tablets oder Computern erhoben.

Die Partei sei überzeugt, dass Regelungen zur sogenannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung sowie Online-Durchsuchung zur Verbrecherjagd unverhältnismäßige Eingriffe ermöglichten, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, am Montag in Berlin.

Auch in der digitalen Welt müsse die Selbstbestimmung gewährleistet sein, argumentierte Buschmann. Dazu müssten die Maßstäbe der analogen Welt auf diese übertragen werden. Jeder Mensch müsse seine Privat- und Intimsphäre haben, nicht nur in der Wohnung, sondern auch auf seinem Rechner oder Smartphone. Ein Sprecherin des Bundesinnenministeriums nannte Staatstrojaner und Online-Durchsuchung dagegen probate Mittel der Verbrechensbekämpfung.

Seit rund einem Jahr darf die Polizei zur Aufklärung von Straftaten beispielsweise Nachrichten über Messenger-Dienste wie WhatsApp mitlesen. Dafür installiert sie auf dem Handy unbemerkt vom Nutzer eine Spionage-Software (Staatstrojaner). Sie greift die Kommunikation direkt beim Schreiben oder Lesen ab, solange sie nicht für den Versand verschlüsselt ist (Quellen-Telekommunikationsüberwachung).

Noch weiter geht die Online-Durchsuchung, bei der die Ermittler sämtliche Daten durchforsten dürfen. Bis 2017 waren solche Maßnahmen nur zur Terrorabwehr erlaubt. Die FDP war in der vergangenen Legislaturperiode nicht im Bundestag vertreten und konnte daher nicht an der Abstimmung über die Regelungen zum Staatstrojaner und zur Online-Durchsuchung teilnehmen. Sie setzt nun ein Wahlkampfversprechen um.

Fraktionsvize Stephan Thomae unterstrich, dass sich Verbrecher ständig neuer Methoden und Techniken bedienten. Allerdings müsse der Staat im Kampf dagegen immer wieder die Verhältnismäßigkeit von Eingriffen in Bürgerrechte und Privatsphäre von Bürgern prüfen. Freiheit und Sicherheit seien unter der großen Koalition aus dem Gleichgewicht geraten.

Der frühere FDP-Rechtspolitiker Burkhard Hirsch sagte, Computer und mehr noch das Smartphone seien heute «das ausgelagerte Gehirn des Menschen» und er fügte warnend hinzu: «Wir geraten an die Grenzen eines Überwachungsstaates.»

Bereits vor zwei Wochen hatte der Verein Digitalcourage eine Verfassungsklage gegen den heimlichen Einsatz von Staatstrojanern vorgelegt. Es finde ein «Auslesen von Gedanken» statt, hieß es bereits damals. Auch die Gesellschaft für Freiheitsrechte will gemeinsam mit Partnern aus Zivilgesellschaft und Politik eine Verfassungsbeschwerde gegen die drastische Ausweitung des Einsatzes von Staatstrojanern einreichen. Unter den Beschwerdeführern seien der ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt, der in Deutschland im Exil lebende türkische Journalist Can Dündar und der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz.