Von der Socke bis zum Tierkot: Die größten Stolpersteine moderner Saugroboter

Viele Menschen haben Angst vor Künstlicher Intelligenz und der unausweichlichen Machtübernahme der Roboter-Overlords. Wir von CHIP können Sie aber beruhigen, denn wir haben tatkräftige Beweise für die Unfähigkeit der Maschinen gefunden. Mit einfachen Haushaltsgegenständen überfordern Sie nämlich schon die meisten KI-Invasoren. Ein nicht ganz ernst gemeinter Kommentar von Rian Voß.

Bei CHIP testen wir ja nun schon seit fast einem Jahrzehnt Saugroboter. Und das vorab: Saugroboter sind tolle Geräte, mein elektronisches Haustier Pascal schlubbert zuverlässig all den Schmutz auf, der seinem Besitzer beim lethargischen Frühstück morgens aus dem Mundwinkel bröselt. Ich liebe den kleinen Roboter, er arbeitet in meinem Haushalt deutlich mehr als jede andere Person. Aber sind wir mal ehrlich: Pascal ist in vermenschlichten Hundejahren jetzt auch langsam über 30 und hat damit seine beste Zeit hinter sich – der Autor weiß, wovon er redet. Pascal findet sich nicht mehr so gut zurecht, dreht sich manchmal verwirrt auf der Stelle und wird ab und zu einfach müde und geht schlafen, bevor er seine Arbeit abgeschlossen hat – und hofft, dass es niemand bemerkt. Wie gesagt, der Autor weiß, wovon er redet.

Aber die Technik schreitet unaufhaltsam fort. Wir haben nun KI-Modelle und ChatGPT regelt, wenn man den Tech-Bros der Welt glaubt, schon jetzt unseren Alltag – und wenn nicht jetzt, dann bald. Ganz bestimmt! Es müssen nur noch ein paar kleine Fehlerchen ausgebügelt werden, und dann kann ChatGPT nicht nur mittelmäßige journalistische Texte wie diesen hier schreiben, sondern das Haus überwachen, den Hund Gassi führen und Brötchen schmieren – die mir dann wiederum beim lethargischen Frühstück aus dem Mundwinkel bröseln. Der narrative Bogen dieses Absatzes schließt sich, indem der KI-gelenkte Saugroboter zielgerichtet diese entstandene Unfallstelle ansteuert.

Foto eines Saugroboters, der hochgehalten wird. Die Frontkamera mit mehreren Elementen ist gut sichtbar.
Foto eines Saugroboters, der hochgehalten wird. Die Frontkamera mit mehreren Elementen ist gut sichtbar.

Aber die künstliche Intelligenz und der Fortschritt der Saugrobotertechnologie der letzten Jahre hat Feinde, mit denen sie nicht gerechnet hat. Ein kleines gallisches Dorf voller Socken und grauer Legosteine leistet unerbittlichen Widerstand. Denn auch wenn Saugroboter nur so mit Sensoren vollgestopft sind – Kameras, Ultraschallsensoren, Treppenkantensensoren, Time-of-Flight-Sensoren, Laser, Blazer, Phaser und mein Fitness-Consiglieri Michelle sind an Bord – und per App jede herumstehende Club-Mate-Flasche als Hindernis entlarven, so sammeln die Geräte in unseren Hindernisparcours-Tests immer noch keine glatten Einsen. Was ist da los? Schlüsseln wir einmal unser für Roboter peinlich gemeingefährliches Testverfahren auf.

Ein Wort vorab: Man mag ihn für einen Hintergrunddarsteller halten, aber er verdient eigentlich deutlich mehr Rampenlicht: unser Teppich. Der Kurzfaserboden mit kräuseligem Flor Marke "L'essence de Gris" hat in dieser oder ähnlicher Art schon viele Kinderknie beim ersten Hautkontakt wundgescheuert. Die leichte, weiß-graumelierte Maserung hat aber den zusätzlichen Effekt, dass sie Sensoren und Kameras etwas überfordert und die Objekterkennung von Roboterkameras stark beansprucht. Das haben wir uns natürlich beim Bau unseres Testraums genau so gedacht.

  • Haushaltsgegenstand Nummer 1: Das lose Kabel
    Okay, wir geben zu: Mit Kabeln kommen Roboter inzwischen ziemlich gut klar. Selten passiert es, dass ein Roboter an unserem Testkabel mehr als nur zupft. Ein einziges Modell hat mal die damit verbundene Lampe vom Tisch gerissen. Das haben wir dann auch gleich mit Schmackes in die Tonne gekloppt. Aber ansonsten wissen die Geräte, dass sie an der Kupferisolierung nicht knabbern dürfen – das bleibt weiterhin Aufgabe der häuslichen Hamster und Meerschweinchen.

  • Haushaltsgegenstand Nummer 2: Das Weinglas
    Wir nennen es Weinglas, aber eigentlich ist es ein Kneteglas. Mein Kollege im Testcenter, Jacek Wojtowicz, weigert sich aus irgendeinem Grund, das umfallgefährdete Testglas jeden Tag mit echtem Roten zu befüllen und hat stattdessen ein paar Gramm farbiger Knete ins Glas gedrückt, um das Gewicht zu simulieren. Jacek, du darfst dich gerne schon ein bisschen mehr reinhängen – die WLAN-Router-Tests können auch einen Tag warten, während du Flecken aus dem Teppich schrubbst. Wie dem auch sei: Viele Saugroboter stoßen zwar gegen das Weinglas und verschieben es etwas, aber bringen es nicht zu Fall. Aber selbst unter den 1.000-Euro-Geräten gibt es hier schon Ausnahmen.

  • Haushaltsgegenstand Nummer 3: Der Legostein
    Elternteile kriegen bei der Erwähnung von Lego sofort Phantomschmerzen in den Fußsohlen. Die Biester sind schon schwierig zu erspähen, wenn es sich um die bunten handelt. Für unseren Test nutzen wir stattdessen einen grauen Sechserblock und legen ihn auf den grauen Teppich. Ist das gemein? Ja. Aber das Leben ist halt gemein, warum sollte es für Saugroboter anders sein? In diesem Test kommen nur wenige Roboter gut weg: Die meisten Modelle nehmen den Stein mal mindestens eine Weile mit oder verschlucken ihn. Wesentlich schlimmer jedoch: Sehr viele heften sich den Stein an den Bauch und schleifen ihn unablässig durch die Wohnung. Wer empfindliche Böden hat, kann sich bei besonders scharfkantigen Klemmbausteinen über Kratzer im Laminat und auf dem Parkett freuen.

  • Haushaltsgegenstand Nummer 4: Die Puppe
    Einer der überraschendsten Tests ist für uns die Puppe. Diese kleine Dame hatte noch Haare, bevor sie vom ersten Roboter skalpiert wurde. Als Rache für diesen Missbrauch hat sie sich geschworen, die ansonsten perfekten Navigations-Ergebnisse von 1.500-Euro-Robotern zu ruinieren. Ausgesprochen viele Modelle brettern nicht nur über sie drüber, sondern schleifen sie auch durch die halbe Wohnung. Die Puppe hat Jacek übrigens seiner Tochter geklaut – und da heißt es, Verbrechen zahle sich nicht aus.

  • Haushaltsgegenstand Nummer 5: Die Socke
    Unsere Testsocke ist mein absoluter Lieblingstestgegenstand. Roboterhersteller werben schon seit Jahren damit, dass ihre Sprösslinge mit Frontkamera super typische Gegenstände erkennen. Dazu gehören immer Kabel, immer Schuhe und immer Socken. Viele Roboter kommen mit Socken gut klar und umkurven sie zielsicher, aber umso desaströser ist es, wenn ein fast tausend Euro teures Modell so ein Stück Stoff frisst, sich verschluckt und dann kläglich um Hilfe ruft. Manche nehmen das Kleidungsteil immerhin eine Weile mit und wischen damit noch etwas den Boden, bevor sie aufgeben.

  • Haushaltsgegenstand Nummer 6: Der Tierkot
    Tierkot ist kein Haushaltsgegenstand, sagen Sie? Entschuldigung, aber wer ist hier der Haushaltsexperte von CHIP? Wie dem auch sei: Wir nutzen für unsere Tests keinen echten Tierkot, sondern eine Gummi- bzw. Hartplastikattrappe. Sie müssen mir glauben, wenn ich sage, dass ich lange und mit Leidenschaft für den Einsatz des organischen Originals plädiert habe, aber auch hier hat mir das Testcenter mit irrationalen Argumenten wie "Hygiene" und "bist du wahnsinnig?" einen Strich durch die Rechnung gemacht. So geht Qualitätsjournalismus zu Grunde. In unserer Simulation bekommen Roboter bereits keine Punkte, wenn sie die Attrappe auch nur leicht berühren – und das passiert erstaunlich oft.

  • Das testen wir schon gar nicht mehr: Teppichfransen
    Wer unsere Saugrobotertests schon länger verfolgt, wird wissen, dass wir vor einigen Jahren noch lange Teppichfransen in unserem Testverfahren hatten. Das haben wir inzwischen aufgegeben, denn fast jeder Roboter ist dermaßen mies in diesem Test gewesen, dass es in der Note keinen nennenswerten Unterschied gemacht hat. Und Jacek musste dann immer zehn Minuten lang Teppichreste aus den Walzen pulen.

Wie Sie sehen, konnten wir eindeutig beweisen, dass Saugroboter noch lange nicht so weit sind, die deutschen Haushalte zu unterwerfen. Und wenn die das schon nicht können, dann müssen wir uns auch bei anderer KI ja wohl auch keine Sorgen machen, oder? ...Oder?

Saugroboter im CHIP-Test: Alles nicht so dramatisch

Am Ende des nicht ganz ernst gemeinten Kommentars eine kleine, ernstgemeintere Einordnung: Während die humoristische Einschätzung von überraschenden Problemen mit einzelnen Hindernissen im Navigationstest nicht falsch sind, sind sie doch überspitzt. Es gibt nur wenige teure Modelle, die in diesem Test durch die Bank schlecht abschneiden. Oft handelt es sich um eine oder zwei Aspekte, in denen ein Roboter versagt. Unser Test ist zudem auf Verlässlichkeit ausgelegt – die Roboter werden immer mit der schlechtesten Note bewertet, die sie in einem Test einfahren.

Weiterhin sollten Sie vor dem Kauf wissen, dass die Wohnung auch bei navigationsstarken Modellen vor dem Einsatz einigermaßen aufgeräumt sein sollte. Das liegt nicht nur an der erhöhten Fehlerquote durch herumliegende Gegenstände, sondern ein Roboter benötigt auch einfach deutlich länger, je mehr Hindernisse er umfahren muss. Wer für freie Flächen sorgt, der beschleunigt seinen Roboter um einiges. Weitere Informationen zum Thema Saugroboter erhalten Sie in unserem Saugroboter-Test.

Zur vollständigen Bestenliste aller Saugroboter im Vergleich


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