Finanzielle Unterstützung beim Rechtsstreit - Rechtsschutzversicherung: Teures Extra oder unverzichtbarer Schutz?
Stellen Sie sich vor, Sie geraten unerwartet in einen Rechtsstreit. Ob Nachbarschaftsstreitigkeiten, Arbeitsrecht oder Verkehrsdelikte - die Kosten für Anwalt und Gericht schießen schnell in die Höhe. Genau hier zeigt sich die Bedeutung einer Rechtsschutzversicherung.
Eine Rechtsschutzversicherung schützt vor finanziellen Risiken, die mit rechtlichen Auseinandersetzungen verbunden sind, und ermöglicht es Ihnen, Ihr Recht zu verteidigen, ohne finanziell überfordert zu werden.
Das Wichtigste auf einen Blick
Was ist eine Rechtsschutzversicherung?
Eine Rechtsschutzversicherung deckt die Kosten von Rechtsstreitigkeiten in verschiedenen Bereichen wie Arbeits-, Verkehrs- und Mietrecht.
Für wen ist eine Rechtsschutzversicherung sinnvoll?
Sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen können von dieser Versicherung profitieren.
Wann tritt sie in Kraft?
Die Versicherung übernimmt die Kosten nach Ablauf einer je nach Vertrag unterschiedlichen Karenzzeit.
Wie hoch sind die Kosten?
Die Prämien variieren je nach Versicherungssumme, Deckungsumfang und Selbstbehalt.
Ist eine Rechtsschutzversicherung sinnvoll?
Im Vergleich zu essenziellen Versicherungen wie der Privathaftpflicht- und der Berufsunfähigkeitsversicherung, welche im Falle schwerwiegender Vorfälle wie Personenschäden oder berufsbedingter Arbeitsunfähigkeit vor hohen Kosten schützen, stellt die Rechtsschutzversicherung oft nur einen Schutz gegen relativ geringere finanzielle Risiken dar. Statistiken, wie eine Umfrage von Roland Rechtschutzversicherung aus dem Jahr 2022, zeigen, dass lediglich 22 Prozent der Befragten innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren in rechtliche Auseinandersetzungen involviert waren. Dies lässt die Rechtsschutzversicherung im Verhältnis zu ihrem Preis und der niedrigen Wahrscheinlichkeit rechtlicher Konflikte als vergleichsweise teuer erscheinen. Die Entscheidung für eine Rechtsschutzversicherung sollte daher von der persönlichen Situation und potenziellen Risiken abhängig gemacht werden. Für Personen, die in risikoreichen Berufen tätig sind oder täglich pendeln, kann eine Rechtsschutzversicherung durchaus sinnvoll sein. Für andere hingegen kann es ratsamer sein, Geld für potenzielle Rechtsstreitigkeiten beiseitezulegen, anstatt in eine Versicherung zu investieren.
Welche Kosten deckt eine Rechtsschutzversicherung ab?
Wenn die Versicherung zusagt die Kosten des Rechtsstreits zu übernehmen, deckt die Rechtsschutzversicherung in der Regel
Anwaltskosten,
Gerichtskosten,
Kosten für Zeugen und Sachverständige,
die Kosten des Gegners bei einer Niederlage vor Gericht,
Kosten im Ausland, einschließlich Übersetzungs- und Reisekosten ab.
Darüber hinaus bietet sie wenn notwendig auch ein zinsloses Darlehen für Strafkautionen, meist aber keine Übernahme von Geldstrafen oder Bußgeldern. Die Versicherung übernimmt in der Regel auch außergerichtliche Rechtsberatung und Mediation, wobei die Kostendeckung tarifabhängig ist. Viele Anbieter bieten zudem eine telefonische oder Online-Beratung rund um die Uhr an, auch in Bereichen ohne Vertragsrechtsschutz, ohne dass dies als Rechtsschutzfall gilt. Wichtig ist, dass vor einem Rechtsstreit eine Deckungszusage eingeholt wird, da nur so die Kostenübernahme gewährleistet ist. Telefonische Beratungen bedürfen keiner vorherigen Deckungszusage.
Welche Bereiche deckt die Rechtsschutzversicherung ab?
Rechtsschutzversicherungen basieren auf einem Baukastensystem, aus dem die individuell benötigten Schutzmodule ausgewählt werden können. Zu den absicherbaren Lebensbereichen gehören Privatleben, Beruf, Verkehr sowie Wohnen und Immobilien. Dieses Prinzip hat den Vorteil, dass nur die benötigten Leistungen bezahlt werden. Ein Nachteil ist jedoch, dass die Versicherung für nicht eingeschlossene Bereiche keinen Schutz bieten. Besteht beispielsweise nur Verkehrsrechtsschutz und es kommt zu einem arbeitsrechtlichen Konflikt, greift die Versicherung nicht. Es ist daher ratsam, sich vor Abschluss einer Versicherung genau zu überlegen, welche Bereiche abgedeckt werden sollen.
Bereich | Leistungen |
Privatrechtsschutz |
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Berufsrechtsschutz |
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Verkehrsrechtsschutz |
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Wohnrechtsschutz |
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Wichtig zu beachten ist auch, dass eine private Rechtsschutzversicherung einzeln, für Paare oder als Familienrechtsschutz abgeschlossen werden kann. Letztere deckt auch erwachsene, unverheiratete Kinder bis zum Berufseinstieg nach der Erstausbildung ab, unabhängig vom Wohnort. In vielen Tarifen sind darüber hinaus weitere Haushaltsmitglieder wie im Haushalt lebende Eltern oder Schwiegereltern mitversichert, so dass bei der Tarifwahl der versicherte Personenkreis sorgfältig geprüft werden sollte.
Welche Bereiche deckt die Rechtsschutzversicherung NICHT ab?
Eine Privatrechtsschutzversicherung deckt nicht alle Rechtsstreitigkeiten ab. Konflikte, die bereits vor Vertragsbeginn bestanden, sind ebenso ausgeschlossen wie Ereignisse, die erst innerhalb einer üblichen Wartezeit von bis zu drei Monaten eintreten. Diese Wartezeit soll verhindern, dass Kunden erst dann eine Versicherung abschließen, wenn sie schon Probleme haben und Kosten absehbar sind. Soforthilfe gibt es jedoch bei Verkehrsunfällen ohne Wartezeit.
Konkrete Ausschlusskriterien variieren je nach Anbieter. In einigen Fällen zahlt die Rechtsschutzversicherung jedoch grundsätzlich nicht. Dazu gehören folgende Fälle:
Schadenersatzansprüche, die sich nicht aus einer Vertragsverletzung ergeben und stattdessen durch eine Haftpflichtversicherung gedeckt sind,
Vorwürfe von Straftaten, außer in bestimmten beruflichen Zusammenhängen,
Sittenwidrige Handlungen wie rassistische, pornografische oder extremistische Angebote,
Streit um spekulative Kapitalanlagen wie Glücksspiel und Wetten,
Streitigkeiten zwischen Versicherten desselben Familienvertrags, z.B. zwischen Ehepartnern.
Außerdem sind nicht alle Versicherer in ihren Ausschlüssen konsequent. Es kann sich lohnen, die Bedingungen für Bereiche wie Baufinanzierung, Immobilienbesitz, vorsätzliche Straftaten, Urheberrechtsverletzungen oder gewerbliche Tätigkeiten genau zu prüfen, da einige Versicherer hier individuelle Regelungen anbieten.
Wie viel kostet eine Rechtsschutzversicherung?
Die Kosten einer Rechtsschutzversicherung hängen von verschiedenen Faktoren ab, dazu zählen:
Alter
Wohnort
Leistungsumfang
beruflicher Status
Familienstand bzw. mitversicherte Personen
Höhe der Selbstbeteiligung im Schadensfall
und die gewählte Zahlweise (monatlich oder jährlich)
Die folgenden Rechenbeispiele basieren auf einem Kostenvergleich mit dem Vergleichsportal Check24.
So zahlt ein 25-jähriger Angestellter, der nur sich selbst versichert und in München wohnt, für eine Privatrechtsschutzversicherung mit einer Selbstbeteiligung von bis zu 150 Euro etwa zwischen 6,50 Euro und 39 Euro im Monat. Würde die gleiche Person zusätzlich einen Berufsrechtsschutz abschließen, lägen die Kosten zwischen ca. 13,50 Euro und 47 Euro. Wichtig ist, dass der Berufsrechtsschutz nur in Kombination mit dem Privatrechtsschutz abgeschlossen werden kann.
Für einen 44-jährigen Angestellten aus Berlin, der sich inklusive seiner Familie versichert, kostet der Privatrechtsschutz mit einer Selbstbeteiligung von bis zu 150 Euro ca. zwischen 9,75 Euro und 44,50 Euro monatlich. Wählt dieselbe Person ein Komplettpaket, also die Bausteine Privat, Beruf, Verkehr und Wohnen, liegen die Kosten bei gleicher Selbstbeteiligung zwischen ca. 22,75 und 55,75 Euro im Monat.
Tipp: Bei jährlicher Zahlungsweise sind die Kosten in der Regel etwas günstiger. Außerdem gilt: Je höher die Selbstbeteiligung, desto geringer die monatlichen bzw. jährlichen Kosten.
Auf was sollten Sie beim Abschluss einer Rechtsschutzversicherung achten?
Die Konditionen der Versicherung variieren je nach Anbieter. Auf folgende Leistungen sollten Sie jedoch achten:
Versicherungssumme: Die Versicherungssumme sollte mindestens fünf Millionen Euro betragen. Viele Versicherungen bieten sogar eine unbegrenzte Summe an.
Selbstbeteiligung: Empfehlenswert ist eine Selbstbeteiligung bis zu 250 Euro, um Beiträge zu senken. Für bestimmte Beratungen (wie telefonische Beratung, Erstberatung und Mediation) sollte keine Selbstbeteiligung fällig werden.
Geltungsbereich: Der Versicherungsschutz sollte auch im EU-Ausland und weltweit mindestens sechs Monate gelten. Für Reisen außerhalb Europas reicht in der Regel eine Versicherungssumme von 300.000 Euro. Planen Sie eine längere Reise, sollten Sie den Betrag entsprechend anpassen.
Rechtsschutz in Vertrags- und Sachenrecht: Achten Sie darauf, dass Rechtsschutz im Vertrags- und Sachenrecht gewährleistet wird. Damit schützen Sie alles, was in den Bereich der privaten Verträge fällt, wie z.B. Handwerks-, Reise- oder Kaufverträge sowie im Sachenrecht.
Strafrechtsschutz: Die Rechtsschutzversicherung sollte die Kosten übernehmen, wenn dem Versicherten eine Straftat durch Fahrlässigkeit vorgeworfen wird.
Strafkaution: Tarife sollten ein Darlehen von mindestens 100.000 Euro für Strafkautionen vorsehen.
Mediation: Viele gute Tarife zahlen bis zu einer bestimmten Summe für eine außergerichtliche Mediation. Prüfen Sie vor Vertragsabschluss, wie viel die Versicherung pro Fall und Jahr für Mediation bezahlt.
Telefonberatung: Eine Telefonberatung sollte in allen versicherten Bereichen möglich sein, ohne dass dies als kündigungsrelevanter Schadensfall gilt.
Für wen gilt der Schutz? Überprüfen Sie vor Vertragsabschluss, wer in Familientarifen eingeschlossen ist.
Diese Möglichkeiten haben Sie, wenn die Rechtsschutzversicherung nicht zahlt
Lehnt die Versicherung die Kostenübernahme ab, obwohl sachlicher und zeitlicher Versicherungsschutz besteht, kann gegen diese Entscheidung Widerspruch eingelegt werden. Die Ablehnung kann mit mutwilliger Herbeiführung des Rechtsstreits oder mangelnden Erfolgsaussichten begründet werden. Für die Anfechtung stehen Ihnen zwei Möglichkeiten zur Verfügung: das Schiedsgutachten und der Stichentscheid.
Beim Schiedsgutachten bewertet ein vom Versicherten beauftragter Gutachter den Fall und die unterlegene Partei trägt die Kosten. Beim Stichentscheid legt der Anwalt des Versicherten die Erfolgsaussichten dar und die Versicherung übernimmt die Kosten unabhängig vom Ausgang des Verfahrens.
Zusätzlich kann ein Versicherungsombudsmann hinzugezogen werden, der den Fall kostenlos prüft und bei Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 10.000 Euro die Versicherung zur Finanzierung eines Rechtsstreits verpflichten kann.
Kündigungsrechte bei Rechtsschutzversicherungen
Wenn es zwei Mal innerhalb eines Jahres zum Schadensfall kommt, darf der Versicherer den Vertrag vorzeitig kündigen. Telefonische Rechtsberatungen sollte bei einem guten Versicherer nicht als Schadensfall gelten. Außerdem kann sowohl der Versicherer als auch der Versicherte zum Ende jeder Vertragslaufzeit regulär kündigen. Versicherer können auch kündigen, wenn über die Jahre hinweg zu viele Schadensfälle aufgetreten sind, selbst wenn die jährliche Maximalzahl nicht erreicht wurde. Nach einer Kündigung durch den Versicherer ist die Suche nach einem neuen Anbieter oft erschwert, da im Antrag Angaben zur Vorversicherung und Schadenshistorie der letzten fünf Jahre erforderlich sind. Es ist wichtig, hier keine falschen Angaben zu machen, da diese den Versicherungsschutz gefährden können. Eine Möglichkeit wäre, den Versicherer zu bitten, die Kündigung zurückzunehmen, und dann selbst zu kündigen.
Welche Alternativen zur Rechtsschutzversicherung gibt es?
Eine erste kostenlose Rechtsberatung kann oft schon helfen, die Kosten und Erfolgsaussichten eines Rechtsstreits abzuschätzen. Sollte eine weitergehende Beratung erforderlich sein, sind die Kosten für eine anwaltliche Beratung in der Regel selbst zu tragen. Viele Konflikte lassen sich allerdings bereits im vorgerichtlichen Stadium lösen, wodurch die Kosten für eine Beratung in den meisten Fällen aus eigener Tasche gezahlt werden können. Zudem gibt es auch folgende unterstützende Möglichkeiten:
Mieter können sich durch die Mitgliedschaft in einem Mieterverein - für ca. 50 bis 100 Euro im Jahr - bei Problemen rund um die Mietwohnung, wie z.B. einer fehlerhaften Nebenkostenabrechnung oder einer Mieterhöhung, kostenlos rechtlich beraten lassen. Durch eine solche Mitgliedschaft kann in vielen Fällen auf eine spezielle Rechtsschutzversicherung verzichtet werden. Die Mitgliedschaft bietet sofortigen Schutz ohne Wartezeit, im Gegensatz zu einer Rechtsschutzversicherung mit einer üblichen Wartezeit von drei Monaten. Ähnlich profitieren Hauseigentümer von der kostenlosen Rechtsberatung durch die Mitgliedschaft in entsprechenden Grundeigentümer- oder Vermietervereinen.
Gewerkschaftsmitglieder erhalten für ihren Beitrag ebenfalls Rechtsschutz in arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten.
Bei Schadenersatzansprüchen gegen einen selbst greift die Privathaftpflichtversicherung, die sowohl außergerichtlich als auch vor Gericht Schutz bietet.
Für Autofahrer übernimmt die Kfz-Haftpflichtversicherung ähnliche Funktionen. Automobilclubs bieten oft zusätzlich eine verkehrsrechtliche Erstberatung an.
Bei Versicherungsstreitigkeiten kann der Versicherungsombudsmann helfen. Dieser versucht den Streit außergerichtlich zu klären ohne, dass Kosten für Sie anfallen.
Wer den Rechtsweg beschreiten möchte, aber nur über begrenzte finanzielle Mittel verfügt, kann unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe oder für die außergerichtliche Beratung Beratungshilfe beantragen.
Eine Rechtsschutzversicherung bietet jedoch umfassenden Schutz vor hohen Kosten und hilft, das eigene Recht auch gegen finanzstarke Gegner durchzusetzen. Dies kann insbesondere dann wichtig sein, wenn keines der speziellen Unterstützungsangebote greift.