Fisch stinkt vom Kopf - Die Epidemie schlechter Führung: Ein Business-Coach packt aus
Schlechte Führung kann Unternehmen ins Straucheln bringen. Business-Coach Frederik Hümmeke deckt auf, wie Führungsprobleme entstehen und behoben werden können.
Was ist Leadership-Epidemie?
Die sogenannte „Leadership-Epidemie“ bezieht sich auf das weit verbreitete Phänomen schlechter Führung, das zum Standard geworden ist. Dieses Problem entsteht hauptsächlich durch die Art und Weise, wie Führungskompetenzen erlernt werden. Im Studium werden oft Theorien vermittelt, die nicht immer hilfreich sind.
Ein Beispiel dafür ist die Prinzipal-Agenten-Theorie, die häufig eine Art „Wir-gegen-die“-Mentalität zwischen Führungskräften und Mitarbeitern einführt. Darüber hinaus wird Führung am Arbeitsplatz oft gar nicht oder nur von Menschen gelehrt, die sie selbst nicht gelernt haben. Hier wird häufig improvisiert.
Es wird oft vergessen, dass Führung ein separates Thema ist, das von den fachlichen Themen abgegrenzt werden muss. Es geht um das Entwickeln von Menschen! Nur weil jemand der beste Verkäufer oder Ingenieur ist, bedeutet das nicht automatisch, dass er auch die beste Führungskraft ist. Dieser Mangel an adäquater Ausbildung und Verständnis für Führung führt zur „Leadership-Epidemie“.
Was sind die häufigsten Anzeichen für schlechte Führung in einem Unternehmen?
Die häufigsten Anzeichen für schlechte Führung in einem Unternehmen können oft durch übermäßigen Stress bei den Mitarbeitern identifiziert werden. Ein gewisses Maß an Stress kann förderlich sein, da es zur Entwicklung beiträgt. Doch wenn dieser Stress das angemessene Maß übersteigt, führt er zu Fehlern und kann langfristig die Gesundheit der Mitarbeiter beeinträchtigen. Dies ist häufig auf fehlende Klarheit zurückzuführen, die eigentlich durch die Führung bereitgestellt werden sollte.
Die Rolle der Führung besteht darin, Klarheit in Bezug auf das gewünschte Verhalten, die Richtungen sowie die angewendeten Methoden und Vorgehensweisen zu schaffen. Eine effektive Führung nimmt die Ziele der Organisation, segmentiert sie und delegiert dann die Verantwortung für die Zielerreichung an die Mitarbeiter.
Nach dieser Delegation sollten sowohl die Mitarbeiter als auch die Führungskraft genau wissen, was realistischerweise von dem Mitarbeiter erwartet wird und welche Ressourcen und Unterstützung der benötigen, um die Ziele erfolgreich zu erreichen. Wenn Probleme auftreten, ist es Aufgabe der Führung, im Stil eines Coachs zu handeln und die Mitarbeiter weiterzuentwickeln, damit diese ihre Fähigkeiten verbessern können. Führung ist in dem Sinne immer auch langfristige Mitarbeiterentwicklung. Wenn dies geschieht, wird der wichtigste Teil der Führungsarbeit gut ausgeführt.
Wie können Manager ihre Führungsqualitäten verbessern und effektive Leadership-Fähigkeiten entwickeln?
Die Verbesserung von Führungsqualitäten und die Entwicklung effektiver Leadership-Fähigkeiten sind zentrale Herausforderungen für Manager und Führungskräfte. Ein grundlegendes Verständnis des operativen Geschäfts ist dabei unerlässlich. Es ermöglicht eine fundierte Entscheidungsfindung und fördert das Vertrauen der Mitarbeiter. Ohne dieses Verständnis können Entscheidungen getroffen werden, die sich negativ auf den Betrieb auswirken.
Leider leben wir in einer Welt, in der Hochschulabsolventen gern auch mal direkt auf einer Führungsebene einsteigen und nicht nur kein Verständnis des operativen entwickeln, sondern auch nicht wissen, dass ihnen das Verständnis fehlt. Sie treffen dann voller Selbstbewusstsein offensichtlich dumme Entscheidungen die fatal sein können.
Also: Verstehe im Detail, was der Leistungsprozess der Organisation ist. Es ist wichtig, zwischen Management und Führung zu unterscheiden. Während das Management für die Organisation der Ressourcen zuständig ist, beinhaltet die Führung die Definition klarer und akzeptierter Ziele. Diese Ziele werden dann in handelbare Pakete umgewandelt, die vom Management auf die einzelnen Bereiche, Funktionen und Mitarbeiter verteilt werden.
Das Management sorgt auch dafür, dass alle notwendigen Ressourcen zur Verfügung stehen, um diese Aufgaben zu erfüllen. Beides muss von Managern und Führungskräften, auch wenn es in Personalunion ist, gut gemacht werden. Eine der zentralsten Aufgaben der Führung besteht dann darin, den Personalentwicklungsprozess zu leiten. Dies umfasst situatives Coaching, On-the-Job-Training und das Vormachen von Methoden.
Um dies effektiv tun zu können, ist ein tiefgreifendes Verständnis von menschlicher Entwicklung erforderlich. Das Erlernen und Anwenden dieser Methoden kann einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil schaffen. Eine Organisation, in der jeder Mitarbeiter kontinuierlich besser wird, wird letztendlich die besten Mitarbeiter haben und damit auch die besten Leistungen erbringen können.
Welche Rolle spielt die Ausbildung und das Training in der Entwicklung von Führungskompetenzen?
Ausbildung und Training spielen eine entscheidende Rolle in der Entwicklung von Führungskompetenzen. Überraschenderweise melden sich oft diejenigen Führungskräfte nicht für Weiterbildungen an, die sie am dringendsten benötigen würden, während diejenigen, die bereits auf einem guten Weg sind, eher bereit sind, sich weiterzuentwickeln.
Demut ist hierbei ein wichtiger Aspekt: Nur wer bereit ist, seine aktuellen Unzulänglichkeiten zu erkennen, Feedback anzunehmen und selbstkritisch zu sein, kann seine Entwicklungsthemen erkennen und daran arbeiten. Eine gute Ausbildung sollte zunächst darauf abzielen, zu lernen und zu erkennen, was gute Führung ausmacht. Dies bildet die Grundlage zur Identifikation der eigenen Handlungsfelder - Bereiche, in denen man am meisten wachsen kann.
Im nächsten Schritt geht es darum, in diesen Handlungsfeldern wissenschaftlich fundierte Methoden und Best-Practice-Ansätze zu erlernen. Es geht hierbei nicht nur um theoretisches Wissen, sondern vor allem um praktische Anwendung. Nach dem Lernen kommt das Tun: Es reicht nicht aus, theoretisch ein Meeting besser moderieren zu können - man muss es tatsächlich tun. Gute Führungskräfteausbildungen bieten daher intensive Anwendungsbegleitung inklusive Coaching an. Eben solange, bin das neue Können sicher im Anwenden angekommen ist. Das kann schon mal ein Jahr dauern.
Dieses Coaching sollte dann idealerweise fortgesetzt werden - sogar Führungskräfte, die glauben, dass sie keine Verbesserung benötigen, sollten meiner Meinung nach mindestens alle zwei Jahre ihre Führungsqualitäten mittels Coaching reflektieren. Denn es besteht immer die Gefahr einer verzerrten Selbstwahrnehmung, durch die wir möglicherweise Schlüsselthemen übersehen könnten.
Gute Führung wird letztendlich belohnt: Durch fokussiertere und entspanntere Organisationen mit höherer Leistungsbereitschaft und -fähigkeit. Oder kurz gesagt: Mit mehr Erfolg.