Fleischkonsum sinkt, Mitarbeiter fehlen - Fachkräftemangel trifft die Wursttheke: Das ändert sich bei Edeka

Die Wurst- und Fleischtheke hat bei Edeka bald ausgedient.<span class="copyright">picture alliance/dpa</span>
Die Wurst- und Fleischtheke hat bei Edeka bald ausgedient.picture alliance/dpa

„100 Gramm Salami, bitte“, wird in vielen Supermärkten künftig der Vergangenheit angehören. Edeka schafft als erster Anbieter in vielen Filialen die Frischetheke ab oder schränkt sie stark ein. Auch in anderen Ketten geht es um die Wurst.

Irgendwann hatte Max Sauer genug. Er besitzt mehrere Edeka-Filialen in Nordrhein-Westfalen, doch anstatt die nur vom Schreibtisch aus zu managen, stand er zuletzt immer häufiger hinter der Wurst- und Fleischtheke seiner Läden – aus der Not heraus. Zu viele Fleischermeister und Fachverkäufer hatten sich gleichzeitig krankgemeldet. Dabei ist das Personal an den Theken sowieso schon rar gesät. Jetzt hat Sauer die Reißleine gezogen. In einigen Märkten schaffte er die Frischetheke kurzerhand ab, hier gibt es nur noch vorverpackte Fleischwaren.

Ein Beispiel, das künftig in vielen Edekas in Deutschland droht. Der Mutterkonzern der Franchise-Nehmer kündigte jetzt an, die Märkte in den Regionen Südwest, Nordbayern, Südbayern, Nord und Minden-Hannover schrittweise umzubauen. Darüber berichtet die Lebensmittel-Zeitung . Aus den bisherigen Fleisch-, Wurst- und Käsetheken sollen flexible Theken werden. Das bedeutet, es werden mehr vorverpackte Waren angeboten und Personal bedient nur noch zu bestimmten Stoßzeiten oder gar nicht mehr.

Kunden kaufen immer weniger Fleisch

Für den Schritt gibt es zwei Gründe: Der eine ist der Fachkräftemangel. Es fehlt besonders an Fleischermeistern. „Ich habe mich händeringend um einen Meister und Fachpersonal bemüht. Aber da kam nichts“, sagt etwa Anja Kost, die einen Edeka in Bad Segeberg in Schleswig-Holstein betreibt, gegenüber dem Hamburger Abendblatt .

Auch aus anderen Landesteilen wird dasselbe Problem gemeldet: Der Kreis Lörrach an der Schweizer Grenze flog deswegen 2022 bereits 13 Azubis aus Indien in einem Pilotprojekt ein. In Minden bildete die Edeka-Gruppe im vergangenen Jahr 35 Fleischermeister selbst aus – aber es reicht nicht. Um Fleischermeister zu werden, muss man erst eine Fachausbildung haben und schon die gehört nicht zu den beliebtesten Ausbildungsberufen in Deutschland.

Das mangelnde Interesse am Beruf deckt sich mit einem anderen gesellschaftlichen Trend: Es wird immer weniger Fleisch gegessen. 2023 lag der durchschnittliche Pro-Kopf-Verzehr in Deutschland nur noch bei 51,6 Kilogramm. Noch 2018 waren es 60,9 Kilogramm, 2011 sogar 63,8 Kilogramm. Während dahinter ein längerer gesellschaftlicher Trend steht, der sich etwa in mehr Veganern und Vegetariern, aber auch einem geringeren Konsum von Fleischessern ausdrückt, gibt es für den plötzlichen Abschwung der vergangenen beiden Jahre noch einen weiteren Grund: Wegen der hohen Inflation müssen viele Menschen sparsamer leben und teures Fleisch ist dann oft der Punkt, an dem bei Lebensmitteln zuerst gespart wird. Wenn weniger Fleisch gegessen wird, verkaufen Supermärkte aber auch weniger, ergo brauchen sie dafür auch weniger Personal – und irgendwann lohnt sich dann eine Frischetheke nicht mehr.

Welche Pläne die Edeka-Konkurrenz hat

Edeka ist jetzt der erste der großen Märkte, der angekündigt hat, die Theken einzuschränken oder abzuschaffen. Vereinzelt gab es aber auch schon Rewe-Märkte, bei denen die Frischetheken in den vergangenen Jahren ihren Dienst zurückfuhren – aus denselben Gründen. Der Konkurrent Edekas testet deswegen auch seit zwei Jahren ein Konzept, bei dem in einigen Märkten die Fleischtheke auch vegetarische und vegane Alternativen anbietet. Inwiefern das aber den Personaleinsatz rechtfertigt, muss sich noch zeigen.

Auch abseits der Mitarbeiter sind Frischetheken ein Kostenpunkt, denn es braucht entsprechende Kühlräume und Gerätschaften, die bei vorverpackter Ware wegfallen. Die Discounter Aldi und Lidl haben deswegen auch erst gar keine Theken.

Das Ganze ist auch kein deutsches Problem: Auch in anderen Ländern verschwinden die Fleisch- und Wursttheken immer häufiger aus den Supermärkten. Die Deutschen teilen ihr Leid damit besonders mit Großbritannien, wo die Ketten Tesco und Sainsbury einen ähnlichen Weg gehen wie Edeka.

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