FOCUS Briefing von Tanit Koch - SPD-Chef unterliegt Irrtum der US-Demokraten - auch die Union lernt nicht aus Fehlern
Aus Fehlern soll man bekanntlich lernen, am besten aus den Fehlern anderer. Doch die SPD, so wirkte es bei ihrem Selbstbeschwörungs-Parteitag, ist im Begriff Fehler zu wiederholen – die der US-Demokraten aus dem letzten Wahlkampf. Team Kamala malte damals das Ende der Demokratie an die Wand, sollte Donald Trump gewinnen. Doch die meisten Wähler ließ das kalt.
Dennoch warnten am Wochenende erst Parteichef Lars Klingbeil und direkt nach ihm Kanzlerkandidat Olaf Scholz vor dem österreichischen Menetekel für den liberalen Rechtsstaat. Das ist nicht völlig abwegig. Ob sich aber deutsche Wahlberechtigte aus Angst vor dem Kickl Herbert in die Arme der SPD flüchtet? Zweifelhaft.
Im nächsten Schritt polierte Klingbeil dann das Feindbild Union: „Von Montag bis Mittwoch stellen sie populistische Forderungen auf dem Rücken von Arbeitslosen auf, und von Donnerstag bis Samstag geht’s um Migranten und Migration.”
SPD-Chef Klingbeil unterliegt wohl einem Irrtum der US-Demokraten
Naja, mit Migration sprechen CDU/CSU damit immerhin ein Thema an, das laut ARD-Deutschlandtrend 37 Prozent der Deutschen für eines der wichtigsten Probleme halten.
Klingbeil hingegen unterliegt offenbar einem weiteren Irrtum der US-Demokraten: Sie glaubten lange, dass sogenannte Latinos automatisch für die migrationsfreundlichste Partei stimmen würden. Doch Donald Trump, der die größte Abschiebewelle der US-Geschichte ankündigt, erhielt mehr Latino-Stimmen als jeder Republikaner vor ihm.
Denn Migranten sind keine homogene Gruppe. Je integrierter Menschen mit Migrationsgeschichte sind, desto weniger fühlen sie sich als Migranten, sagen Politikwissenschaftler. Vielmehr seien sie oft skeptisch gegenüber weiterer Migration, weil sie dadurch Nachteile befürchten.
Auch die Union tut sich schwer, aus Fehlern klug zu werden
SPD-Co-Chefin Saskia Esken mag also von Friedrich Merz’ neuer Forderung schockiert sein, Doppelstaatlern bei schweren Verbrechen den deutschen Pass wieder wegzunehmen. Man ahnt jedoch, dass die meisten Einwanderer – die friedlichen also, die in Sicherheit leben wollen – überhaupt kein Problem damit haben, wenn ein Mörder oder Terrorist wieder des Landes verwiesen wird.
Immerhin tut sich auch die Union schwer damit, aus Fehlern klug zu werden. Ihren eigenen: In der CSU wird wieder mal gelästert, über zu wenig Präsenz und Einsatz des CDU-Chefs. Fehlt nur noch, dass Markus Söder wie im Juli 2021 öffentlich den „Schlafwagenwahlkampf“ kritisiert.
Dabei ist für den Weg ins Kanzleramt nicht so entscheidend, ob man im ICE oder auf der Draisine sitzt – sondern vielmehr, ob man es gemeinsam tut. Oder sehe ich das falsch?