FOCUS-Briefing von Thomas Tuma - Papier-Desaster der Bundeswahlleiterin zeigt das So-geht’s-nicht-Deutschland

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Bundeswahlleiterin Ruth Brand.dpa

Bundeswahlleiterin Ruth Brand lehnt einen Wahltermin vor März ab. Peinlich ist nur, welche Gründe sie dafür nennt - und dass sie ihre Nähe zum Kanzler kaum verstecken kann.

Erinnern Sie sich an die  Frühphase von Corona ? Als plötzlich das  Toilettenpapier  ausverkauft war und man nur noch in die kahlen Regale starren konnte? Es war wie bei einem Tsunami, wo sich bekanntlich erst das Meer zurückzieht, bevor der ganz große Hammer kommt. Ich ahnte damals, dass sich damit die erste von diversen noch lauernden  „Zeitenwenden“  manifestiert hatte. Kam dann ja auch so.

Vielleicht ist  Ruth Brand  seither papiertechnisch einfach traumatisiert. Die 57-Jährige ist nicht nur  Chefin des Statistischen Bundesamtes , sondern auch  Bundeswahlleiterin . Als die Ampel-Regierung sich nun selbst abschaltete und Neuwahlen nötig macht, alarmierte sie schriftlich ihren „Sehr verehrten Herrn Bundeskanzler“ über die drohenden Schwachstellen. Darf man das in diesem Fall  „Brand-Brief“  nennen?

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Eindringlich warnte sie, eine Wahl vor März wäre viel zu kurzfristig. Es ging ihr um „die Bereitstellung der notwendigen IT-Infrastruktur“,  „hybride Bedrohungen“ , die personell schwierige Weihnachtszeit und überhaupt „unwägbare Risiken“, die allerdings im Nebel blieben: Einmarsch der Russen? Unbeheizte Wahllokale in Stehimbissen? Feiertagsarbeit im Öffentlichen Dienst?

Frau Brand sah auch die  „zunehmend erschwerte Beschaffung von Papier“  als großes Risiko. Das drittgrößte Industrieland der Welt muss also eine Wahl verschieben, weil Papiermangel herrscht und das Christkind anrückt? Die ganze  Dysfunktionalität der Republik  mit all ihren durchbürokratisierten So-geht’s-nicht-Ritualen war hier plötzlich hochkonzentriert zu besichtigen. Der Shitstorm hält seither in Tsunami-Größe an.

Lustig war noch, als polnische Politiker augenzwinkernd Unterstützung versprachen. Weniger lustig schon, dass der Verband der Papierindustrie der Top-Beamtin empört widersprach. Und gar nicht mehr lustig ist, dass die Union sie am Mittwoch publikumswirksam  vor den Innenausschuss  zitieren will. Der Verdacht liege nahe, so die Union, dass der Kanzler Frau Brand instrumentalisiert habe, die ihren Brief obendrein  „Mit ausgezeichneter Hochachtung“  beendete.

Wohin mag die nächste Umdrehung dieser Empörungsspirale führen? Können Toilettenpapier-Reserven von Markenherstellern evtl. kurzfristig zu  dreilagigen Wahlzetteln  umgewidmet werden? Aus Schwertern wurden ja auch schon Pflugscharen.  Alles im Dienste der Demokratie , die Frau Brand übrigens in ihren Grundfesten bedroht sieht, wenn man nicht auf sie hört und zu schnell wählt.

Es ist schon eine große Ironie, dass nun ausgerechnet sie als Karikatur  deutscher Beamten-Bräsigkeit  herhalten muss und ihre Aktion bei vielen den Glauben in eben diese Demokratie erst recht schwächt. Es könnte ein kalter Winter werden für Frau Brand, oder?

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