FOCUS exklusiv - Schlappe für Pistorius! Marine wartet weiter auf neue Einsatzboote
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius tritt oft mit markigen Worten und großen Ankündigungen auf. Sich selbst hatte er das Ziel gesetzt, das Beschaffungswesen wieder auf Vordermann zu bringen. Doch nun scheitert ausgerechnet die vergleichsweise einfache Beschaffung neuer Einsatzboote für die Marine.
Das Kommando Spezialkräfte der Marine (KSM) steht weiterhin ohne neue Einsatzboote da. Das geht aus einer Antwort des Bundesverteidigungsministeriums auf eine schriftliche Anfrage des CDU-Bundestagsabgeordneten Ingo Gädechens hervor, die FOCUS exklusiv vorliegt. Demnach befinde sich die Beschaffung neuer KSM-Einsatzboote „im regierungsinternen Verfahren und ist insofern noch nicht abgeschlossen“, wie das Ministerium mitteilte. Das selbstgesteckte Ziel von Verteidigungsminister Pistorius, der Marine im Wahljahr 2025 neue Einsatzboote zu übergeben, ist damit zunichte gemacht.
Verteidigungsminister wollte das Beschaffungswesen reformieren
Für Boris Pistorius stellt das ein ernstzunehmendes Problem dar. Denn zum einen wollte der Verteidigungsminister vor der Bundestagswahl im September 2025 die Botschaft verkünden, endlich das Beschaffungswesen der Bundeswehr reformiert zu haben. Zum anderen läuft 2026 die bereits verlängerte Nutzungsdauer der aktuellen Einsatzboote endgültig aus. Im schlimmsten Fall läuft die Marine damit in eine Fähigkeitslücke.
Die Gründe dafür, warum sich das Projekt weiterhin im Vergabeverfahren befindet und der Zeitplan des Ministeriums nicht eingehalten wird, verschweigt das Haus in den Antworten an Gädechens. Denn tatsächlich stellte das Verteidigungsministerium bereits im März 2020 den Bedarf für neue Einsatzboote fest. Bis 2024 sollten neun Festrumpfschlauchboote beschafft werden – so lautete der Plan. Trotz erheblicher Bedenken des Bundestags, der ein Scheitern der Beschaffung aufgrund technischer Probleme befürchtete, schloss das Verteidigungsministerium im Juni 2022 einen Vertrag mit einer Firma. Wenige Monate später, Anfang 2023, wurde derselbe Vertrag gekündigt. Der Grund: Die Firma könne die technischen Anforderungen der Bundeswehr nicht erfüllen.
CDU-Politiker Gädechens bezeichnet Beschaffungsprojekt als “Trauerspiel"
Pistorius, der zu dem Zeitpunkt gerade das Amt des Verteidigungsministers angetreten ist, wollte aus diesem Scheitern Lehren ziehen. Das zweite Vergabeverfahren stand unter der Devise: Die gewünschten Boote müssten marktverfügbar sein. „Die technischen Forderungen wurden dafür entsprechend angepasst“, erklärte das Ministerium damals. Ende Juni 2024 sollte ein neuer Vertrag durch das Parlament gebilligt werden. Der Zeitpunkt ist nun längst verstrichen, ein Vertrag wurde jedoch nicht gebilligt, da keiner vorlag. Daher wird nun gemutmaßt, dass die technischen Anforderungen der Bundeswehr weiterhin zu hoch seien.
CDU-Politiker Gädechens bezeichnet das Beschaffungsprojekt nun als ein „Trauerspiel“. „Selbst bei überschaubaren Beschaffungsvorhaben scheint es unmöglich zu sein, Projekte schnell und erfolgreich umzusetzen.“ Gädechens kommt daher zu dem Schluss: „Trotz großer Worte und vielen Ankündigungen – wirklich besser geworden ist es auch unter Pistorius nicht.“