FOCUS online vor Ort - Einsturz-Drama in Moselort: So lief die Rettung im „Herzen von Kröv“ ab
Ein Hotel in Kröv ist eingestürzt. Zwei Menschen starben in den Trümmern. Bei FOCUS online erzählt eine Einsatzkraft von den schwierigen Umständen der Bergung. Denn zunächst war die Hoffnung auf Überlebende mehr als gering.
Ein dumpfer Knall, dann die Sirenen der Einsatzkräfte. Was folgt, ist die stundenlange Suche nach Überlebenden. Am späten Dienstagabend (6. August) ist ein Hotel im Moselort Kröv eingestürzt. Bei dem Kollaps starben zwei Menschen, sieben wurden verschüttet. Im Laufe des Mittwochs konnten sechs gerettet werden, am späten Mittwochabend arbeitete man noch immer an der Bergung der siebten Person. Dass sechs Menschen lebend aus den Ruinen geholt werden konnten, gleicht einem Wunder. Denn als die Rettungskräfte am Unfallort in Kröv eintrafen, hatte man zunächst wenig Hoffnung, in den Trümmern so viele Menschen lebend bergen zu können.
Das „Herz von Kröv“ ist eingestürzt
Während in Kröv am Mittwochnachmittag durch die Altstadt an der Mosel flanierten, in Restaurants saßen oder in den Weinstuben nach Weinen suchten, fand in der Ortsmitte eine langwierige Rettungsaktion statt. Denn als die Kräfte vom Roten Kreuz, THW und Katastrophenschutz eintrafen, wirkte auf den ersten Blick alles normal. Erst dann fällt auf: Bei dem Hotel ist ein Stockwerk quasi zerquetscht worden.
Besonders schlimm für den Ort: Es ist nicht „irgendein Hotel“ eingestürzt, sondern ein zentraler Punkt für das soziale Leben in der Ortschaft. Seit vielen Jahren dienen das Hotel und dessen Kneipe als Anlaufpunkt.
„Es war das Herz von Kröv“, sagt Anwohner Richard Schneider im Gespräch mit FOCUS online. Er selbst sei gerne dort gewesen. „Es war ein altes Gebäude, aber von Innen sah alles noch gut aus“, resümiert er. Auch das Wirt-Ehepaar war sehr beliebt. Doch dann schallte ein Knall durch Kröv, der alles veränderte. Am Mittwoch läuft Schneider mehrfach um den Unfallort herum und sieht wie Einsatzkräfte seit der Nacht zu Mittwoch alles geben, um Menschenleben zu retten.
So lief die Rettung von Kröv ab
„Erste Einsatzkräfte der Feuerwehr waren schon vor Ort, dann haben wir eine phasenweise Erkundung durchgeführt“, so Jörg Teusch vom Brand- und Katastrophenschutz Bernkastel-Wittlich zu FOCUS online. Man sei zunächst um das Gebäude herum gelaufen, um sich einen Überblick zu verschaffen. „Wir haben versucht, die Treppeneingänge zu erkunden“, führt Teusch weiter aus. „Diese waren aber versperrt, weil die Gebäudestruktur eingestürzt war.“ Das bedeutet: Absolut kein Durchkommen für die Einsatzkräfte. Zunächst mussten Aufräumarbeiten stattfinden.
„Im Rahmen der Einsatzplanung schauten wir, wie wir das Gebäude stabilisieren können. Denn es hat sich noch immer bewegt. Es war instabil“, so Teusch. Heißt: Die Einsatzkräfte agierten unter Lebensgefahr! „Hätte sich das Gebäude zu viel bewegt, wäre ein Alarm ausgeschlagen und die Rettungskräfte hätten das Gebäude umgehend räumen müssen.“ Ein Zentimeter Veränderung hätte den Abbruch der Mission bedeutet.
„Es gab keine Schreie der verschütteten Personen“, beschreibt Teusch die Szene zu Beginn des Einsatzes. Eine niederländische Mutter machte jedoch ganz anders auf sich aufmerksam: Mit dem Handy. Sie telefonierte mit der Einsatzleitung. Doch die Technik versagte, als es wirklich wichtig war. Teusch: „Ihr Handy-Akku wurde langsam leer. Wir haben das Gespräch daher eingeschränkt, um die Energie zu sparen und diesen Kommunikationsweg offen zu halten.“
Sechs Menschen wurden bis zum Nachmittag gerettet. Doch was macht die Bergung der siebten Person so schwer? Ist es komplizierter, zu der verschütteten Frau zu gelangen? Ist sie am leichtesten verletzt? Nein, ihr Zimmer liegt schlicht am weitesten vom Eingang der Rettungskräfte entfernt. „Sie ist ein Zimmer weiter weg als die anderen Personen. Der Zugang muss erst geschaffen werden“, berichtet der Stabsleiter.
Doch wie sieht es jetzt innerhalb der Hotel-Ruinie aus? „Es sind noch immer 90 Prozent mit Geröll verstopft. Wir haben nur Gänge – teilweise von 40, 50 Zentimetern Breite – gegraben, um zu den Personen zu gelangen“, so Teusch am Abend. Diese wurden mit Hunden und Ortungsgeräten in der Hotelruine ausfindig gemacht. Man hat Telefon- und Rufkontakt hergestellt. Mit den verschütteten Personen war man daher nahezu ständig in Kontakt.
Wie geht es nach der Bergung weiter?
Das Hotel ist eingestürzt, das Innere mit Geröll verschüttet. Anwohner aus den anliegenden Häusern wurden evakuiert. Für Kröv war dieser Mittwoch ein trauriges Kapitel in der Stadtgeschichte. Doch wie geht es mit der Ruine weiter?
„Das Gebäude wird eine polizeiliche Lage“, erklärt Teusch. „Die Polizei hat einen Gutachter beauftragt. Der schaut, ob es Faktoren gab, die den Einsturz begünstigt haben.“ Bislang war von Bauarbeiten am Gebäude die Rede, allerdings wurde nur ein wenig Putz abgetragen. Die Statik des Hauses könne dies nicht beeinträchtigt haben, wie FOCUS online aus Einsatzkreisen erfahren hat. „Am Donnerstag werden die Anwohner erfahren, ob die nachbarlichen Häuser wieder bezogen werden können.“ Bleibt immerhin ein weiterer Funken Hoffnung für das normale Leben in Kröv.