FOCUS online vor Ort in Thüringen - Und dann schreien AfDler auf Höckes geheimer Wahl-Party: „Jetzt geht's los“

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AfD-Anhänger haben am Sonntagabend viel zu feiern. Bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen holen sie historisch viele Wählerstimmen. In Erfurt sehen sich Reporter gleich mehreren Herausforderungen ausgesetzt.

Nur der Jubel dringt kurz nach außen. Am Sonntagabend, kurz nach 18 Uhr, rufen die AfD-Anhänger im Erfurter Restaurant Hopfenberg „Jetzt geht’s los!“ und den Namen ihres Landesvorsitzenden: „Höcke!“.

Gerade sind die ersten Hochrechnungen in den Nachrichten gelaufen. Mehr als 30 Prozent der Stimmen, stärkste Kraft in Thüringen – besser hätte die Landtagswahl in Thüringen aus ihrer Sicht kaum laufen können.

AfD lässt keine Journalisten zu Wahlparty zu

Doch diesen historischen Tag feiert die AfD hinter verschlossenen Türen: Vor dem Landgericht Erfurt hatten eigentlich mehrere Medien eine Zulassung zur Wahlparty erstritten. Auf eine Anfrage von FOCUS online reagierte die Partei nicht. Stattdessen sagte sie die Veranstaltung kurzerhand ab und kommt am Sonntagabend trotzdem im Hopfenberg zusammen; nur wenige Hundert Meter entfernt vom Landtag. Auf einer Wiese an der Einfahrt tummeln sich dutzende Medienvertreter, doch einen Ansprechpartner finden sie hier nicht.

Die AfD feiert ihren Wahlerfolg in Thüringen im "Hopfenberg".<span class="copyright">FOCUS online</span>
Die AfD feiert ihren Wahlerfolg in Thüringen im "Hopfenberg".FOCUS online

 

Nur kurz lässt sich Torben Braga, Vorstandsmitglied im AfD-Landesverband, vor dem Restaurant blicken. Als stärkste Kraft im Land meldet er den Regierungsanspruch für seine Partei an, weiß aber um die Problematik: Keine andere Partei will mit denen zusammenarbeiten, die der Verfassungsschutz als rechtsextrem einstuft.

Am Montagabend werde der Vorstand bei einer Sitzung entscheiden, welchen potenziellen Koalitionspartnern er Gesprächsangebote machen werde. „Wir wissen, mit welcher Antwort wir zu rechnen haben“, merkt Braga an, bevor er wieder im Restaurant verschwindet.

Landesvorsitzender Höcke spricht von „historischem Sieg“

Auch Höcke als Landesvorsitzender hat den wartenden Journalisten nicht viel zu sagen, als er für einen weiteren Termin Richtung Auto schreitet. In Siegerpose, mit Daumen nach oben gerichtet, lässt er sich gerne kurz ablichten und spricht von einem „historischen Sieg“, den seine Partei errungen habe.

Dann verschwindet er für knapp zwei Stunden. Bei seiner Rückkehr würdigt er die Presse kaum eines Blickes. Kommentarlos geht er zielstrebig Richtung Eingang und ist dann auch schon wieder verschwunden.

Der Landesvorsitzende Höcke bei seiner Rückkehr zur Wahlparty.<span class="copyright">FOCUS online</span>
Der Landesvorsitzende Höcke bei seiner Rückkehr zur Wahlparty.FOCUS online

 

Zwei Versuche wagen die Journalisten vor Ort noch. Zunächst lassen sie noch einmal Braga vor die Kameras treten. Gerüchte machen die Runde, dass doch Medienvertreter vor Ort seien, namentlich das rechtsextreme Compact-Magazin. Das wäre ein Verstoß gegen das Gerichtsurteil, Medien einen gleichberechtigten Zugang zur Wahlparty ermöglichen zu müssen.

„Sie können gerne vor Gericht ziehen“, wiegelt Braga ab und schiebt hinterher: „Es sind keine Medienvertreter anwesend.“ Anschließend verschafft sich die Polizei selbst einen Eindruck der Innenräume und berichtet, dass sie keine professionelle Presse gesehen habe.

Angetrunkener AfD-Sympathisant geht ARD-Kamerateam an

Während die meisten Journalisten vor dem Hopfenberg nun entnervt aufgeben und abreisen, endet der Arbeitstag für ein Kamerateam der ARD mit einer unangenehmen Erfahrung. Ein sichtlich angetrunkener Mann in blauem AfD-T-Shirt stellt sich minutenlang vor die Gruppe und schimpft auf die angebliche „Staatspresse“ und die „Zwangsgebühren“. Ein Streamer dokumentiert die Szene auf seinem Kanal.

Für die Fernsehteams gehöre das mittlerweile zum Alltag, wenn sie über die AfD berichten, erzählt ein Crew-Mitglied. Wo möglich versuchen sie, im Dialog zu bleiben. Doch bei dem Mann sei das aussichtlos gewesen. „Da war nichts Substanzielles – das bringt niemandem was“, kommentiert er später.

So bleibt ihnen nur, zu warten, bis auch der aus Norddeutschland angereiste AfD-Anhänger abzieht. Der Abschluss eines chaotischen Tages, der auf mindestens ebenso chaotische Folgetage einstimmt.