FOCUS-online-Schwerpunkt „Clans“ - Problem nur aufgebauscht? Nein, die Clan-Kriminalität gefährdet unseren Rechtsstaat

Abou-Chaker, Remmo, Al Zein, Miri – Namen, die für spektakuläre Straftaten und tiefe Verachtung unseres Staates stehen. Angehörige der Großfamilien fordern Polizei und Justiz bereits seit mehreren Jahren heraus und verunsichern die Bürger. Einblicke in ein knallhartes Macht-Imperium.

Sie hassen unsere Werte und Gesetze, zocken das Sozialsystem ab, begehen schwerste Straftaten, schüchtern Zeugen ein und bedrohen Staatsanwälte – kriminelle Clans vorwiegend aus dem arabischen Raum machen Deutschland seit Jahrzehnten unsicher.

Die Köpfe der Szene, allen voran Figuren wie Arafat Abou-Chaker, Issak Remmo oder Mahmoud Al Zein, halten Polizei und Justiz auf Trab und verbreiten nicht nur in Großstädten wie Berlin und Bremen oder im Ruhrgebiet Angst und Schrecken.

Ein ums andere Mal verhöhnen sie unseren Rechtsstaat. Selbst als Angeklagte vor Strafgerichten treten sie großkotzig und mit einer Ihr-Könnt-Uns-Gar-Nichts-Attitüde auf.

Raubüberfälle, Schießereien, Drogenhandel, Schutzgelderpressung, illegales Glücksspiel, Waffengeschäfte, Betrug, Verachtung staatlicher Autoritäten, aggressives Imponiergehabe, aber auch Regelbrüche wie Fahren ohne Führerschein, Gewerbeverstöße in Shisha-Bars und Drohungen – all das gehört zur DNA dieser Gruppen. Sie sind sich ihrer unheimlichen Macht absolut bewusst und spielen sie knallhart aus.

Clan-Kriminalität: Echte Gefahr oder aufgebauschtes Problem?

Strafverfolger und etliche Innenpolitiker halten Clan-Kriminalität für ein ernst zu nehmendes Sicherheitsproblem. Einige Migrationsforscher oder Islamwissenschaftler widersprechen und senden stattdessen die Botschaft aus: Alles halb so wild, macht mal nicht so einen Wind!

Dabei verweisen sie auf den – statistisch gesehen – „minimalen Anteil“ der von Clans begangenen Gesetzesbrüche.

So machten sämtliche als „Clan-Kriminalität“ kategorisierten Straftaten

  • in Berlin nur 0,17 Prozent,

  • in Nordrhein-Westfalen nur 0,48 Prozent und

  • in Niedersachsen nur 0,76 Prozent

aller registrierten Straftaten in der Polizeilichen Kriminalstatistik aus. Die tatsächliche Zahl dürfte sogar noch niedriger liegen, argumentieren die Theoretiker unter Verweis auf unterschiedliche Erfassungskriterien in den Bundesländern.

Der „Mediendienst Integration“ spricht denn auch von einem krassen „Missverhältnis zwischen behaupteter und tatsächlicher Größe des Sicherheitsproblems“, was bei reiner Betrachtung der Fallzahlen durchaus plausibel erscheint.

Doch wer das Treiben krimineller Clans auf die relativ geringe Zahl der polizeibekannten Straftaten reduziert, lässt einen entscheidenden Fakt außer Acht:

Das rücksichts- und respektlose, teilweise brutale und menschenverachtende Auftreten der Clan-Straftäter rührt an den Grundfesten unseres Rechtsstaats.

Clan-Straftäter rühren an Grundfesten unseres Rechtsstaats

Clan-Größen leben nach eigenen Gesetzen, spielen nach ihren eigenen Regeln. Der Raub der Goldmünze im Berliner Bode-Museum oder der Einbruch ins Grüne Gewölbe in Dresden zeigen: Die Täter schrecken vor nichts zurück, auch nicht vor Angriffen auf Polizisten. Mit ihrem aggressiven, gewalttätigen Gebaren schüren sie ein Klima der Angst.

Kein Wunder, dass sich viele Menschen in den von Clan-Kriminalität betroffenen Regionen wie Berlin oder NRW bedroht, eingeschüchtert und in ihrem Sicherheitsgefühl beeinträchtigt fühlen.

Jahrelang sah sich die Staatsmacht außerstande, den berüchtigten Clan-Dynastien Einhalt zu gebieten oder einzelne Täter, sofern rechtlich überhaupt möglich, aus Deutschland abzuschieben. Oft fehlte es schon am politischen Willen.

„Da wurde 20 Jahre lang gepennt“, so ein Ermittler aus Berlin lakonisch. Bereits 2003 hatten Polizisten vor einer Verbrechenswelle durch arabische Großfamilien gewarnt und die Politik zum Handeln aufgefordert – doch die Volksvertreter verharrten im Tiefschlaf.

Erst in letzter Zeit legen die Behörden eine härtere Gangart an den Tag – mit Razzien in Wettbüros und Shishabars, Kontrollen, Sicherstellungen, Verhaftungen, Verurteilungen oder öffentlichkeitswirksamen Kampfansagen an die Szene. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) spricht gern von einer „Politik der 1000 Nadelstiche“.

Während große Teile der Bevölkerung das entschlossene Eingreifen des Staates ausdrücklich begrüßen, warnen Forscher vor negativen Effekten. Die Null-Toleranz-Politik gegenüber Clans führten zur „Stigmatisierung der Betroffenen“, sagt etwa der Politikwissenschaftler Mahmoud Jaraba.

Er kritisiert, dass Angehörige eingewanderter Großfamilien oft „unter Generalverdacht gestellt“ würden. Sie erlebten eine „erhebliche Diskriminierung im Alltag, in der Schule, bei der Jobsuche und auf dem Wohnungsmarkt“.

Dabei seien die meisten von ihnen „nicht kriminell“, mahnt der Experte, was absolut logisch erscheint. Schließlich sind viele Clans bis zu 15 Generationen alt und haben mehrere Hundert oder gar Tausende Mitglieder.

Für Clan-Bekämpfer stellen die kriminellen Umtriebe der Gruppen eine echte Herausforderung dar.

Ermittler über Clan-Kriminelle: „Das alles ist kein Spaß“

„Unsere ‚normalen‘ Methoden zur Zerschlagung von Banden funktionieren nicht, etwa durch das Einschleusen von V-Leuten oder das Finden von Kronzeugen, die auspacken. Sie kommen einfach nicht rein in den Clan“, berichtet Bernard Südbeck, Leitender Oberstaatsanwalt in Osnabrück. „Aus dem Familienverbund packt niemand aus, es gibt keine Kronzeugen.“

Wenn man den Straftätern doch mal auf die Pelle rückt, müssen die Ermittler mit Gegenwehr und Anfeindungen rechnen. Da werden Polizsten auf Streifenfahrt ausgebremst und angepöbelt. Einem Staatsanwalt haben Clan-Leute schon auf offener Straße vor die Füße gespuckt. Man forscht auch gern nach den privaten Adressen der Ermittler. „Das alles ist kein Spaß“, warnt ein Kripo-Mann.

FOCUS online widmet dem Phänomen „Clan-Kriminalität“ einen großen Schwerpunkt.

In einer Artikelserie begeben sich Reporter auf Spurensuche tief in das kurdisch-arabische Clan-Milieu, analysieren Strukturen, Netzwerke und Methoden der gefährlichen Gruppen. Sie sprechen mit Ermittlern der Polizei, Innenpolitikern, Clan-Forschern. Anhand interner Justizakten decken sie auf, mit welchen Tricks Clan-Täter arbeiten und wie die Fahnder ihnen auf die Schliche kommen.

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