0,25 Prozentpunkte - EZB senkt die Zinsen – jetzt müssen Kreditnehmer und Sparer umplanen

Treibt die Zinswende voran: EZB-Chefin Christine Lagarde.<span class="copyright">IMAGO/Hannelore Förster</span>
Treibt die Zinswende voran: EZB-Chefin Christine Lagarde.IMAGO/Hannelore Förster

Die EZB hat ihren Leitzins am heutigen Donnerstag wie erwartet um weitere 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Die Folgen treffen alle, die ein Konto besitzen. FOCUS online erklärt, was das für Kredite, Sparbücher und Tagesgeldkonten bedeutet. Besonders Kreditnehmer müssen jetzt umdenken.

Die Zinswende geht weiter: Im Juni hat die EZB ihren Leitzins erstmals seit 2019 gesenkt, damals um 0,25 Prozentpunkte. Mit der erneuten Senkung um 25 Basispunkte liegt der Leitzins der Eurozone jetzt bei 3,5 Prozent. Der neue Zins gilt ab 18. September.

Der Schritt kommt erwartet: 85 Prozent aller Ökonomen hatten eine Zinssenkung um 0,25 Prozent vorausgesagt. Die meisten von ihnen halten bis Jahresende eine weitere Zinssenkung für wahrscheinlich. Die schwächelnde Wirtschaft hatte die Senkung wahrscheinlich gemacht. Die zurückgehende Inflation hatte der Zentralbank den Spielraum dazu gegeben.

Banken geben Zinsänderungen mit Verzug an Kunden weiter. Niedrigere Zinsen bedeuten günstigere Kredite, aber auch niedrige Renditen für Tagesgeld und Festgeld. Was die Änderunguen für Ihr Geld bedeuten, erklären die folgenden Punkte.

Eine übersehene EZB-Änderung könnte Ihre Kredite schon bald deutlich vergünstigen

Besonders bedeutend ist die Entscheidung, weil die EZB ab 18. September ohnehin eine technische Änderung mit wichtigen Auswirkungen für Endkunden vornimmt: Sie senkt den Abstand zwischen Einlagezins und den Zinsen für Kredite. Dadurch könnten sich Kredite künftig für Endkunden verbilligen.

Hintergrund ist, dass die EZB drei Zinssätze verwendet. Wie eine normale Bank, zahlt sie auf Einlagen etwas weniger Zinsen als sie für verliehenes Geld verlangt. Der für viele Kredite wichtigste Zins, der Zins im sogenannten Hauptrefinanzierungsgeschäft, lag bislang 0,5 Prozentpunkte über dem Einlagezins. Verändert die EZB den Einlagezins, passt sie den Kreditzins automatisch an. Deswegen nennt sie den Einlagezins den Leitzins: Er gibt die Richtung vor.

Künftig liegt der Zins im Hauptrefinanzierungsgeschäft nur noch 0,15 statt 0,5 Prozentpunkte über dem Einlagezins. Dadurch vergünstigt sich der Zins für viele Kredite also um 0,35 Prozentpunkte, selbst wenn die EZB den Leitzins nicht verändert. Senkt die EZB den Leitzins um 0,25 Punkte, verleiht sie Geld im Refinanzierungsgeschäft insgesamt 0,6 Punkte günstiger.

Auch der dritte EZB Zinssatz sinkt: Die sogenannte Spitzenrefinanzierungsfazilität gilt für Gelder, die sich Banken über Nacht bei der EZB leihen. Sie lag bislang um 0,75 Prozentpunkte über dem Einlagezins. Künftig liegt sie nur 0,4 Punkte darüber. Der Abstand zum Hauptrefinanzierungsgeschäft bleibt mit 0,25 Punkten konstant.

Die Änderungen erzielen den gleichen Effekt: Banken können sich Geld künftig günstiger bei der EZB leihen als bislang. Diese Einsparungen geben sie meist zeitlich etwas versetzt an ihre Kunden weiter: Dann verbilligen sich auch Kredite. Der Zinsabstand zwischen Krediten und Anlagen dürfte künftig sinken. Ob und wann die Banken auch die jetzigen Anpassung an die Endkunden weitergeben, bleibt aber abzuwarten.

Die EZB betont, mit dieser Anpassung kein geldpolitisches Signal zu senden. Sie will die Wirtschaft also weder ankurbeln noch die Inflation bremsen. Beim Beschluss der Maßnahme im März nannte sie als Grund unter anderem, dadurch kurzfristige Zinsschwankungen mildern zu wollen.


Das bedeutet der niedrige Leitzins der EZB für Ihre Kredite

In den nächsten Wochen und Monaten könnten die Zinsen für Kredite jeglicher Art fallen. Das ist eine gute Nachricht für alle, die planen, einen Kredit aufzunehmen. Ob für den Kauf eines Hauses, eines Autos oder für eine größere Investition – es wird für Haushalte attraktiver, sich Geld zu leihen, da die monatlichen Raten damit auch sinken.

Und erste Händler könnten erneut die Null-Prozent-Finanzierung für Einkäufe zurückbringen. Möbelhändler, Elektroanbieter und auch Küchenhersteller hatten größtenteils in den vergangenen Jahren darauf verzichtet. Das ist gut, denn damit wird auch der Konsum angekurbelt.

Die Bauzinsen, die sich an der Verzinsung von Bundesanleihen orientieren, sind bereits gefallen: Für zehnjährige Kredite waren nach Angaben der Interhyp zuletzt 3,38 Prozent pro Jahr fällig (Stand: 11. September 2024). Anfang Juli waren es noch knapp 3,75 Prozent. Das verbilligt Immobilienfinanzierungen.

Wer heute einen Immobilienkredit aufnimmt, zahlt schon jetzt weniger Zinsen als noch vor einigen Monaten. Die Banken nehmen die erwartete Zinssenkung also vorweg.

Sinken nach der Leitzinssenkung jetzt die Bauzinsen?

Mirjam Mohr, Vertriebsvorständin der Interhyp-Gruppe: „Unserer Meinung nach wird die Leitzinssenkung der EZB keine spürbaren Auswirkungen auf die langfristigen Kreditzinsen haben, weil die Finanzmärkte bereits bis zu drei Zinssenkungen um jeweils 0,25 Prozentpunkte in diesem Jahr eingepreist haben.“

Werden die gefallenen Leitzinsen die Entwicklung der Immobilienpreise beeinflussen?

Mirjam Mohr: „In Erwartung von Zinssenkungen durch die EZB haben die Bauzinsen bereits reagiert und sind Ende 2023 spürbar gesunken.“ Seitdem bewegen sie sich zwischen 3,3 und 4 Prozent für zehnjährige Darlehen. „Dieser Zinsabschwung hat auch die Nachfrage angekurbelt, was wiederum den Druck auf die Preise erhöht hat.“

Die Daten des Interhyp-Immobilienindex zeigen, dass die Preise seit Jahresbeginn deutschlandweit um rund zwei Prozent gestiegen sind. Die Tendenz zeigt also leicht nach oben.

Sollten Kaufinteressierte besser noch warten mit dem Immobilienkauf?

Mirjam Mohr: „Es lohnt sich nicht, mit dem Immobilienkauf zu warten. Eine Rückkehr in die Niedrigzinsphase werden wir so schnell nicht sehen. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, das Kaufvorhaben anzugehen, denn die Immobilienpreise sind (noch) auf einem niedrigeren Niveau und können verhandelt werden. Zudem gibt es deutlich mehr Angebot als zu Zeiten der niedrigen Bauzinsen. Wichtig ist ein enger Austausch mit einem Finanzierungsspezialisten, der das Zinsniveau im Blick hat, Anbieter vergleicht und alle für die Finanzierung relevanten Unterlagen zusammenstellt, so dass Kaufinteressierte jederzeit schnell reagieren können.“

Sparer müssen mit niedrigen Zinsen fürs Tagesgeld und Festgeld rechnen

Für Sparer hat die Zinsentscheidung der EZB weniger erfreuliche Folgen. Die Zinsen für Tagesgeldkonten und andere Sparprodukte dürften sinken. Das bedeutet, dass das Geld auf diesen Konten weniger Rendite abwirft. Sparer müssen sich also darauf einstellen, dass sie für ihr angespartes Kapital weniger Zinsen erhalten.

Wer jetzt Geld für einen längeren Zeitraum anlegen möchte, bekommt bei vielen Geldhäusern schon nicht mehr so hohe Zinsen wie noch vor ein paar Monaten. Brachten bundesweit verfügbare Festgelder mit einem Jahr Laufzeit im Dezember noch durchschnittlich 3,34 Prozent Zinsen, sank der Wert laut Verivox zuletzt auf 2,68 Prozent.

Die Tagesgeldzinsen pausierten zuletzt ihren Sinkflug: Im August warfen bundesweit verfügbare Tagesgeldangebote mit 1,68 Prozent sogar minimal mehr ab als im Juli mit 1,66 Prozent. „Vor dem Notenbanktermin wartet ein Großteil der Banken noch ab, was passieren wird. Aber wenn die EZB die Leitzinsen senkt, werden viele Geldhäuser schnell nachziehen und ihrerseits auch die Verzinsung auf ihren Tagesgeldkonten nach unten schrauben“, sagt Oliver Maier von Verivox.

Ein Blick in die Zinsvergleiche von FOCUS online zeigt, wie stark sich die Zinslandschaft verändert hat. Mit Lockangeboten können Haushalt weiterhin, im Idealfall und kurzfristig Erfolge erzielen.

Gute Nachrichten für Haushalte, die ihr Konto überziehen

Auch die Dispozinsen - also die Überziehungsmöglichkeiten auf dem Girokonto - könnten sinken. Dies wäre eine positive Entwicklung für alle, die ihr Konto gelegentlich überziehen und hohe Dispozinsen zahlen müssen. Sinkende Leitzinsen können diese Kosten mindern, was zu einer gewissen finanziellen Entlastung führt.

Folgt schon bald die nächste Zinssenkung?

Der Leitzins könnte bis Ende 2024 auf etwa 3,25 Prozent sinken, schreibt die LBBW. Bedingung sei, dass die Inflation in der Eurozone weiter zurückgeht und die Konjunktur weiterhin nur schleppend verläuft.

Für Jahr 2025 erwarten einige Prognosen stabile Leitzinsen, andere weitere Senkungen. „Der abklingende Inflationsdruck gibt der EZB Spielraum, ihren Leitzins weiter nach unten zu schleusen. Aber sie darf nicht zu forsch vorgehen, denn der Kampf gegen die hohe Teuerung ist noch nicht gewonnen“, betont das LBBW-Research Team.

Für Anleger heißt das: Steigende Zinsen erwarten derzeit so gut wie keine Experten. Kredite dürften sich auf absehbare Zeit also eher vergünstigen, aber kaum verteuern. Wer einen Kredit aufnehmen will, kann also recht risikofrei abwarten. Die Renditen festverzinslicher Anlagen sinken dafür eher. Wer Geld anlegen will, sollte sich schnell die besten Zinsen sichern.

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Warum hat die EZB die Zinsen so stark erhöht?

Im Juli 2022 beendete die EZB ihre jahrelange Politik der Null- und Negativzinsen, um die zeitweise auf Rekordhöhe gekletterte Inflation in den Griff zu bekommen. Zehnmal in Folge schraubte die Notenbank in der Folge die Zinsen nach oben, ehe sie eine Pause einlegte. Der Zins, zu dem sich Banken frisches Geld bei der Notenbank besorgen können, ist mit 4,25 Prozent derzeit so hoch wie zuletzt im August 2001. Der Einlagenzins, den Banken im Euroraum für geparkte Gelder erhalten, hatte mit 4,0 Prozent das höchste Niveau seit Bestehen der Währungsunion 1999 erreicht und lag zuletzt bei noch 3,75 Prozent.