Fontane so schlimm wie Hamas? - Grüne Jugend will Straßen umbenennen - es folgt gnadenlose Abrechnung aus der Schweiz
Die Grüne Jugend in Hessen hat ein Ultimatum an die Stadt Frankfurt gestellt. Sie verlangt die Umbenennung von Straßen, die nach dem deutschen Schriftsteller Theodor Fontane benannt sind. Als Begründung ziehen sie auch die Hamas heran.
„Diese Straße ist nach einem Antisemiten benannt“: Im März schlug eine Aktion der Jungen Grünen in Hessen hohe Wellen. Die Nachwuchspolitiker markierten und beklebten in Frankfurt am Main mehrere Straßenschilder, darunter auch die Fontanestraße im Dichterviertel der Stadt. Ziel der Aktion sei es laut Grüner Jugend gewesen, „die Straßen von Antisemitismus zu befreien“; und zwar durch sofortige Umbenennung.
Die Organisation argumentierte damals, dass zahlreiche Passagen in den Werken des deutschen Dichters Theodor Fontane antijüdisch und teils antisemitisch seien und somit „ein Beleg für eine antisemitische Gefühlswelt“ des Dichters darstellen würden. Ihre Forderung: eine sofortige Umbenennung der betroffenen Straßen. Seitdem ist nichts passiert.
Grüne Jugend setzt Frankfurt Ultimatum: Fontane so schlimm wie Hamas
Jetzt legt die Grüne Jugend in Hessen nach und fordert die Landesregierung auf, bis spätestens 7. Oktober 2024, dem Jahrestag des Angriffs der Hamas auf Israel, eine Straße in Frankfurt, die den Namen Fontanes trägt, umzubenennen. Der Antisemitismus des Dichters sei mit dem der Terrororganisation Hamas vergleichbar, argumentieren die jungen Politiker.
Nun berichtet auch die Schweizer „NZZ“ über die Forderungen der Jung-Grünen und bezeichnet den Vergleich zwischen Fontane und Hamas als „lächerlich“: „Gerade die Grünen sollten sich auskennen – und Äpfel nicht mit Birnen vergleichen“.
Zwar seien viele von Fontanes Werken von antijüdischen Klischees durchzogen, die bei heutiger Lektüre einen bitteren Beigeschmack hinterlassen. Dennoch: Einen Dichter aus dem 19. Jahrhundert mit einer gewalttätigen Terrororganisation der Gegenwart zu vergleichen, mache wenig Sinn, argumentiert das Schweizer Blatt.
Markwort: Reich-Ranicki würde den „ungebildeten Grünen etwas vorlesen“
Die Debatte ist dabei nicht neu: Bereits im März äußerte auch der Gründer des FOCUS, Helmut Markwort, in einer Kolumne Kritik an dem Vorhaben der Jung-Grünen und bezog sich dabei auf den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki: „Ich wage, zu behaupten, dass der berühmte [...] Marcel Reich-Ranicki gegen ihre Vergangenheitsstürmerei protestiert hätte.“
Marcel Reich-Ranicki, selbst Jude, habe Fontane als „größten Romancier der Epoche zwischen Goethe und Mann" bezeichnet. Würde er heute noch leben, so Markwort, würde er den „ungebildeten Grünen etwas vorlesen und leidenschaftlich für den Straßennamen in seiner Stadt Frankfurt kämpfen".
NZZ: „Nein, Theodor Fontane war nicht die Hamas von Brandenburg“
Das Ultimatum, das die Grüne Jugend der Frankfurter Stadtverwaltung stellt, nimmt die „NZZ“ zum Anlass, sich mit der Figur Fontanes auseinanderzusetzen. Das Blatt kommt dabei zu dem Schluss, dass der Dichter eine Art „Salon-Antisemit“ war, „der das bürgerlich-kodifizierte Sprechen über Juden perfekt beherrschte und antijüdische Klischees in seine Werke einfließen ließ“.
Dennoch sei der Hamas-Vergleich inakzeptabel, schlussfolgert die „NZZ“ und kommentiert hämisch in Richtung Jung-Grüne: „Nein, Theodor Fontane war nicht die Hamas von Brandenburg. Er war ein Schriftsteller und obendrein auch antisemitisch. Das kann man wissen, ohne gleich seinen ganzen Ruhm samt Straßenschild abzuräumen.“