Fotos eines ertrunkenen Flüchtlingskindes sorgen für Bestürzung

Polizisten kümmern sich um die Leiche eines ertrunkenen Flüchtlingskindes. (Bild: AP)

 

Liebe User, nach intensiver interner Diskussion haben wir uns entscheiden, die Bilder des toten Kindes zu zeigen. Denn sie zeigen aus unserer Sicht die ganze Dimension der Flüchtlingskrise. Sie zeigen nicht nur überdeutlich, in welche Gefahren sich die Flüchtlinge mitsamt ihrer Familien und Kinder in ihrer Not begeben. Sie sind für uns das schreckliche Symbol für das Versagen der europäischen Politik, die es immer noch nicht geschafft hat Maßnahmen zu treffen, die gewährleisten, dass an den Küsten und Grenzen Europas keine Menschen sterben müssen.

Um Sie jedoch selber entscheiden zu lassen, ob Sie die Bilder sehen wollen, haben wir die Bilder nicht auf unserer Startseite veröffentlicht und zeigen die Bilder auch in diesem Artikel erst im unteren Bereich und haben das Gesicht des Kind unkenntlich gemacht..

Ihre Yahoo-Redaktion

Polizisten kümmern sich um die Leiche eines ertrunkenen Flüchtlingskindes. (Bild: AP)
Polizisten kümmern sich um die Leiche eines ertrunkenen Flüchtlingskindes. (Bild: AP)

Fotos eines ertrunkenen Flüchtlingskindes haben in den sozialen Netzwerken und internationalen Medien große Betroffenheit ausgelöst. Eine an einem Strand im türkischen Bodrum entstandene Aufnahme zeigt den angespülten leblosen Körper des Jungen halb im Wasser liegend, in der Nähe zwei Polizisten. Das Bild erschien am Donnerstag groß auf den Titel- oder Rückseiten großer internationaler Zeitungen, darunter auch der "Guardian" in Großbritannien.

Ursprünglich allerdings wollte die Familie des Jungen gar nicht in die Europäische Union, sondern nach Kanada. Die gefährliche Reise in einem Boot von der türkischen Küste in Richtung der griechischen Insel Kos habe sie erst unternommen, nachdem die kanadischen Behörden einen Einreiseantrag abgelehnt hätten, sagte der kanadische Abgeordnete Fin Donnelly der "Canadian Press".

Das Boot kenterte - der fünfjährige Bruder und die Mutter des Jungen kamen ebenfalls ums Leben, der Vater überlebte. Donnelly sagte, er habe im Auftrag der bei Vancouver lebenden Tante des Dreijährigen einen Asylantrag eingereicht. Die seit mehr als 20 Jahren in Kanada lebende Friseurin habe versucht, ihre Verwandten nach Kanada zu holen und Flüchtlingsstatus für sie zu bekommen. Ihre Anfrage sei allerdings von den kanadischen Einwanderungsbeamten abgewiesen worden.

Die Tante Teema Kurdi sagte der Zeitung "Ottawa Citizen", die Behörden hätten erklärt, die Familie habe keine Ausreise-Visa und darüber hinaus keinen international anerkannten Flüchtlingsstatus. "Ich versuchte, für sie zu bürgen. Meine Freund und meine Nachbarn halfen mir mit Bankeinlagen, aber wir konnten sie nicht herausholen. Das ist der Grund, warum sie in das Boot stiegen."

 

Ein Polizist trägt den ertrunkenen Jungen weg. (Bild: AP)
Ein Polizist trägt den ertrunkenen Jungen weg. (Bild: AP)

Die Familie war türkischen Medienberichten zufolge im vergangenen Jahr aus der syrischen Stadt Kobane geflohen, nachdem Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat diese überrannt und zerstört hatte. Nun versuchte sie, in einem Boot von der türkischen Küste zur griechischen Insel Kos zu gelangen. Durch die Gezeiten wurden nicht nur der dreijährige Junge, sondern auch sein Bruder und seine Mutter an den Strand von Hoca Burnu auf der Halbinsel Bodrum angespült.

Bestürzte Reaktionen unter dem Hashtag "#KiyiyaVuranInsanlik"

Insgesamt ertranken bei dieser Überfahrt zwölf Flüchtlinge, die mit zwei Booten versucht hatten, die EU zu erreichen. Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, acht der Opfer seien Kinder. Im westtürkischen Bodrum sind vier Schleuser festgenommen worden. Es handele sich dabei um syrische Staatsbürger, meldete die Nachrichtenagentur DHA am Donnerstag unter Berufung auf die Polizei in Bodrum. Ihnen werde vorgeworfen, den Tod mehrerer Menschen verursacht zu haben.

Nachdem Bilder der mit blauen Shorts und einem roten T-Shirt bekleideten Kinderleiche veröffentlicht worden waren, entspann sich am Donnerstag in den sozialen Netzwerken und Nachrichtenportalen eine emotionale Debatte über den Umgang mit Flüchtlingen und dem Versagen der Behörden und Politiker. Die türkische Zeitung "Milliyet" schrieb. "Schäm dich, Welt." Der konservative im Irak geborene britische Politiker Nadhim Zahawi schrieb auf Twitter, dass das Bild alle beschämen sollte. "Es tut mir so leid, Engel, ruhe in Frieden."

Seit dem Zweiten Weltkrieg gab es keine solch große Flüchtlingsbewegung wie derzeit.

Unter dem Hashtag "#KiyiyaVuranInsanlik" (in etwa: "Menschheit an die Küste gespült") sorgten die Fotos auf Twitter für zahlreiche Reaktionen. "Alles, was bleiben wird, sind unsere gebrochenen Herzen", schrieb ein Nutzer. "Wenn dieses Bild die Welt nicht verändert, haben wir alle versagt", schrieb eine andere. "Mir kamen die Tränen (...)", meinte eine andere. "Ohne Worte", schrieb ein weiterer Nutzer. "Meedia.de" sprach von einem "medialen Wendepunkt" in der Flüchtlingskrise.

(Bild: AP)
(Bild: AP)