Fragen und Antworten zum Fall Uli Hoeneß

Worum geht es in dem Prozess?

An 30. Juli 2013 erhob die Staatsanwaltschaft nach einer offenbar missglückten Selbstanzeige Anklage gegen den FC-Bayern-Präsident wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe. Hoeneß soll Gewinne aus Börsenspekulationen auf einem Schweizer Konto nicht versteuert haben. Am Montag beginnt vor der 5. Strafkammer des Landgerichts München II der Prozess. Das Gericht hat bislang vier Verhandlungstermine angesetzt und vier Zeugen geladen. Einzelheiten zum Anklagevorwurf gibt das Gericht nicht bekannt. Aufgrund „der besonderen Geheimhaltungspflichten in Steuerstrafverfahren“ werden Details der Anklage erst mit Anklageverlesung im Gerichtssaal öffentlich. Fest steht, dass es um viel, möglicherweise um sehr viel Geld geht. Laut „Süddeutsche Zeitung“ soll es um Steuerschulden in Höhe von 3,5 Millionen Euro aus den Jahren 2003 bis 2009 gehen.

Wie wurde er erwischt?

Mitte Januar 2013 hatte Hoeneß sich mithilfe von einem Steuerberater, einem Steuerfahnder in Altersteilzeit und einem Wirtschaftsanwalt selbst angezeigt – und dabei offenbar Fehler gemacht. Am 20. März 2013 standen jedenfalls gegen sieben Uhr morgens Staatsanwälte, Steuerfahnder, Polizisten vor der Tür seines Hauses am Tegernsee. „Da begann die Hölle für mich“, sagte Uli Hoeneß im Mai 2013 in einem Interview mit der „Zeit“. In dem Gespräch schilderte er selbst die Ereignisse jenes Morgens. Die Ermittler stellten Computer und Handys sicher, nahmen Bankunterlagen mit und präsentierten Hoeneß einen Haftbefehl wegen Fluchtgefahr. Hoeneß: „Es war eine Szene wie im ,Tatort'.“ Sein damaliger Anwalt erreichte, dass der Haftbefehl gegen Zahlung einer Kaution in Höhe von fünf Millionen Euro außer Vollzug gesetzt wurde.

Wieso muss sich Hoeneß nach seiner Selbstanzeige überhaupt vor Gericht verantworten?

Bei der Selbstanzeige ging offenbar etwas schief. Eine Selbstanzeige ist laut Abgabenordnung nur dann wirksam, wenn ein Steuersünder alle Karten auf den Tisch legt und dies aus freien Stücken tut. Straffrei bleibt ein Steuersünder auch dann nicht, wenn eine Tat „ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste“. Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ war Hoeneß möglicherweise durch die Recherche eines „Stern“-Reporters aufgeschreckt worden, wodurch er und seine Berater beim Zusammenstellen der Unterlagen in Hektik verfielen.

Was war an der Selbstanzeige falsch?

Hoeneß selbst sagte, er habe noch bis zum Morgen der Hausdurchsuchung am 20. März 2013 gedacht, mit der Selbstanzeige und dem Begleichen seiner Steuerschuld einer Strafverfolgung entgangen zu sein. Er sagte auch: „Sollte es Fehler gegeben haben, habe ich diese nicht persönlich begangen.“ Er meint damit wohl: Sollten die Angaben in der Anzeige durch seine drei Berater unvollständig gewesen sein, könne er nichts dafür. Welcher Laie kennt sich schon mit Steuerrecht aus? Dass seine Steuersünden – etwa von einem Reporter – bereits entdeckt waren, bestreitet er. „Ich bin nicht erwischt worden“, sagte er im Gespräch mit der „Zeit“.

Woher stammt das ganze Geld?

Das Konto bei der Schweizer Vontobel-Bank, um das es geht, habe er seit Mitte der Siebziger Jahre zunächst als normales Girokonto geführt, sagte Hoeneß der „Zeit“. Es hätte dann einige Jahre geruht, bis er es schließlich für Börsenspekulationen nutzte. 2001 soll der frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus, der Mitte 2009 verstarb, Hoeneß 20 Millionen D-Mark geliehen und auf das Konto eingezahlt haben. Hoeneß gab an, zuvor durch Fehlspekulationen hohe Verluste gemacht zu haben. Dann kamen die Dreyfus-Millionen. Von da an habe er dann „richtig gezockt“, „teilweise Tag und Nacht“.

Welche Strafe droht Hoeneß bei einer Verurteilung?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden: Wer mehr als eine Million Euro Steuern hinterzieht, erhält keine Bewährungsstrafe mehr, sondern muss ins Gefängnis. Der BGH sagte aber auch: Bei besonders gewichtigen Milderungsgründen ist eine Bewährungsstrafe möglich. Bei schwerer Steuerhinterziehung liegt die Mindestfreiheitsstrafe bei einem halben Jahr. Eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren kann auf Bewährung ausgesetzt werden. Liegt sie darüber, muss Hoeneß ins Gefängnis.

Welche Milderungsgründe sind denkbar, damit Hoeneß nicht ins Gefängnis muss?

Die Tränen bei der Jahreshauptversammlung des FC Bayern im November 2013 und seine Reue („Ich habe eine große Torheit begangen, einen Riesenfehler, den ich so gut wie möglich korrigieren will.“) werden wohl nicht als Milderungsgrund reichen. Und dass Hoeneß betont, dass er mindestens 50 Millionen Steuern bezahlt und mehr Geld gespendet als hinterzogen habe, dürfte den Richter wohl auch wenig beeindrucken. Entscheidend dürfte sein, ob das Gericht durch die Anwälte von Hoeneß doch von der Wirksamkeit der Selbstanzeige zu überzeugen ist.

Welcher Richter urteilt über Hoeneß?

Die Wirtschaftskammer verhandelt unter Vorsitz von Richter Rupert Heindl. Der 47-Jährige gilt als Mann der präzisen Fragen, hellwach und unerbittlich in der Sache. Der Mann, der eine weiße Fliege unter seiner Richterrobe trägt, wird mit den Satz zitiert: „Diese Kammer macht keine Deals“. Von Montag an muss Hoeneß also reinen Tisch machen. Dann wird das Gericht entscheiden, ob und wie der FC-Bayern-Präsident zu bestrafen ist. Schon jetzt ist Hoeneß tief gefallen. Der einst erfolgreiche Fußballspieler, später noch erfolgreichere Manager wurde auch jenseits des Fußballs geliebt. Dafür, dass er Klartext redete, gegen Gier wetterte und sich für Zivilcourage einsetzte. Er hat an Glaubwürdigkeit verloren, ob er auch seine Freiheit verliert, entscheidet nun das Gericht.

Wer wird Hoeneß verteidigen?

Hoeneß wird von zwei Münchener Anwälten, Markus Gotzens und Dieter Lehner, und dem Frankfurter Anwalt Hanns W. Feigen (s. Foto) verteidigt. Feigen gilt als erfahrener Wirtschaftsanwalt. Er vertrat schon Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel in dessen Steueraffäre. Auch Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und der Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, gehörten zu seinen Mandanten. Die Hauptaufgabe der Hoeneß-Anwälte wird sein, das Gericht doch von der Wirksamkeit der Selbstanzeige zu überzeugen.

Was erwartet Hoeneß am Montagmorgen?

Es wird ein Medienspektakel werden, das am Montag um 9.30 Uhr in Saal 134 des Justizpalastes beginnt. Innerhalb von 27 Sekunden waren alle 49 Presseplätze vergeben. Es gibt 51 weitere Zuschauerplätze. Es ist davon auszugehen, dass sich schon in den frühen Morgenstunden eine Menschenschlange vor dem Gerichtsgebäude bilden wird.