Werbung

Schweineblut-Legende: Entsetzte Reaktionen auf Trump-Tweet

US-Präsident Trump schlägt derzeit besonders scharfe Kritik entgegen, weil er nach den Zusammenstößen in Charlottesville Rassisten und Gegendemonstranten auf eine Stufe gestellt hatte. Foto: Pablo Martinez Monsivais
US-Präsident Trump schlägt derzeit besonders scharfe Kritik entgegen, weil er nach den Zusammenstößen in Charlottesville Rassisten und Gegendemonstranten auf eine Stufe gestellt hatte. Foto: Pablo Martinez Monsivais

Die Toten von Barcelona waren noch nicht gezählt, da twitterte Trump los. Unter Verweis auf eine nachgewiesen unwahre Legende legte der US-Präsident die Exekution und religiöse Demütigung muslimischer Gefangener nahe. Ein neuer Tiefpunkt?

Washington (dpa) - US-Präsident Donald Trump hat nach dem Anschlag von Barcelona mit einem Tweet entsetzte und angewiderte Reaktionen ausgelöst. Trump legte der Welt nahe, im Kampf gegen Terrorismus die Methoden des US-Generals John Pershing zu studieren.

Einer mehrfach widerlegten Legende nach soll Pershing vor mehr als 100 Jahren auf den Philippinen 50 muslimische Gefangene mit Projektilen exekutiert haben, die er zuvor in Schweineblut getaucht hatte. Mit dem Blut der für gläubige Muslime unreinen Tiere sei ihnen der Weg ins Paradies versperrt gewesen. Trump: «Danach gab es 35 Jahre keinen islamistischen Terror mehr!»

Trump hatte diese Legende bereits mehrfach im Wahlkampf 2016 zitiert. Laut Historikern gibt es keinerlei Anlass, die Geschichte um Pershing für wahr zu halten, die sich angeblich in den Jahren der Moro-Rebellion (1899-1913) zugetragen haben soll.

Trump, der Medien die Verbreitung von gefälschten Nachrichten (Fake News) vorwirft, interessierte sich schon im Wahlkampf nicht dafür, dass seine Behauptung nicht wahr ist. Auch die moralisch fragwürdige Ebene seiner Einlassungen und ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht, hätte Pershing denn tatsächlich so gehandelt wie behauptet, waren ihm gleichgültig.

In zahlreichen Reaktionen auf Trumps Tweet hieß es in sozialen Netzwerken und anderen Medien, während die Welt noch um die Toten von Barcelona trauere, verweise der Präsident der Vereinigten Staaten auf eine Lüge, in der die Exekution Gefangener glorifiziert werde.

Die «New York Times» schrieb, der US-Präsident lasse in offensichtlich großer Bedrängnis wieder ganz den ungezügelten Wahlkämpfer heraus. Andere US-Medien wiesen darauf hin, dass Trump nur Stunden gebraucht habe, um sich zu Barcelona in eindeutigster Weise zu positionieren. Dagegen wolle er die tödliche Gewalt bei einer Rassistenkundgebung in Charlottesville auch nach mehr als fünf Tagen nicht als Terrorismus brandmarken.

Abgesehen vom fehlenden Wahrheitsgehalt des Trump-Tweets wiesen Historiker auf die möglicherweise weitreichenden Folgen hin, wenn ein Präsident der Vereinigten Staaten nahelege, man könne Terroristen nur mit brutalsten Kriegstechniken beikommen.

In einer ersten Reaktion auf Barcelona hatte Trump getwittert, die Vereinigten Staaten verurteilten die Terrorattacke. «Bleibt stark und hart, wir lieben Euch!»

Für Trump geht eine bemerkenswert schlechte Woche zu Ende. Ihm schlägt besonders scharfe Kritik entgegen, weil er nach gewalttätigen Zusammenstößen in Charlottesville Rassisten und Gegendemonstranten auf eine Stufe gestellt hatte. Kommentatoren sahen dies als Wendepunkt und potenziellen Bruch seiner Präsidentschaft. Andere verweisen darauf, dass Trump bisher alles politisch überlebt hat.

Trump beendete zwei Wirtschafts-Beratungsgremien im Weißen Haus, bevor diese sich - als Reaktion auf seine Haltung zu Charlottesville - selber auflösen konnten. Ein drittes Gremium will Trump gar nicht mehr weiterplanen. Das belegt seine Entfremdung von der Wirtschaft.

Vonseiten der Republikaner kam die schärfste und direkteste Kritik vom prominenten US-Republikaner Bob Corker: «Der Präsident war bisher nicht fähig, die Stabilität oder etwas von der Kompetenz an den Tag zu legen, die er braucht, um erfolgreich zu sein», sagte er.

Der Senator sprach Trump das Verständnis für das Wesen der USA ab. «Er hat zuletzt nicht zu erkennen gegeben, dass er verstanden hätte, was dieses Land gestern und heute groß gemacht hat», sagte Corker.

Corker (64) ist Senator von Tennessee. Der außenpolitische Experte wurde 2016 als Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten unter Trump gehandelt. Er gilt als vergleichsweise besonnen und differenziert in seinen Wortmeldungen.

In Trumps Präsidentschaft seien radikale politische Änderungen nötig, sagte Corker. Trump müsse aufhören, sich selbst so wichtig zu nehmen, sagte Corker. Der Präsident dürfe nicht jeden Morgen aufwachen und erstmal darüber nachdenken, was für ihn selbst gut sei.

Auch andere Senatoren rückten von Trump ab.