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Fragen und Antworten rund um E-Fuels

München/Stuttgart (dpa/tmn) - Für die einen sind sie der rettende Strohhalm, mit dem sich der Verbrenner dauerhaft über Wasser halten kann. Für die anderen sind sie nur eine überflüssige Altlast oder Randerscheinung der Energiewende: Kaum ein Thema war in der Politik, der Gesellschaft und in der Autowelt zuletzt so umstritten wie die so genannten E-Fuels.

Die Idee - mit Pro und Contra

Sie sollen, so die Idealvorstellung der Befürworter, im besten Fall CO2-neutral und ohne fossile Rohstoffe hergestellt und danach in konventionellen Verbrennungsmotoren genutzt werden. So ließen sich Bestandsfahrzeuge klimaschonend weiter nutzen und auch künftig noch Autos mit Verbrennungsmotoren verkaufen, so die gängigen Argumente.

Kritiker halten dem entgegen, dass die Klimabilanz der Kraftstoffe schöngerechnet und nur in der Theorie ausgeglichen sei. Dass es an Produktionskapazitäten fehle, dass auf absehbare Zeit keine konkurrenzfähigen Preise erzielt werden könnten. Auch wären andere Verkehrsmittel dringender auf E-Fuels angewiesen als Autos.

Während diese Diskussionen andauern, haben die Regierungen in Berlin und Brüssel den Weg für den Einsatz der Kraftstoffe geebnet und den Autofahrern drängen sich plötzlich ganz andere Fragen auf. Denn plötzlich geht es nicht mehr um Wohl und Wehe oder ums Warum, sondern ums Wie - und hier finden sie ein paar Antworten.

Kann ich E-Fuels bedenkenlos tanken?

Das ist der Charme an den künstlich hergestellten Treibstoffen und der große Unterschied zu Biosprit mit Ethanol-Anteil: Sie werden so «komponiert», dass sie im Grunde identisch sind mit herkömmlichem Benzin und auch entsprechend eingesetzt werden können, so der ADAC.

Das gilt nicht nur für aktuelle Neuwagen, sondern auch für Oldtimer: «Ein Betrieb von klassischen Fahrzeugen mit E-Fuels ist prinzipiell ohne technische Änderungen am Fahrzeug möglich», sagt Kai Lepper als Leiter Technik & Werkstatt des Mercedes-Benz Classic Centers.

Er sieht den Hightech-Sprit sogar im Vorteil: «Aufgrund der synthetischen Herstellung enthält dieser keine Verunreinigungen, wie sie bei Kraftstoffen auf Mineralölbasis vorkommen können.»

Dies führe üblicherweise zu einer besseren Verbrennung. Trotzdem mahnt er: «Besitzer klassischer Fahrzeuge sollten aber in jedem Fall ihre Werkstatt konsultieren, um beim Einsatz der E-Fuels auf Nummer sicher zu gehen.»

Wie ändern sich die Leistung und der Schadstoffausstoß?

Egal, ob sie im neuen Porsche Panamera entlang der Pilotanlage zur E-Fuel-Produktion in Chile gefahren sind oder im gebrauchten VW Golf durch den deutschen Straßenalltag: Weder die Autoren des Fachmagazins «Auto Bild» noch die Tester des ADAC haben bei ihren Fahrten mit E-Fuels in aktuellen Serienmodellen Auffälligkeiten erkennen können.

«Bei den technischen Eigenschaften, der Leistung und dem Fahrverhalten sind keine Änderungen spürbar», urteilt der Club nach seinem Test. Anders sieht es beim Schadstoffausstoß aus: Der ist laut ADAC sogar geringer als bei konventionellem Kraftstoff.

«In allen Zyklen werden die Grenzwerte weit unterschritten, selbst im sehr anspruchsvollen Autobahnzyklus des ADAC Ecotest,» so das Fazit des Clubs. Für den Stickoxid-Ausstoß melden die Experten sogar einen Rückgang um 40 Prozent. Das ist jedoch kein einhelliges Ergebnis.

So kursiert bei den Kritikern auch eine Studie des französischen Instituts IFPEN im Auftrag der Expertenrunde «Transport and Environment» (T&E). Danach waren die Stickstoffoxid-Emissionen auf dem gleichen Niveau wie beim herkömmlichen E-10-Treibstoff und der Kohlenmonoxid-Ausstoß dreimal so hoch. Auch der Ammoniakanteil im Abgas sei doppelt so hoch gewesen, was das Risiko der Feinstaubbildung erhöhe.

Was ist mit Diesel-Motoren?

Wenn von E-Fuels die Rede ist, dann sind damit meist Otto-Kraftstoffe für Benzinmotoren gemeint. Aber auch für klassischen Diesel gibt es eine klimafreundliche Alternative, meldet der ADAC und verweist auf sogenannte HVO-Kraftstoffe. Diese bestehen dem Hersteller Neste zufolge - nach eigenen Angaben weltgrößter Produzent für erneuerbaren Diesel - aus hydrierten Pflanzenölen. Sie werden unter anderem aus Rest- und Abfallstoffen wie altem Speiseöl hergestellt.

Dieser Prozess ist weniger energieaufwendig als bei E-Fuels und bereits industrialisiert. Doch Vorsicht: Anders als Benziner müssen Dieselmodelle für HVO explizit freigegeben sein, warnt der ADAC. «Aber die Zahl der Freigaben wächst stetig.»

Gibt es bereits genügend E-Fuels?

Während die Produktion erneuerbarer Diesel bereits im industriellen Stil erfolgt, gibt es für E-Fuels bislang nur Pilotanlagen. Die prominenteste ist das Porsche-Projekt in Punta Arenas in Chile. Nach Angaben des Herstellers ist sie auf eine Jahresproduktion von 130.000 Liter ausgelegt. Diese dürfte kaum für die eigenen Tests und den Renneinsatz der Werksteams reichen.

Allerdings stellt Porsche für das Ende der Dekade in Chile bereits eine Kapazität von 550 Millionen Litern in Aussicht. Parallel dazu wollen auch andere Konzerne und Start-ups überall auf der Welt die Produktion hochfahren.

Allein das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) zählt etwa 60 neue E-Fuel-Projekte, die bis 2035 an den Start gehen wollen. Reichen wird das allerdings nicht, sagen Experten.

«E-Fuels sind wahrscheinlich noch lange knapp», sagt PIK-Forscher Falko Ueckerdt. «Selbst wenn der Markthochlauf so schnell passiert wie beim Wachstumschampion Solar-Photovoltaik, würde das globale Angebot in 2035 nicht einmal ausreichen, um die unverzichtbaren deutschen Bedarfe für Luftverkehr, Schifffahrt und Chemie zu decken.» Für Pkw bliebe ihm zufolge am Ende schlicht nichts übrig.

Wo kann ich E-Fuels kaufen - und zu welchem Preis?

Die Versorgungslage zeigt: Die Diskussion um E-Fuels ist aktuell vor allem theoretischer Natur. Denn auch wenn die Bundesregierung gerade den Weg für den Verkauf synthetischer Kraftstoffe geebnet hat und der HVO-Diesel zumindest in Skandinavien schon Alltag ist, wird man den Sprit der neuen Zeit an unseren Tankstellen noch nicht finden.

Billig ist der Hightech-Treibstoff auch nicht: Aktuell liegt der Preis nach unterschiedlichen Berichten in den Fachmedien bei etwa 4,50 Euro pro Liter und damit bei mehr als dem doppelten Preis von herkömmlichem Superkraftstoff.

Mittelfristig allerdings sollen die Preise deutlich sinken. So erwartet der Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen (Uniti) im günstigsten Fall bis 2030 einen Preissturz auf 0,98 Euro pro Liter. Selbst in einer pessimistischen Prognose kalkuliert er mit 1,76 Euro. Bis 2050 fallen die Werte der Uniti-Vorhersage weiter auf 0,70 oder 1,33 Euro.

Teuer und rar - das gab's schon mal

Allerdings hat eine schwierige Versorgungslage bei automobilen Pionieren eine gewisse Tradition: Als Bertha Benz im Sommer 1888 zur ersten Langstreckenfahrt der PS-Geschichte von Mannheim nach Pforzheim startete, gab es für sie ebenfalls noch keine Tankstellen.

Stattdessen hielt sie laut Mercedes mit ihrem Patent-Motorwagen in der Löwen-Apotheke in Wiesloch und kaufte dort mit zehn Litern den gesamten Vorrat an Waschbenzin auf, das damals nur in handlichen 200 Milliliter-Flaschen abgegeben wurde.