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Frank Elstner gesteht Charlotte Roche: "Ich habe 'Feuchtgebiete' in den Müll geworfen"

In Frank Elstners neuer Netflix-Talkshow bleibt sein Gast Charlotte Roche nichts schuldig. Die Moderatorin und Autorin spricht über Sucht, Depressionen, MeToo und ihr Familientrauma. Gastgeber Elstner revanchiert sich mit einer Beichte zum Skandalbestseller "Feuchtgebiete".

Er sagt "Sie", sie sagt "du", doch die Chemie stimmt zwischen Frank Elstner und seinem Talk-Gast Charlotte Roche. Wenn die neu bei Netflix gestartete Show "Wetten, das war's ..?" das intime Gesprächsversprechen einlöst, dann in der Folge mit der streitbaren "Feuchtgebiete"-Autorin. Im Aufeinandertreffen mit dem Altmeister gab es offenbar keine Tabus. Zerrüttete Familienverhältnisse, zerrüttete Berufsverhältnisse, sexuelle Übergriffe, Sucht und Depressionen ... Gesprächsstoff bietet die Vita der früheren VIVA-Moderatorin und Bestseller-Autorin genug. Erstaunlich, was alles in 45 Minuten Sendungszeit passt.

Den schwersten Brocken gingen der "Wetten, dass ..?"-Erfindern, der mit dem Netflix-Talkformat seine Karriere vor der Kamera runden will, und Charlotte Roche gleich zu Beginn an - und damit den Zuschauern gleichsam unter die Haut. Sie habe Jahre gebraucht, um den Tod ihrer Brüder zu verarbeiten, resümierte Roche die Unfalltragödie aus dem Jahr 2001. Die Brüder starben auf einer belgischen Autobahn bei einer Massenkarambolage auf dem Weg zu Roches Hochzeit nach England, die Mutter überlebte schwer verletzt. "Ich hoffe, dass das für uns alle das Schlimmste im Leben schon war und dass man nicht was Vergleichbares noch mal erleben muss", erklärte Roche dem sichtlich betroffenen Gegenüber.

Am Anfang, so berichtete sie, habe sie sich zu wenig um den eigenen Schmerz gekümmert, sie habe nur das Leid der Mutter gesehen, die ihre Kinder verloren hatte. "Man tötet erst mal den Schmerz. Bei mir war es Alkohol, ich war depressiv, kaufsüchtig, alle möglichen Ablenkungen. Das sind so Ventile, die nicht verarbeitete Trauer sich sucht. Das löst sich erst nach Jahren auf, wenn man die ganze Zeit dran arbeitet." Jetzt wisse sie, was ein Trauma ist, und dank erfolgreicher Therapie wisse sie auch, dass man nichts Falsches sagen könne, wenn anderen im privaten Umfeld etwas so Furchtbares widerfahre. "Das Schlimmste ist, nichts zu sagen. Man muss einfach da sein und sagen: Ich spüre deinen Schmerz." Nach einem solchen Ereignis sehe man, "wer dableibt und so einen Leidensweg mitgehen will".

Charlotte Roche verrät die Gründe für ihr Aus bei "3nach9"

Natürlich kam die Sprache auch auf Roches Bestsellerroman "Feuchtgebiete", laut Elstner "eines der ungewöhnlichsten Bücher über Sexualtiät, die es gibt". Der Gastgeber offenbarte an der Stelle unverblümt, das Werk lange verkannt zu haben. Er habe sich ein Exemplar am Kölner Flughafen gekauft und dann im Flieger nach Berlin bis Seite 80 gelesen. Am Zielort hatte er genug. "Ich bin an einem Papierkorb vorbeigekommen und hab's reingeschmissen". Heiteres Entsetzen bei sei seinem Gast. Elstner: "Wenn ich ganz ehrlich bin, konnte ich damit überhaupt nichts anfangen." Erst viele Jahre später habe ihn der inzwischen verstorbene Literaturkritiker Hellmuth Karasek eines Besseren belehrt. Der habe ihn für das Wegwerfen getadelt und geurteilt: "Da hast du einen Fehler gemacht, das ist ein gutes Buch."

Wo man schon mal beim Thema Kultur war, sparte Elstner Charlotte Roches zwei Kurzzeit-Engagements als Talk-Moderatorin nicht aus. 2009 war die damals frisch gebackene Bestsellerautorin für gerade mal vier Monate Co-Moderatorin von Giovanni di Lorenzo bei "3nach9". 2013 endete die ZDFkultur-Show "Roche & Böhmermann" nach 16 Folgen. Immerhin zu den Gründen ihres Abschieds von "3nach9" gab Roche bereitwillig Auskunft: "Ich galt als die crazy laute Sex-Tante und sollte an der Seite von Giovanni di Lorenzo diese Talkshow aufmischen." Nach der ersten Show jedoch habe es Zuschauerbeschwerden über den Klang ihrer angeblich "unerträglichen" Stimme gegeben. Roche: "Anstatt zusammenzuhalten, haben die Macher gesagt: Du musst zu einem Stimmtraining. Da war alles vorbei."

Warum der gemeinsame Talk mit Jan Böhmermann so kurzlebig war, verriet sie hingegen nicht. "Jan und ich haben eine Abmachung, dass wir nicht darüber reden wollen, warum wir uns getrennt haben." Frank Elstner möchte es dennoch herausfinden, in einem Sechs-Augen-Gespräch im Restaurant, zu dem er beide einladen will. Charlotte Roche nahm dankend an. "Aber sie müssen bezahlen."