Frankreich: Barnier verspricht auf "Wut" der Bevölkerung einzugehen
Der neue Ministerpräsident Michel Barnier hat bei der feierlichen Amtsübergabe mit seinem Vorgänger Gabriel Attal in Paris versprochen, sich auf die Probleme zu konzentrieren, die bei französischen Wählern für "Wut" sorgen.
"Es wird darum gehen, so gut wie möglich auf die Probleme zu reagieren. Auf die Wut, auf das Leid, auf das Gefühl der Vernachlässigung, auf die Ungerechtigkeit, die sich viel zu sehr in unseren Städten, in unseren Vierteln und auf dem Lande bemerkbar machen."
Der französische Präsident Emmanuel Macron hat am Donnerstag Michel Barnier zum neuen französischen Ministerpräsidenten ernannt. Barniers Amtsantritt beendet die mehr als 50 Tage andauernde Übergangsregierung in Frankreich.
Nun steht er vor einer schwierigen Aufgabe: Barnier muss mit einem zerstrittenen und tief gespaltenen Parlament zusammenarbeiten, das aus den von Macron im Juni einberufenen Neuwahlen hervorging.
Mit 73 Jahren ist Barnier der älteste der 26 Ministerpräsidenten, die in der modernen Fünften Republik Frankreichs tätig waren.
Mit seinem Amtsantritt löst er den jüngsten Ministerpräsidenten, Gabriel Attal, ab, der vor nur acht Monaten ernannt wurde.
Barnier ist ein Mitglied der rechten Partei Les Républicans und hat eine langjährige politische Karriere in Frankreich und der EU hinter sich.
Er hat zweimal als EU-Kommissar amtiert und war zwischen 2016 und 2021 der EU-Chefunterhändler für den Brexit.
Barniers Aufgabe ist jetzt, für Einheit in dem tief gespaltenen Land zu sorgen.
Seit Macron im Juni eine Parlamentswahl aufgerufen hatte, ist die französische Nationalversammlung tief gespalten.
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Die derzeitige Nationalversammlung umfasst drei Blöcke: die Linkskoalition NFP (die die meisten Sitze gewann, aber keine absolute Mehrheit stellt), Macrons Renaissance, und die rechtsextreme Nationale Front.
"Mit Michel Barnier als Ministerpräsident in Matignon bleibt der Präsident eindeutig an der Macht. Er wird von seinem Ministerpräsidenten nicht in Frage gestellt", sagt der politische Analyst Dominique Moisi.
"Die extreme Zurückhaltung seines Ministerpräsidenten ist ein Vorteil für Macron, aber nicht für die Franzosen, die für die Linke Fraktion gewählt haben und sich verraten fühlen".
Barnier muss sich nun einem Misstrauensvotum in dem französischen Parlament stellen.
Die linke NFP Fraktion kündigte bereits an, Barnier nicht zu unterstützen.
Dadurch hat die Nominierung Barniers die rechtsextreme Nationale Front weiter gestärkt, glauben Experten. Macrons Fraktion ist nun auf Le Pens Unterstützung im Misstrauensvotum angewiesen.
Le Pens Partei zeigte sich bereits versöhnlicher über Barnier als über andere Kandidaten. Die Nationale Front werde Barnier "nach Verdiensten" beurteilen.
Das Misstrauensvotum wird noch vor dem 1. Oktober erwartet.