Frankreichs neue Regierung plant härteren Kurs in der Innenpolitik

Frankreichs neuer konservativer Innenminister Bruno Retailleau hat bei seiner Amtsübernahme eine künftige harte Linie erkennen lassen. "Wir müssen den Mut zur Härte haben", sagte Retailleau . (Alain JOCARD)
Frankreichs neuer konservativer Innenminister Bruno Retailleau hat bei seiner Amtsübernahme eine künftige harte Linie erkennen lassen. "Wir müssen den Mut zur Härte haben", sagte Retailleau . (Alain JOCARD) (Alain JOCARD/AFP/AFP)

Die neue französische Regierung hat am Tag der Amtsübernahme bereits einen härteren Kurs in der Innenpolitik erkennen lassen. "Wir müssen den Mut zur Härte haben", sagte der konservative Innenminister Bruno Retailleau am Montag in Paris. Die 39 neuen Regierungsmitglieder waren am Morgen zunächst zu einem längeren informellen Treffen mit Premierminister Michel Barnier und am Nachmittag zu einer ersten, nur halbstündigen Kabinettssitzung mit Präsident Emmanuel Macron zusammengekommen.

Barnier forderte die Ministerinnen und Minister auf, "tadellos und bescheiden" aufzutreten. Sie sollten "kein Theater veranstalten" und "erst handeln und dann kommunizieren", legte er ihnen nach Informationen aus seinem Umfeld ans Herz. Am Vormittag fand in den betroffenen Ministerien jeweils die Übergabe der Amtsgeschäfte statt.

Der neue Innenminister, der als einer der wenigen als politisches Schwergewicht in der neuen Regierung gilt, blieb bei seiner Ansprache zur Amtsübernahme seinem Ruf als Hardliner treu. "Ich habe drei Prioritäten: die Wiederherstellung der Ordnung, die Wiederherstellung der Ordnung und die Wiederherstellung der Ordnung", sagte er. Das wichtigste Ziel sei es, "die Franzosen zu schützen".

In einem Interview mit der Zeitung "Le Figaro" kündigte er insbesondere eine härtere Einwanderungspolitik an. "Mein Ziel ist es, illegale Einreisen zu beenden und Ausreisen zu verstärken, denn niemand darf in Frankreich bleiben, der illegal gekommen ist", sagte er.

"Wenn Einwanderung nicht beherrscht wird, dann ist es keine Chance, für niemanden", fügte er hinzu. Frankreich könne nicht länger "das attraktivste Land für Migranten" sein, betonte er, ungeachtet der offiziellen Asylzahlen, denen zufolge Frankreich mit 167.000 Anträgen 2023 halb so viele Asylbewerber verzeichnete wie Deutschland.

Der Parteichef der linkspopulistischen Partei Unbeugsames Frankreich, Manuel Bompard, warf Retailleau unterdessen wegen früherer Äußerungen "Rassismus" vor. So habe der neue Innenminister früher mit Blick auf eingebürgerte Migranten von "Papierfranzosen" gesprochen. "Das sind rassistische Formulierungen", sagte Bompard am Montag dem Sender CNews.

Barnier hatte in einer TV-Ansprache am Vorabend bereits erklärt, dass er bei der Einwanderungspolitik "mehr Härte als bisher" zeigen wolle. Er finde es "sehr interessant", dass Deutschland sich zu umfassenden Grenzkontrollen entschlossen habe, "und das unter einem sozialistischen (sic) Kanzler", fügte er mit Blick auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hinzu. "Wir werden wie unsere Nachbarn Schritte unternehmen, um die Einwanderung zu begrenzen, die oft unerträglich wird", erklärte Barnier.

Die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) bekräftigte, dass das Überleben der Regierung von ihrem vorläufigen Verzicht auf die Unterstützung eines Misstrauensvotums abhänge. "Wir werden auf Ergebnisse dringen bei Sicherheit, Einwanderung und Kaufkraft", sagte der RN-Vizechef Sébastien Chenu dem Sender BFM.

"Wenn es nicht in die richtige Richtung geht, dann werden wir unsere Verantwortung übernehmen", sagte Chenu. Damit spielte er darauf an, dass die RN-Stimmen in der Nationalversammlung ausreichen, die Regierung zu stürzen, wenn sie gemeinsam mit den Linken ein Misstrauensvotum unterstützen.

Unterdessen regt sich Kritik am neuen Zuschnitt des Umweltministeriums unter Ministerin Agnès Pannier-Runacher. Diese ist im Unterschied zu vorher nicht mehr für Verkehr und Wohnungsbau zuständig. Dabei sei der Verkehr die größte Quelle für CO2-Ausstoß, und der Wohnungsbau ein Schlüsselfaktor für den Kampf gegen die Auswirkungen des Klimawandels, kritisierte  Anne Bringault von der Organisation Klimaschutz-Netzwerk.

Im Unterschied zu Koalitionsverhandlungen in Deutschland haben sich die an der Regierung beteiligten Parteien noch nicht offiziell auf ein gemeinsames Programm geeinigt. Barnier will am 1. Oktober vor der dann zum ersten Mal wieder tagenden Nationalversammlung seine Regierungserklärung abgeben.

Er ließ bereits erkennen, dass er keine globale Schuldenerhöhung plane. Allerdings erwarte er von den "Reichen" eine "Anstrengung der Solidarität". Er zeigte sich auch bereit zu gewissen Nachbesserungen der umstrittenen Rentenreform, die das Rentenalter von 62 auf 64 Jahre angehoben hatte.

Das linke Lager hat bereits angekündigt, nach der Regierungserklärung "aus Prinzip" einen ersten Misstrauensantrag einzubringen. Das Wahlbündnis Neue Volksfront hatte bei den vorgezogenen Neuwahlen die relative Mehrheit erhalten, fand aber keine Partner für eine absolute Mehrheit. Macron ernannte daraufhin den konservativen Barnier zum Premierminister, dessen Partei bei der Parlamentswahl lediglich auf fünf Prozent gekommen war.

kol/bfi