Frankreichs Premierminister führt "letzte Beratungen" mit Blick auf neue Regierung
Frankreichs konservativer Premierminister Michel Barnier hat seine Regierungsmannschaft nach eigenen Angaben so gut wie zusammen. Donnerstag sollten die "letzten Beratungen" vor der Bekanntgabe der neuen Regierung sein, hieß es im Amt des Premierministers. Dieser hatte sich nach übereinstimmenden Quellen in dieser Woche mit Präsident Emmanuel Macron überworfen. Dabei soll es um die Zahl der Regierungsmitglieder aus Barniers Partei der konservativen Republikaner gegangen sein.
Macron habe Barnier den Wunsch verweigert, sowohl das Wirtschafts- als auch das Innenministerium mit Konservativen zu besetzen, erklärte ein Vertreter des Präsidentenlagers. Aus dem Amt des Premierministers hieß es später, dass es sich bei Barniers Vorschlägen lediglich um eine Verhandlungsgrundlage gehandelt habe. Mehrere für Mittwoch geplante Treffen waren wegen der Spannungen abgesagt worden.
Am Donnerstag war Barnier erneut mit der Vorsitzenden der Nationalversammlung, Yaël Braun-Pivet, und dem Senatsvorsitzenden Gérard Larcher zusammengekommen. Für den Nachmittag waren weitere Treffen mit Vertretern der möglichen Regierungspartner geplant. Von einer Koalition ist in Frankreich keine Rede, da es kein gemeinsames Regierungsprogramm gibt.
Im Streit um den Haushaltsentwurf für 2025 teilte das Amt des Premierministers am Donnerstag mit, die ausstehenden Dokumente an den Finanzausschuss der Nationalversammlung übergeben zu haben. Der linkspopulistische Ausschussvorsitzende Eric Coquerel hatte in den vergangenen Tagen sowohl im Amt des Premierministers als auch im Wirtschaftsministerium vergeblich persönlich vorgesprochen, um die Dokumente zu erhalten.
Fest steht bereits, dass der bisherige Außenminister Stéphane Séjourné ersetzt werden wird, da er als EU-Kommissar nach Brüssel wechseln soll. Interesse an dem Amt wird dem bisherigen Innenminister Gérald Darmanin nachgesagt. Der bisherige Wirtschaftsminister Bruno Le Maire will auf eigenen Wunsch ebenfalls aus der Regierung ausscheiden.
Barnier hatte sich im linken Lager mehrere Absagen eingehandelt. Das links-grüne Wahlbündnis Neue Volksfront lehnte die Zusammenarbeit mit Barnier ab, da es sich durch die Ernennung eines konservativen Premierministers seines Wahlsiegs beraubt sieht. Es ist weiter offen, ob und wen Barnier im linken Lager rekrutiert haben könnte.
Die Vergabe von Ministerien an Barniers Parteifreunde stößt bei den anderen Parteien auf Kritik. Barniers Partei war bei der vorgezogenen Parlamentswahl im Juli auf lediglich 47 der 577 Abgeordnete gekommen.
Seit dem unklaren Ausgang der Wahl befindet sich Frankreich in einer der tiefsten Regierungskrisen der jüngeren Zeit. Die derzeitige Regierung ist seit zwei Monaten nur noch geschäftsführend im Amt. Die Nationalversammlung ist in drei miteinander verfeindete Blöcke gespalten - das linke Lager, das bisherige liberale Regierungslager und die Rechtspopulisten von Marine Le Pen.
kol/cp