Die Freitagsabrechnung von Josef Seitz - Klamroth sorgt für einmaligen TV-Moment - bald muss er sich heißem ARD-Duell stellen

Louis Klamroth präsentiert "Hart aber fair" 2024 in neuem Look und mit neuem Konzept.<span class="copyright">WDR/Julia Sellmann</span>
Louis Klamroth präsentiert "Hart aber fair" 2024 in neuem Look und mit neuem Konzept.WDR/Julia Sellmann

Seien Sie gewarnt: In diesem Text fällt das „N-Wort“. Es wird von „Zehn kleinen Negerlein“ gesummt und sogar noch ein „Zigeuner-Schnitzel“ aufgetischt. Aber bevor Sie uns den „Schweigefuchs“ zeigen: Freuen wir uns über den historischen Moment, als eine Talkshow zur Zuhör-Show wird.

Was für ein Moment dieser Woche! Es geht um Donald Trump , es geht um Kamala Harris. Es geht um die Frage: „Was steht bei der US-Wahl auf dem Spiel?“ Und inmitten der Diskussion bei „Hart aber fair“ verweigert der Journalist Jörg Wimalasena dem Talker Louis Klamroth glatt die Antwort.

Ein Talkgast sagt, dass er nichts zu sagen hat. Er kenne sich aus mit den USA, er kenne sich nicht aus mit deutscher Innenpolitik. Deshalb sei er gerne bereit, den anderen Gästen der Talkshow beim Reden einfach zuzuhören. Die Zuschauer im Studio applaudieren voller Begeisterung dem Mann, der den Mut zum Stillschweigen hat.

Wie schön, wenn nicht jeder Fachmann für alles ist

Für diesen einen Moment wird eine Talk-Show zu einer Zuhör-Show. Was wäre das für eine Wohltat im deutschen Fernsehen, wenn Menschen sich vor die Kameras setzen, sich die Mikrofone anstecken lassen – und einfach über die Dinge reden, von denen sie eine Ahnung haben. Dazu über die Dinge schweigen, von denen sich nichts wissen.

Und bei den Dingen zuhören, wo sie glauben, etwas für sich und ihre eigene Meinungsbildung lernen zu können. Seinem Bildungsauftrag käme das öffentlich-rechtliche Fernsehen glatt ein gutes Stück näher. Und der Zuschauer hätte die Chance, nicht mit wunden Ohren, sondern mit zusätzlichem Wissen am Ende eines TV-Tages den Fernseher abzuschalten. Ach, wäre das schön, wenn nicht jeder Fachmann für alles sein müsste: heute USA, morgen AfD, übermorgen Krieg. Was für eine wunderbare Ruhe! Zeigen wir den Schweigefuchs für so viele!

Und das „Negerlein“ wird zum „Messerwerfer“

Aber der Schweigefuchs, wie ihn Kinder in der Grundschule gelernt haben, gehört für manchen seit dem „Wolfsgruß“ bei der Fußball-Europameisterschaft ja auch schon in die Schublade des politisch Unkorrekten, einsortiert gleich neben „Pippi Langstrumpf“-Altausgaben, wo der „Südseekönig“ noch der originale „Negerkönig“ ist, neben Schildern von „Mohren-Apotheken“, der Speisekarte mit dem „Zigeunerschnitzel“ und dem Kinderbuch „Die kleine Hexe“, wo sich die lieben Kleinen noch als „Türke“, „Chinesenmädchen“ und eben „N“ verkleiden durften. Inzwischen ist in dem Buch aus dem „Negerlein“ übrigens ein „Messerwerfer“ geworden.

Ob diese Verbindung von Dunkelhäutigkeit und dem Wort Messer tatsächlich eine Chance haben wird, auf Dauer als korrekt durchzugehen? Ich persönlich habe da ernsthafte Zweifel. Was mich aber zuversichtlich macht in diesen so oft hysterischen Zeiten: Generationen von Kindern haben von „Zehn kleinen Negerlein“ gesungen. Der Nachweis, dass sie zwingend zu Fremdenfeinden und Rassisten gemacht wurden, ist meines Wissens bisher nicht gelungen. Also zeigen wir dieser Diskussion an dieser Stelle den Schweigefuchs, lehnen uns sommerlich entspannt zurück – und freuen uns, wenn die Welt für den Moment etwas stiller geworden ist.

Abstimmung mit den Zuschauer-Hintern

Die Ruhe trügt, natürlich trügt sie. Bald schon geht die sommerliche Zeit des Schweigens ihrem Ende zu. Und das olympische Motto von „Höher, schneller, weiter“ wird aus Paris wieder für die Talkstudios dieses Landes übersetzt in ein „Lauter, wirrer, hysterischer“.

Am 16. September hebt das Erste eine neue Nachmittags-Talkshow ins Programm. Es heißt: „Amado, Belli, Biedermann“. Und es ist, natürlich, „innovativ“ und „generationenübergreifend“ – also irgendwas für jeden, der am Nachmittag kurz nach vier nix Besseres zu tun hat, als sich vor die Glotze zu werfen.

Spannung im Talk-Duell: Zamperoni übernimmt für Klamroth

Spannender wird das Männer-Duell am aktuell wohl umstrittensten Talk-Sendeplatz: Zamperoni vs. Klamroth, ARD-Ingo gegen ARD-Louis. Für zunächst zwei Ausgaben, die erste am 16. September, kapert der „Tagesthemen“-Mann den Sendeplatz von „Hart aber fair“. Die Sendung heißt „Die 100“. Hundert Zuschauer lassen sich von Journalisten zu einer aktuellen Frage mit Fakten und Argumenten füttern.

Und am Ende stimmen sie mit den Füßen ab und stellen sich im Studio auf eine „Ja“- oder „Nein“-Seite. Wenn diese Abstimmung mit den Füßen mal nicht in der TV-Quote als Abstimmung mit den Zuschauer-Hintern gegen das ARD-Sorgenkind Louis Klamroth endet.