Freitagsabrechnung von Josef Seitz - Während Schöneberger übers Sparen witzelt, liegt die Streichliste für ARD und ZDF vor

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ZDFSebastian Gollnow/dpa

Der ARD-Vorsitzende rechnet fest mit einer Erhöhung der Fernsehgebühren. Das ist lautes Pfeifen im Wald. Denn die Sparforderungen durch die Politik erreichen sehr handfeste Formen. Da treibt die Leistungsschau beim „Deutschen Fernsehpreis“ durchaus bunte Blüten.

Falls es die AfD-Führung diese Woche ins so verhasste öffentlich-rechtliche Fernsehen verschlagen haben sollte, wird man sich die Augen gerieben haben. Gerade noch haben die Bundessprecher Alice Weidel und Tino Chrupalla im – öffentlich-rechtlichen – Fernsehen verkündet, wer die Schuld hat am ausgebliebenen Wahlsieg in Brandenburg.

Es ist, genau: das öffentlich-rechtliche Fernsehen. Weidel hatte geschimpft auf die Zwangsgebühren und die damit finanzierten „ganzen Auswüchse in den Medien“. Bei Chrupalla hieß es: „Wir wurden permanent beschimpft – auf dieser Grundlage ist das Ergebnis sehr akzeptabel.“

Und dann konnten die beiden am Mittwoch zusehen, wie dieses Feindbild Fernsehen sich selber feierte. Wieder einmal war „Der Deutsche Fernsehpreis“ angesagt, in der inzwischen 25. Ausgabe. Und, jawohl, es gab beim Jubiläum sogar Zuschauer.

Schöneberger sparwitzelt übers Sparen

2,58 Millionen Menschen schalteten das Erste ein. Das ist beim Fernsehpreis durchaus bemerkenswert. Im Vorjahr, bei Sat.1, war es weniger als die Hälfte gewesen. Vor zwei Jahren, im ZDF, auch nur knapp über zwei Millionen. Alice Weidel und Tino Chrupalla wären also durchaus in Gesellschaft gewesen. Vor allem hätten sie sich gewundert, wie sehr sich der in ihren Augen von Zwangsgeld aufgeblähte Fernsehmoloch mit dem Sparen beschäftigt – zumindest mit Worten.

Da begrüßt Moderatorin Barbara Schöneberger, dekoriert wie eine übergroße und übersüße Bonbonniere, ihren Chef Tom Buhrow, den Intendanten des WDR, „der den ganzen Bumms heute Abend bezahlt, natürlich auch mich“. „Wir müssen ja sparen beim Fernsehen“, sagt Schöneberger, „,Wer wird Millionär?‘ wird demnächst umbenannt in ,Wer kriegt den Zehner?‘“

Das ist dann zumindest schon einmal ein echter Sparwitz, den Schöneberger da vorträgt. So geht es weiter.

Von der Showtreppe aus verkündet Schöneberger: „Bei uns werden keine Gebührengelder verschwendet.“ Später lässt sie Intendant Buhrow einen Glückskeks aufbrechen. „Die Rente ist sicher“, steht darin. Und wie sagt die Moderatorin zu dem bestens abgesicherten Intendanten: „In Ihrem Fall stimmt das sogar!“

Als sich der nächste Glückskeks nicht öffnen lässt, schimpft die Moderatorin: „Das kann doch nicht sein, da haben sie wieder so ein Billigmaterial eingekauft!“

TV-Zukunft ohne 3sat und ZDF Neo?

„Bezahlen.“ „Sparen.“ „Verschwendung.“ „Billigmaterial“: Dass das Thema Geld eine so große Rolle spielt, selbst bei der Leistungsshow des deutschen Fernsehens, hat sehr handfeste Hintergründe. Seit diesem Freitag liegt der Sparentwurf zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks offiziell vor.

Danach wird man sich wohl zwischen Arte und 3sat entscheiden müssen. In einem öffentlich-rechtlichen Fernsehen unter Sparzwang wäre nur noch Platz für einen von beiden Sendern – voraussichtlich eher Arte. Europa geht ja vor. Vier, vielleicht fünf Spartensender müssten geopfert werden, so die Pläne der Medienpolitik. Auch ZDF Neo könnte in Frage gestellt sein. Dazu stehen 20 Radiosender auf der Kippe.

„Die Einstellung trifft das Publikum!“

Wie groß die Ängste sind, zeigt die Schnelligkeit der Reaktion. Noch am Freitagvormittag teilt ZDF-Intendant Norbert Himmler per eiliger Pressemitteilung mit: „phoenix ist unabdingbar für die politische Meinungsbildung.“

Begründet wird das mit den Übertragungen aus dem Bundestag und der Berichterstattung aus dem Europäischen Parlament – dazu kommen in der Leistungsliste „bislang Interviews mit mehr als 50 EU-Abgeordneten“.

Das ZDF hat es eilig, die ARD agiert voreilig. Schon am Donnerstag warnt der amtierende ARD-Vorsitzende Kai Gniffke die Politik sehr unverhohlen vor der Sparsamkeit: „Die Einstellung von Hörfunkprogrammen trifft nicht primär die ARD, sondern sie trifft das Publikum. Wenn man sagt, ihr müsst auf 20 Wellen verzichten, muss man halt nur wissen, was man tut.“

Die noch immer umstrittene Erhöhung des Rundfunkbeitrags am 1. Januar von 18,36 Euro um 58 Cent pro Monat scheint die Senderverantwortlichen bislang allerdings nicht wirklich zu beunruhigen. In den Planungen für die Haushalte im Jahr 2025 gehen die neun ARD-Intendanten davon aus, im neuen Jahr tatsächlich mehr Geld zur Verfügung zu haben. Wie sagte Kai Gniffke: „Es gibt keinen Plan B.“