Freitagsabrechnung von Josef Seitz - Weder Raab noch ARD: Die beste Show der Woche liefert eindeutig die CSU

Die Überraschung ist der Union geglückt, doch hält die Einigkeit bis zur Bundestagswahl?<span class="copyright">Michael Kappeler/dpa</span>
Die Überraschung ist der Union geglückt, doch hält die Einigkeit bis zur Bundestagswahl?Michael Kappeler/dpa

Wir haben Stefan Raabs Comeback erlebt. Wir haben den Ärger der ARD mit einem Laiendarsteller in der Politikshow beobachtet. Der Programmhöhepunkt allerdings kommt aus Berlin: Der Doppelauftritt von Friedrich Merz und Markus Söder liefert alles, was Fernsehen bieten kann.

Mein Lieblingssender diese Woche? Das ist nicht die ARD, nicht das ZDF. Auch nicht RTL. Mein absoluter Lieblingssender hat drei andere Buchstaben. Ein „C“. Ein „S“. Ein „U“.

Dieser Fernsehsender CSU hat am Dienstag zwar nur für eine Viertelstunde Programm ausgestrahlt. Diese 16 Minuten aber haben alles geboten, was Fernsehen schaffen kann: Spiel, Spaß, Spannung. Und was zum Wundern.

Söder: der Western

High Noon in Berlin! Pünktlich zur Mittagszeit öffnet sich die Tür in der bayerischen Landesvertretung in Berlin. Heraus tritt: Markus Söder , bayerischer Ministerpräsident, geschmückt mit einem Bart wie Buffalo Bill und beim Gehen etwas steif in der Hüfte, als hätte er nach dem langen Ritt aus München in die Hauptstadt gerade noch sein Pferd auf dem Platz der Republik festgebunden.

Ihm folgt, die Hände geballt: Friedrich Merz, mit 1,98 Metern noch vier Zentimeter größer. Duell der beiden Bandenführer, der unangefochtenen Chefs von CDU und CSU – wer zieht schneller?

Markus Söder zieht den Kürzeren und sagt, er sei „fein“ damit, wenn Friedrich Merz den Spitzenkandidaten der Union für die Bundestagswahl gibt. Vier Fäuste für ein Halleluja: „Guten Tag auch zu Hause an den Bildschirmen“, verkündet Markus Söder, „die K-Frage ist entschieden. Friedrich Merz macht’s.“

Abspann. Der Cowboy schwingt sich aufs Pferd und reitet gen Süden. Die untergehende Sonne taucht ihn in mildes Abendlicht. An seiner Seite reitet nicht mehr als die ewige Einsamkeit des großen Mannes.

Söder: der Science-fiction-Film

Die Zeitmaschine ist eine der beliebtesten Erfindungen der Filmgeschichte, um die 400 Streifen beschäftigen sich damit – und nicht alle sind so lustig wie Bully Herbigs „(T)Raumschiff Surprise“ von 2004.

Die Zeitmaschine der CSU, wie sie diesen Montag beim Science-fiction-Film „Traumkanzler Merz“ von 2024 präsentiert wird, ist zumindest hochkomisch. Gerade sind die CSU-Landtagsabgeordneten zur Klausur ins Kloster Banz in Franken gereist.

Hier hören sie von Hendrik Wüst, dass er nicht als Kanzlerkandidat zur Verfügung stehen will und für den stärksten Landesverband empfiehlt, Friedrich Merz in seiner Kandidatur zu unterstützen. Damit ist die Entscheidung für diesen Kandidaten öffentlich vorweggenommen.

„Dieser Termin heute ist nicht spontan“

CSU-Fraktionsvorsitzender Klaus Holetschek telefoniert mit Söder, reagiert auch danach schmallippig und sagt nur knapp: „Ich finde das überraschend an der Stelle.“ Tatsächlich aber hat Markus Söder im Hightech-Standort Bayern offensichtlich längst die Zeitmaschine als Dienstfahrzeug etabliert.

Wie sonst ließe es sich erklären, dass er zur Pressekonferenz in Berlin vor die Kameras und Mikrofone tritt mit den Worten: „Dieser Termin heute ist nicht spontan. Er ist länger vorbereitet.“

Und wenige Minuten später springt Friedrich Merz bei: Man habe doch schon immer gesagt, „im Spätsommer“ eine Entscheidung präsentieren wollen.

„Wir haben immer gewusst, dass diese Verantwortung über unsere beiden Personen hinausreicht. Die Union ist die letzte verbliebene große Volkspartei der demokratischen Mitte.“ Der Zuschauer reibt sich die Augen: Nur dank dieser Zeitmaschine kann Söder vorher gewusst haben, was ihn hinterher überrascht hat. Oder umgekehrt.

Söder: der Liebesfilm

Markus Söder hat Scheidungskrieg und Schlammschlacht hinter sich. Immer wieder erinnert er sich und das Publikum der Pressekonferenz daran, wie krachend die Beziehung zum CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet gescheitert ist – und am Ende kam es, wie es so oft kommt in solchen Auseinandersetzungen.

Das angestrebte Zweifamlienheim mit CDU und CSU in der Regierung war zum Teufel gegangen, im Scheidungsstreit verramscht an Olaf Scholz und seine Ampel-Irrlichter, die seither eine Lightshow veranstalten, dass sich Deutschland nur noch die Augen reibt.

Dieses Scheitern der Beziehung zwischen CSU und CDU ist Geschichte. Jetzt geht es um die großen, die ganz großen Gefühle. Wie sagt Markus Söder in der Pressekonferenz – und es klingt nach Eheversprechen und dem Bund fürs Leben:

„Wir sind uns einig nicht nur für den heutigen Tag. Wir wollen auf eine lange Zeit gemeinsam Verantwortung übernehmen für unser Land.“

Markus Söder bleibt der Mann für die härteren Töne

Beide Parteivorsitzende, so fügt Söder noch hinzu, bilden das Zentrum der Familie – äh: der Union. Und dann arbeitet der CSU-Vorsitzende noch seine Beziehungsgeschichte öffentlich auf. „Was ist anders als 2021?“, fragt er. Und gibt gleich noch die Antwort: „Wertschätzung!“

Spätestens an dieser Stelle hätte die CSU in ihrer Landesvertretung ein Streichorchester auffahren sollen. Süße Geigen wären zur Liebeshochzeit vor laufenden Kameras das Mindeste gewesen.

Aber sei gewarnt, Restdeutschland: Markus Söder bleibt der Mann für die härteren Töne. Er kündigt eher ein Heavy-Metal-Musical an. Wie sagt er zum Schluss: „Wir rocken das!“