„Wir freuen uns“ - Deutsche Firma baut größte Wärmepumpe der Welt - aber für Helsinki
Ein nie dagewesenes Wundergerät: Der deutsche Hersteller MAN Energy Solutions hat die größte Luft-Wasser-Wärmepumpenanlage der Welt entwickelt. Zum Einsatz kommt die Pumpe aber in der finnischen Hauptstadt Helsinki - nicht in Deutschland. Warum hinkt Deutschland hier noch hinterher?
Die Zahlen sind beeindruckend: Insgesamt 200 Gigawattstunden Wärme soll die neue Riesenwärmepumpe des Augsburger Unternehmens MAN Energy Solutions liefern, rund 30.000 Haushalte soll das Gerät im Alleingang versorgen können. Damit handelt es sich um die größte Luft-Wasser-Wärmepumpe der Welt, rund 26.000 Tonnen Emissionen soll das Wundergerät einsparen - pro Jahr. "Wir freuen uns, dass unsere Wärmepumpenlösung eine Schlüsselrolle beim Vorantreiben der Energiewende spielt", sagt Uwe Lauber, Chef von MAN Energy Solutions.
In Deutschland wird die Riesenwärmepumpe aber erstmal nichts vorantreiben - sondern in Finnland. Die Anlage wird nämlich in der Hauptstadt Helsinki zum Einsatz kommen, das finnische Energieunternehmen Helen Oy hatte MAN mit der Umsetzung beauftragt. Helsinki hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2030 klimaneutral zu werden - da braucht es auch neue Arten zu heizen. "Nach Fertigstellung wird die Wärmepumpenanlage die durch das Heizen verursachten CO-Emissionen erheblich reduzieren und uns dem Netto-Null-Ziel näherbringen", freut sich Juhani Aaltonen, Vizepräsident von Helen.
"Wir reden nicht, wir machen es einfach"
In der nördlichsten Hauptstadt Europas ist Heizen naturgemäß ein besonders wichtiges Thema. Temperaturen von minus zehn Grad sind im Winter keine Seltenheit, vor allem in den kalten Monaten braucht es Kohle- und Gaskraftwerke, die dann das Fernwärmenetz versorgen. Schon Ende der Nullerjahre begann die finnische Hauptstadt damit, die Wärmeversorgung sauberer zu gestalten, unter anderem mit Abwärme aus Kraftwerken und von großen Rechenzentren. Saisonale Stromspeicher, Energie aus Abwasser und Wärmepumpen in der nahegelegenen Ostsee sollen die Wärmewende unterstützen.
Bereits im letzten Jahr hatten die Augsburger von MAN Energy Solutions für Aufsehen gesorgt, als sie eine Riesenwärmepumpe für die dänische Stadt Esbjerg entwickelten , die 100.000 Menschen mit klimaneutraler Wärme versorgen soll. "Wir reden nicht, sondern wir machen es einfach", sagte Esbjergs Bürgermeister Jesper Frost Rasmussen im Mai letzten Jahres dem "Spiegel “, auch mit Blick auf die Debatten in Deutschland. In der Bundesrepublik war der Verkauf von kleinen Wärmepumpen für den Hausgebrauch im ersten Halbjahr 2024 um 54 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eingebrochen.
Neue Pumpe in der neuen Ostsee
Aber auch in der Bundesrepublik geht es langsam voran. Ein dieses Jahr in Kraft getretenes Gesetz der Ampelregierung schreibt den Kommunen vor, bis spätestens 2028 eine sogenannte Wärmeplanung vorzulegen - damit in den Orten, in denen Fernwärme Sinn ergibt, auch die Netze entstehen, die eine Riesenwärmepumpe beliefern könnte. Doch auch erste konkrete Projekte sind bereits im Entstehen. Die größte deutsche Wärmepumpe soll bis Ende des Jahrzehnts im brandenburgischen Cottbus in Betrieb gehen und sich aus dem Wasser des neuen Cottbuser Ostsees speisen. Der See wird gerade auf dem Gebiet des ehemaligen Braunkohltagebaus Cottbus-Nord künstlich aufgefüllt.
In Ludwigshafen soll eine Wärmepumpe künftig 18.000 Haushalte versorgen , die Energie soll aus dem Abwasser des örtlichen Chemieriesen BASF kommen. In Köln soll künftig mit der Kraft des Rheins geheizt werden: Dort plant der Energieversorger Rheinenergie eine Großwärmepumpe, die Flusswasser in erhitzt und die Wärme dann ins Netz einspeist. Bis zu 50.000 Haushalte soll die Kölner Riesenpumpe am Ende versorgen. Die größte deutsche Wärmepumpe, die schon in Betrieb gegangen ist, versorgt seit letztem Oktober in Mannheim immerhin 3500 Haushalte.
Mehr Quellen, als Deutschland braucht
Noch existieren die meisten dieser Projekte aber nur auf dem Papier. Bei der Planung der Fernwärmenetze sind skandinavische Großstädte schon wesentlich weiter als Deutschland. Bei der Umsetzung der Projekte herrscht außerdem Unsicherheit wegen staatlicher Fördermittel und Genehmigungen der EU, die es dafür eventuell braucht. Das Potenzial ist jedenfalls vorhanden: Berechnungen des Wirtschaftsministeriums zeigen, dass Großwärmepumpen bis 2045 mehr als 70 Prozent der Fernwärmeversorgung in Deutschland bereitstellen könnten.
Geothermie, See- und Flusswasser, industrielle Abwärme, Abwasser, Kohlengruben, Rechenzentren - überall liegen Reserven, um vom Erdgas loszukommen, das bislang noch die Fernwärme dominiert. Eine Studie der Denkfabrik Agora Energiewende kam im Frühjahr 2023 zu dem Schluss, dass Deutschland über mehr Umwelt- und Abwärmequellen verfügt, als es eigentlich braucht, um den gesamten Wärmebedarf für Temperaturen bis 200 Grad Celsius zu decken.
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