Bei Fußball-EM 2024 - Warum die englische Mannschaft auf Gurkenwasser schwört

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Die englischen Fußballer in einer Spielpause.IMAGO/Pro Sports Images

Was die einen in den Abfluss kippen, ist für andere Gold wert: Die Rede ist von Gurkenwasser. Wie britische Medien berichten, zählt das vermeintliche Abfallprodukt zu den natürlichen Hilfsmitteln der englischen Profi-Fußballer. Was es im Körper bewirkt und wer ebenfalls zu Gurkenwasser greifen sollte.

Gurkenwasser ist Teil der Strategie des englischen EM-Teams, um Krämpfe bei Spielern zu bekämpfen. Die krampflösende Wirkung der Flüssigkeit aus Essiggurkengläsern konnten Forscher aus den USA bereits 2010 nachweisen: Das Gurkenwasser halbierte im Test die Dauer eines Muskelkrampfs. Der saure Geschmack des Wassers soll die Aktivität der impulsgebenden Nervenzellen drosseln und das wirke krampflösend.

Mit nur zehn Probanden war die Studie damals sehr klein. Trotzdem setzen nicht nur englische Star-Fußballer auf das Mittel, es ist auch aus anderen Sportarten bekannt. So wurden bereits Weltklasse-Tennisspieler bei Grand-Slam-Turnieren mit dem speziellen Getränk gesichtet.

Angewendet wird Gurkenwasser nicht vorbeugend, sondern bei einem akuten Krampf. Wie viel davon nötig ist, um Krämpfen entgegenzuwirken? Die US-Forscher sprechen von einem großen Schluck. Manche Sportler konsumieren es aber mehr nach dem Motto: Viel hilft viel. Nach einem anstrengenden 3-Stunden-39-Minuten-Match in Melbourne berichtete etwa der amerikanische Tennis-Star Frances Tiafoe im Jahr 2019 : „Ich habe versucht, am Leben zu bleiben. Ich habe Gurkensaft heruntergeschlungen, als sei es Kool-Aid, habe einfach versucht, das zu schaffen.“ Und weiter: „Es schmeckte schrecklich.“

Wie Muskelkrämpfe entstehen und was hilft

Theoretisch kann sich jeder Muskel unseres Körpers spontan und unwillkürlich zusammenziehen und so einen Krampf verursachen. Doch trifft es meist die Wade. Bis heute ist die Ursache für Muskelkrämpfe nicht gänzlich geklärt. Die meisten versuchen, mithilfe von Dehnübungen oder Magnesium entgegenzuwirken. Liegt die Verhärtung an einer Unterversorgung des Muskels mit Nährstoffen wie Magnesium, kann eine Magnesiumgabe sinnvoll sein. Gefolgt von Calcium, Kalium und Natrium, letzteres häufig bei Profi-Sportlern.

Alkohol und Abführmittel, Durchfall oder ein erhöhter Blutzuckerspiegel begünstigen die Entstehung eines Magnesiummangels. Aber auch Stress, Ausdauersport und eine Schwangerschaft gehören zu den Hauptfaktoren, die den Magnesiumspiegel im Körper sinken lassen können. Bei einer Schwangerschaft steigt der Bedarf an Magnesium um mindestens 50 Prozent.

Einer Langzeitstudie der American Academy of Neurology (AAN) zufolge, die sich mit der Wirkung von Mineralien auf Muskelkrämpfe beschäftigte, halfen sowohl Magnesium als auch Chinin-Sulfat gegen Wadenkrämpfe. Auch Dehnübungen der Wadenmuskeln erzielten zur Vorbeugung gute Ergebnisse.

Allerdings kann auch ein fehlerhafter Rückenmarksreflex die Ursache sein. Zwei Muskelsensoren harmonieren nicht miteinander und behindern sich gegenseitig. Das lässt den Muskel zu stark kontrahieren. In dem Fall kann Magnesium nicht helfen, vermutlich aber Gurkenwasser.

Eine weitere, naheliegende Ursache für Krämpfe: eine beeinträchtigte Blutzirkulation. Einfach gesagt: zu enge Socken, zu fest geschnürte Schuhe.

Medikamente wie Betablocker oder Arzneien im Rahmen einer Chemotherapie können ebenfalls Muskelkrämpfe begünstigen. Am häufigsten betroffen sind ältere Menschen. Mit steigendem Alter lässt die reibungslose Nervenfunktion nach und der Muskel empfängt falsche Signale. Zudem trinken ältere Menschen oft wenig. Dann fehlen ihnen neben Flüssigkeit auch Elektrolyte und Mineralstoffe.

Dehnübung bei nächtlichen Wadenkrämpfen

Manche Menschen werden besonders nachts von Krämpfen in der Wade geplagt. Wissenschaftler sehen die Gründe darin, dass im wachen Zustand bei jedem Muskelzucken im Körper automatisch eine Dehnung erfolgt. Nachts hingegen trifft ein Wadenkrampf den Körper unvorbereitet.

Muskelkrämpfe während des Schlafs treten häufig auch als Begleiterscheinung neurologischer Erkrankungen auf: wenn etwa Diabetes erste Nervenschäden verursacht hat. Aber auch dann, wenn Rauchen die Durchblutung negativ beeinflusst.

Betroffene erwachen meist erst dann, wenn der Muskel schon komplett verhärtet ist und die Schmerzen bereits auf dem Höhepunkt sind. Dann hilft in den meisten Fällen dehnen.

  • Greifen Sie mit der Hand an die Zehen des betroffenen Fußes, der betroffenen Wade.

  • Ziehen Sie den Fuß vorsichtig und langsam zu sich.

  • Halten Sie die Spannung für 20 bis 30 Sekunden.

  • Lassen Sie den Fuß langsam wieder los.

  • Wiederholen Sie die Übung mehrmals hintereinander.

  • Bringt das Dehnen keine Abhilfe, dann kann ein Wadenwickel helfen (Handtuch in heißes Wasser tränken). Vorsicht: Wer Krampfadern hat, sollte nur warmes Wasser für den Wickel verwenden.

Welche Rolle spielen Faszien bei der Entstehung von Krämpfen?

Dass sich ein Muskel oder eine Muskelgruppe zusammenzieht und dadurch Krämpfe entstehen, ist bekannt. Doch mehr und mehr werden auch die Faszien, also das den Muskel umhüllende Gewebe, mit Krämpfen in Verbindung gebracht. Sportwissenschaftler sehen einen Zusammenhang zwischen der eingeschränkten Funktion dieser Bindegewebshüllen und einer erhöhten Krampfneigung.

Es wird angenommen, dass bei Verdrehungen oder Verklebungen in diesem Gewebe die einzelnen Muskeln nicht mehr richtig gleiten können und dadurch Krämpfe verursachen. Regelmäßige Übungen mit einer Faszienrolle können dafür sorgen, dass das Bindegewebe an Wade, Ober- und Unterschenkel nicht verklebt, verdickt und verdreht.