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Gabriel will «Ausbluten» der Kommunen mit 5 Milliarden stoppen

So sieht es nicht nur in Duisburg aus: Die Kommunen bekommen jetzt unverhofft Milliarden für neue Straßen, Fahrradwege, Kitas und Schulen. Foto: Caroline Seidel/Archiv

Die große Koalition greift klammen Kommunen bis 2018 mit einer Fünf-Milliarden-Finanzspritze unter die Arme. Damit sollen überschuldete Städte und Gemeinden neue Straßen, Fahrradwege und Kitas bauen, schnelles Internet anbieten und Schulen renovieren.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte, Schwarz-Rot wolle ein «Ausbluten» der Kommunen verhindern. Das wäre sozialer Sprengstoff: «Verwahrloste Städte und Gemeinden produzieren verwahrloste Köpfe und Seelen.»

Zuvor hatten sich Regierung und Koalitionsspitzen darauf geeinigt, wie das schon im November angekündigte Zehn-Milliarden-Paket des Bundes zwischen 2016 und 2018 auf die Ministerien verteilt wird. Die Hilfen für die Kommunen haben mit diesem Topf nichts zutun.

Der Fünf-Milliarden-Scheck für die Kommunen ist eine Überraschung. Zwar kam die Koalition Ländern und Kommunen bereits kurz vor Weihnachten bei der Finanzierung der Unterbringung von Flüchtlingen entgegen. Nun sieht Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dank der guten Wirtschaftslage, hoher Steuereinnahmen und Mini-Zinsen Spielraum für einen kräftigen Nachschlag.

Schäuble stellt 2017 den Kommunen weitere 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Bereits im laufenden Jahr wird er ein Sondervermögen von 3,5 Milliarden Euro aufbauen, aus dem Investitionen in finanzschwachen Gemeinden bezahlt werden. Unter dem Strich bekommen die Kommunen damit in den nächsten Jahren fünf Milliarden Euro extra.

Trotz des Geldsegens will die Koalition weiterhin einen ausgeglichenen Haushalt erreichen. Im Vorjahr hatte der Bund zum ersten Mal seit 1969 eine «schwarze Null» ohne neue Schulden geschafft.

Die Investitionsoffensive ist nach den Worten Gabriels auch ein Signal an die EU-Partner und die USA, die seit Jahren Deutschlands Exportüberschüsse kritisieren und höhere öffentliche Ausgaben verlangen, um durch mehr deutsche Importe das Wachstum in kriselnden EU-Ländern anzukurbeln.

Union und SPD hatten monatelang über die Verwendung der 10 Milliarden gestritten. Am meisten Geld streicht Infrastrukturminister Alexander Dobrindt (CSU) ein - nämlich 4,35 Milliarden Euro, die er über drei Jahre gestreckt vor allem in den Internet-Breitband-Ausbau und marode Straßen stecken soll. Auf die SPD-geführten Ministerien entfallen rund 2,5 Milliarden Euro. Der Rest von drei Milliarden wird auf alle Ministerien verteilt.

Gabriel regte an, dass der Bund künftig den Kommunen auch die Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen komplett abnehmen sollte. «Ich möchte nicht erleben, dass eine Gemeinde sich entscheiden muss, ob sie das Freibad offenhält oder die Flüchtlingsunterbringung finanziert.»

Die Kommunen freuen sich über die Hilfe aus Berlin. «Das ist angesichts eines kommunalen Investitionsstaus von 118 Milliarden Euro und kommunaler Sozialausgaben von 50 Milliarden Euro nötig und hilfreich», sagte Städtetagspräsident Ulrich Maly (SPD). Auch Industriepräsident Ulrich Grillo sieht einen Schritt in die richtige Richtung: «Im Moment verzehren wir unsere Substanz.»

Gabriel-Brief an SPD-Verbände

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