Gastbeitrag von Gabor Steingart - 7 Warnsignale aus US-Wirtschaft gefährden auch eine deutsche Hoffnung

Ein Aktienhändler sitzt auf dem Parkett der Frankfurter Wertpapierbörse vor seinen Monitoren.<span class="copyright">Arne Dedert/dpa</span>
Ein Aktienhändler sitzt auf dem Parkett der Frankfurter Wertpapierbörse vor seinen Monitoren.Arne Dedert/dpa

Die US-Notenbank Fed hat den Leitzins gesenkt. Eine amerikanische Rezession wird das kaum Aufhalten - zu viele Frühwarnsignale sprechen dafür. Das ist auch für Deutschland eine schlechte Nachricht.

Gestern hat die amerikanische Notenbank endlich den Schritt gewagt, sich mit einer Zinssenkung gegen die Abkühlung der Konjunktur zu stemmen. Um 50 Basispunkte wurde der Leitzins der Fed auf 4,75 bis fünf Prozent herabgesetzt.

Doch vermutlich wird man bald sagen: „Too little too late.“

Denn die Notenbank, die mit elf Erhöhungen den Leitzins auf ein 22-Jahres-Hoch getrieben hat, ist spät dran. Alle Frühindikatoren künden vom Wetterumschwung. Eine amerikanische Rezession, die auch die deutschen Hoffnungen auf einen zarten Aufschwung in 2025 verwelken ließe, wird immer wahrscheinlicher.

#1 Historisch niedrige Sparquote

Die sogenannte „Personal Saving Rate“, also die Sparquote der Amerikaner, hat im Juli mit 2,9 Prozent ein Rekordtief seit der Finanzkrise erreicht. Damit sind die Reserven aus der Corona-Zeit verbraucht. Das Munitionslager für steigende Konsumausgaben – der traditionelle Treiber der amerikanischen Konjunktur – ist damit leergeräumt.

Steigende Einkommen könnten theoretisch schrumpfende Spareinlagen ausgleichen, doch sie tun es nicht. Während das BIP im zweiten Quartal 2024 real um 2,1 Prozent annualisiert wuchs, stieg das Bruttoeinkommensprodukt (GDI) im selben Zeitraum nur noch um ein Prozent. Dieser Rückgang deutet auf eine Stagnation der realen Einkommen hin, was den Spielraum für Konsumausgaben weiter einengt.

#2 Umsatz in der Konsumbranche hat zu schrumpfen begonnen

McDonald’s und Starbucks melden Umsatzabschwächungen in ihren amerikanischen Filialen. Auch der große Sportartikelkonzern Lululemon weist ein Minus von drei Prozent aus. Doch nicht nur die unteren Einkommensschichten sind betroffen. Jens Ehrhardt, Vorsitzender der DJE Kapital AG, weist darauf hin:

„Auch beim Ausgabeverhalten gut betuchter Amerikaner gibt es deutliche Abschwächungen. So sank der Gewinn bei Sotheby’s um 88 Prozent, und auch Christie’s meldet verhaltene Töne.“

#3 Globale Unsicherheit durch Kriege und Systemrivalität mit China

Die geopolitischen Spannungen lassen die Globalisierung stocken. Die Konfrontation mit China spitzt sich zu, Investitionen in globale Lieferketten bleiben aus. JPMorgan sieht eine „neue Normalität“ der fragmentierten Märkte, während Goldman Sachs einen Rückgang des Welthandels um 3,4 Prozent prognostiziert.

#4 Frühwarnsignale meldet auch der Arbeitsmarkt

Obwohl der Arbeitsmarkt in den USA noch relativ stark ist, gibt es Zeichen der Verlangsamung. Firmen und die öffentliche Hand haben im August 142.000 neue Stellen geschaffen, weniger als erwartet.

Gleichzeitig geht es dem US-Arbeitsmarkt weniger gut, als die Zahlen auf den ersten Blick verraten. Dazu muss man wissen: Nach der ersten Veröffentlichung korrigiert das Bureau of Labor Statistics die Zahlen in den darauffolgenden Monaten. In den beiden vergangenen Monaten wurden die Zahlen jeweils um 86.000 Arbeitsplätze nach unten revidiert. Im Juli blieben nach der Revision nur noch 89.000 neue Arbeitsplätze übrig.

#5 Schwächere Unternehmensgewinne

Viele Unternehmen, insbesondere im Technologiesektor, sehen sich mit stagnierenden oder rückläufigen Gewinnen konfrontiert. Microsoft meldete einen Gewinnrückgang von vier Prozent; Amazon korrigierte seine Wachstumsprognose für das kommende Quartal nach unten. Analysten von Morgan Stanley warnen vor einer „Ertragsschrumpfung“ für den gesamten S&P 500 Index im vierten Quartal.

Laut einer aktuellen Umfrage der National Federation of Independent Business, bei der kleine US-Unternehmen befragt werden, berichteten nur 37 Prozent der Unternehmer, dass die Unternehmensgewinne in den letzten drei Monaten gestiegen wären. Der schlechteste Wert seit 2010.

#6 Erhöhte Verschuldung

Die Staatsverschuldung der USA ist im August 2024 um rund 150 Milliarden US-Dollar auf 35,26 Billionen US-Dollar angestiegen. Auch die privaten Haushalte stehen unter Druck: Die Kreditkartenschulden der Amerikaner sind um 5,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 1,14 Billionen Dollar gestiegen, wie ein Bericht der New York Fed zeigt. Jerome Powell, Vorsitzender der Fed, warnte in Jackson Hole:

„Die Risiken nehmen zu, dass eine unkontrollierte Schuldenlast in einer Finanzkrise münden könnte.“

#7 Das Orakel von Omaha verkauft weiter

Warren Buffett, CEO von Berkshire Hathaway, hat in diesem Sommer rund sechs Milliarden Dollar in Barreserven aufgebaut, nachdem er in einer Reihe von Verkäufen auch die Bank-of-America-Aktien abgestoßen hat. „Ich sehe keine Schnäppchen mehr“, sagte Buffett jüngst in einem CNBC-Interview. Sein Schritt wird von vielen als Zeichen für eine nahende Rezession gedeutet. Buffett hält das Pulver trocken.

 

Fazit: Die Abkühlung in den USA hat begonnen. Die Rezension ist noch nicht da. Aber sie ist wahrscheinlicher geworden – trotz der Zinssenkung des gestrigen Tages.