Gastbeitrag von Gabor Steingart - Dieses Wiedersehen ist für den Steuerzahler kein schönes Erlebnis

Für den Steuerzahler bedeutet es selten Gutes, wenn der Staat erneut als Retter der Wirtschaft auftritt. Während erfolgreiche Produkte wie das Smartphone ihren Weg ganz ohne Hilfe finden, fließen Milliarden in Industrien, die nur durch Subventionen überleben. Ob Elektroautos, Wärmepumpen oder kriselnde Großkonzerne – das Wiedersehen mit staatlicher Unterstützung kommt den Steuerzahler teuer zu stehen.

Für Produkte, die so beliebt sind wie das Smartphone, braucht es keine staatliche Verkaufsförderung. Auch ein Verbot konkurrierender Technologien, als da wären die Buschtrommel, der Brief oder das Festnetztelefon, ist überflüssig. Auf die Idee käme nicht mal Kevin Kühnert.

Der Grund: Freie Märkte funktionieren effizient und schnell. Das Handy hat es ohne jede staatliche Unterstützung bis nach Timbuktu geschafft. Viele Flüchtlinge verlieren auf dem Weg nach Deutschland ihre Pässe. Aber das Smartphone verliert keiner.

Subventionen sind das Bürgergeld der gehobenen Stände

Besitzt ein Produkt allerdings eine nur schwache Attraktivität, leuchtet sein Nutzen dem Verbraucher nicht unmittelbar ein und drohen dem Hersteller deshalb Verluste, kommt unverzüglich der Staat ins Spiel. Plötzlich stehen die Verkäufer von Elektroautos, Kreuzfahrtschiffen, Wärmepumpen, Computerchips und Stahlbrammen als Bittsteller vor den Ausgabeschaltern des Staates.

Verkaufsprämien, Investitionszulagen, Strompreisbremsen und Ansiedelungshilfen: Subventionen sind das Bürgergeld der gehobenen Stände.

It takes two to tango: Der klassische Berufspolitiker ist allzeit bereit, mit dem Geld anderer Menschen die Welt zu retten und die Wirtschaft dahin zu stupsen, wo er sie gerne hätte. Die Koalition der Subventionspolitiker ist von allen großen Koalitionen die größte.

Der Staat ist für diesen Typus Politiker nicht der Schiedsrichter, wie es Ludwig Erhard empfohlen hatte, sondern die Sturmspitze, die selbst die Tore schießen will. Die Investitionsplanung – in den siebziger Jahren das Top-Thema der SPD – erlebt so ihre Renaissance.

Dieses Wiedersehen ist für den Steuerzahler kein schönes Erlebnis

„Die Verteilung der Investitionen und ihre Lenkung durch öffentliche Mittel und staatliche Planung sind unerlässlich, um den Fortschritt zu sichern.“ So stand es 1975 im SPD-Parteiprogramm, dem sogenannten Berliner Programm. Nach dem Machtverlust und 16 Jahren Helmut Kohlverschwand der Begriff „Investitionsplanung“ in der SPD-Mottenkiste, um nun als rot-grüne „Transformation der Volkswirtschaft“ seine Wiedergeburt zu feiern.

Dieses Wiedersehen ist für den Steuerzahler kein schönes Erlebnis: Wieder ist es sein Geld, das hier zum Einsatz kommt. Das Geld fließt immer bergab – von den Kreativen zu den Ideenarmen, von den Fleißigen zu den Bequemen, von den Erfolgreichen zu den Erfolglosen.

#1 Sündenfall Meyer Werft

Die private Werft aus Papenburg, die der Familie Meyer gehört, hat sich verhoben. In der Pandemie, als die Bestellungen neuer Kreuzfahrtschiffe ausblieben, entstand eine Finanzierungslücke in Höhe von 2,6 Milliarden Euro, die auch danach nicht geschlossen werden konnte. Woran erkennt man Missmanagement? Wenn Einnahmen und Ausgaben nicht zueinander passen.

Der Bund und das Land Niedersachsen helfen der Werft nun aus der Patsche. Beide erwerben für jeweils 200 Millionen Euro rund 40 Prozent der Firmenanteile, die sonst unverkäuflich waren. Außerdem bürgen Bund und Land zu 80 Prozent für neue Kredite in Höhe von 2,6 Milliarden Euro. Im Auftrag der Steuerzahler wurde – wieder mal – ein Verlustgeschäft abgeschlossen.

#2 Sündenfall Intel

Der US-Konzern ist trotz des Booms der Halbleitermärkte und einer Hochkonjunktur für KI-Technologie ins Trudeln geraten. Die Konkurrenz war schneller. Die Intel-Aktie hat in den vergangenen sechs Monaten fast 60 Prozent ihres Wertes verloren. Der Konzern plant, zehn Milliarden US-Dollar zu sparen, 15.000 Stellen – rund 15 Prozent der Belegschaft – sollen abgebaut werden.

Für ein geplantes Werk in Magdeburg hat die Bundesregierung zehn Milliarden Euro Fördergelder zugesagt. Angesichts der massiven wirtschaftlichen Schwierigkeiten von Intel ist unklar, ob diese Chipfabrik jemals gebaut wird. Die EU-Kommission, die Subventionen dieser Höhe absegnen muss, hat bislang noch kein grünes Licht gegeben.

#3 Sündenfall Volkswagen

Hinter den Kulissen sind SPD-Politiker und Gewerkschaftsfunktionäre aktiv,  um den Autokonzern vor der Restrukturierung zu bewahren. Denn Fakt ist: Die Elektroautos der Wolfsburger verkaufen sich nicht gut – weder in China noch im Westen. Die Autos sind im Massensegment technisch nicht brillant und deutlich zu teuer.

Wichtig zu wissen: 70 Prozent der Stimmen im Aufsichtsrat gehören den Arbeitnehmern, der SPD und der IG Metall. Mit zu hohen Gehältern von zu vielen Beschäftigten in zu vielen Fabriken produziert man Autos, die zu viel kosten. Und wenn die Gleichung nicht mehr aufgeht, soll der Staat als Reparaturbetrieb anrücken.

#4 Sündenfall E-Auto-Prämie

Allein die Tatsache, dass die Elektromobilität eine staatliche Anschubförderung braucht, zeigt: Der Markt ist noch nicht reif für den Siegeszug dieser neuen Antriebstechnologie. Die Reichweite der Batterien, die lückenhafte Infrastruktur der Ladestationen und die unklare Situation bei den Rückkaufswerten gebrauchter E-Autos lassen Millionen von Kunden zögern – zu Recht.

Diesen Reflex des Zögerns will die Politik den Menschen abtrainieren. Mit Geld sollen sie in diese neue Technologie gelockt werden – obwohl unklar ist, ob sich der elektrifizierte Antriebsstrang überhaupt durchsetzen wird. Von 1,3 Milliarden Autos auf der Welt fahren derzeit erst knapp drei Prozent elektrisch.

#5 Sündenfall Wärmepumpe

Die staatliche Förderung der Wärmepumpen, die bis zu 40 Prozent des Investitionsvolumens erreicht, hat den Absatz erst beflügelt und dann abstürzen lassen. Nach dem Wärmepumpengesetz vom vergangenen Herbst ist der Verkauf in diesem Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 54 Prozent eingebrochen.

Der Grund: Der gesamte Markt hängt nun vom Staat ab. Damit sind die marktwirtschaftlichen Mechanismen außer Kraft gesetzt und die Hauseigentümer warten auf staatliche Richtlinien zur Spezifizierung der Pumpen und eine noch großzügigere Bezuschussung.

Fazit: Die neue Investitionslenkung ist ähnlich erfolglos wie die alte. Die Marktwirtschaft lässt sich verformen, aber nicht überlisten. Oder wie Roland Koch, Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung, kürzlich formulierte: „Erfolgreiche Unternehmen haben zuerst Ideen, dann Investoren und schließlich Standorte und Mitarbeiter. Es ist sinnlos, diese Reihenfolge künstlich umdrehen zu wollen.“