Gastbeitrag von Gina Rühl - Mockridges Paralympics-Sprüche machen mich wütend - vor allem aus einem Grund
Luke Mockridge dient vielen Menschen als Vorbild. Umso bedenklicher, was er über die Paralympics gesagt hat. Ich versuche jeden Tag, Vorurteile abzubauen. Aussagen wie die von Mockridge machen solche Bemühungen zunichte.
Comedy oder Diskriminierung? „Es gibt Menschen ohne Beine und ohne Arme, die wirft man ins Becken – und wer als Letzter ertrinkt, der hat halt gewonnen“, sagte Luke Mockridge vor einigen Wochen in einem Podcast. Es ging um die Paralympics.
Solche Aussagen lösen in mir Unverständnis und Wut aus. Mockridge hat eine riesige Reichweite auf Social Media und dient vielen als Vorbild. Despektierlich gegenüber Menschen mit Behinderung zu sein, setzt ein völlig falsches Zeichen.
Wenn man Witze über Behinderungen macht, sollten sie gut durchdacht sein, eine klare Haltung haben und die Betroffenen respektieren. Ich selbst erlebe häufig Situationen, in denen ich schlecht behandelt werde oder sich Menschen über meine Behinderung lustig machen.
Sprüche wie „T-Rex!“, „Warst du schon im Secondhand-Shop?!“, „Warum zeigst du dich so, das sieht eklig aus!“ oder sogar „Kannst du mich mit der Prothese befriedigen?“ sind leider keine Seltenheit.
Besonders, wenn ich Hilfe brauche, entstehen oft unangenehme Situationen. Viele Menschen merken nicht sofort, dass mir ein Arm fehlt, und reagieren dann verwirrt oder mit Unverständnis. Häufig höre ich Sätze wie: „Sie sind jung, Sie können ja nichts haben.“ Wenn ich dann erkläre, was los ist, kommt oft: „Du siehst ja nicht behindert aus, sorry.“
Witze über behinderte Menschen verstärken negative Stereotypen
Diese Kommentare sind nicht nur verletzend, sondern zeigen auch, wie tief Vorurteile sitzen und wie wenig Verständnis es oft gibt. Als ich auf Social Media Stellung zu Luke Mockridges Äußerungen bezog, erhielt ich Kommentare wie „Du bist humorbehindert!“, „Verstehst du keinen Spaß?“ oder „Stell dich nicht so an!“.
Humor ist zwar subjektiv, aber was für den einen lustig ist, kann für den anderen verletzend sein – das dürfen wir nie vergessen. Besonders problematisch wird es, wenn Witze auf Kosten von Menschen mit Behinderung gemacht werden. Oft sind solche Witze nicht nur harmloser Spaß, sondern können schnell in Richtung Diskriminierung oder Herabwürdigung gehen.
Sie verstärken negative Stereotype und tragen dazu bei, dass Menschen mit Behinderungen weiterhin stigmatisiert werden. Man sollte sich immer fragen, ob der eigene Humor anderen schadet. Sich über Menschen mit Behinderungen lustig zu machen, zeigt oft einen Mangel an Empathie und Respekt. Humor darf manchmal auch Grenzen überschreiten, aber niemand sollte sich durch Witze schlecht oder minderwertig fühlen.
Es ist wichtig, sensibel zu bleiben und darauf zu achten, welche Art von Humor wir fördern, vor allem, wenn es um die Würde und den Respekt vor anderen Menschen geht.
Auch ich mache Witze - aber nicht auf Kosten anderer
Wir kämpfen täglich für Inklusion und gegen Vorurteile, und dann kommen Aussagen wie in jenem vieldiskutierten Podcast, die unsere Bemühungen wieder zunichtemachen.
Wenn ich als Betroffene Witze über meine eigene Behinderung mache, ist das etwas ganz anderes, als wenn Fremde sich darüber lustig machen. Ich kenne meine Grenzen, weiß, was ich aushalten kann und wie ich mit meiner Behinderung umgehe.
Fremde Menschen, die weder mich noch meine Situation kennen, sollten sich bewusst sein, dass ihre Worte Schaden anrichten können. Es ist wichtig, vorsichtig zu sein und zu verstehen, wo die Grenzen des anderen liegen. Witze sind grundsätzlich in Ordnung, aber sie sollten niemals respektlos sein oder Menschen in ihren Fähigkeiten abwerten.
Auch ich mache oft Witze, aber nie auf Kosten anderer und immer mit Respekt. Das gleiche gilt für Menschen ohne Behinderung: Man macht keine respektlosen Witze über jemanden, den man nicht kennt.
Die Paralympics sind beeindruckend
Bezüglich Luke Mockridges Aussagen zu den Paralympics möchte ich betonen, wie wichtig diese Spiele sind. Sie zeigen, dass Menschen mit Behinderungen genauso beeindruckende sportliche Leistungen erbringen können wie Menschen ohne Behinderung. Die Paralympics helfen dabei, Vorurteile abzubauen und deutlich zu machen, dass eine Behinderung niemanden davon abhalten sollte, seine Ziele zu erreichen.
Sie verändern das Bild von Behinderungen in der Gesellschaft positiv und tragen zu einem inklusiven Miteinander bei. Ich habe kürzlich für die Sendung „Selbstbestimmt“ im MDR eine Folge über die Paralympics gedreht – „Wer braucht die Paralympics?“.
Dadurch habe ich einen tiefen Einblick in das harte Training der Teams bekommen. Dieses Erlebnis hat mir noch einmal vor Augen geführt, wie beeindruckend die Paralympics sind.
Die Athleten bekommen eine große Bühne, um zu zeigen, was in ihnen steckt. Das ist nicht nur inspirierend für andere Menschen mit Behinderungen, sondern für alle, die sich von diesen Leistungen motivieren lassen. Außerdem treiben die Paralympics Innovationen voran, wie etwa bei Prothesen oder anderen Hilfsmitteln, die den Alltag für viele Menschen verbessern.
Mockridges Entschuldigung finde ich wenig aussagekräftig
Insgesamt machen sie also nicht nur im Sport, sondern auch im Bereich der Inklusion einen großen Unterschied, sie sind extrem wichtig und verdienen Wertschätzung.
Luke Mockridge hat sich zwar auf Instagram für seine Äußerungen entschuldigt. Er erklärte, er habe „bei der Arbeit mit behinderten Menschen immer einen scharfen, schwarzen Humor erlebt, den ich gefeiert habe. Dass es mir nicht gelungen ist, das richtig zu vermitteln, und dass ich Menschen verletzt habe, tut mir wirklich leid." Wirklich aussagekräftig finde ich seine Entschuldigung aber nicht.
In Zukunft wünsche ich mir, dass Menschen mit Behinderungen in einer wirklich inklusiven Gesellschaft leben, in der sie gleichberechtigt und respektvoll behandelt werden. Barrierefreiheit sollte selbstverständlich sein, und Diskriminierung sowie Vorurteile müssen konsequent abgebaut werden, damit wir alle ein gleichberechtigtes Leben führen können.