Gastbeitrag von Thorsten Alsleben - „Hütte brennt“: Berlin setzt unser Land aufs Spiel - dabei ist Wirtschaftswunder nah

Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert habeck (Grüne) sitzen gemeinsam im Kabinett, machen aber Wahlkampf gegeneinander.<span class="copyright">Kay Nietfeld/dpa</span>
Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert habeck (Grüne) sitzen gemeinsam im Kabinett, machen aber Wahlkampf gegeneinander.Kay Nietfeld/dpa

Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer schwierigen Lage. Die Auswirkungen  werden die Zukunft des Landes und seiner Bürger maßgeblich beeinflussen. Die Politik zeigt sich bislang jedoch wenig handlungsfähig und konzentriert sich auf die falschen Dinge.

Deutschlands Wirtschaft steht an einem Kipppunkt . Anders als beim Klimawandel sind die Effekte täglich sichtbar und könnten in wenigen Jahren zu einem Wohlstandsverlust nie geahnten Ausmaßes führen.

Obwohl die Lage dramatisch, gefährlich und bald unumkehrbar ist, sind die Politiker apathisch oder setzen die falschen Schwerpunkte. Bei der Integration wird oft von Parallelgesellschaften geredet. Aber aktuell scheint das Berliner Regierungsviertel die am meisten abgeschottete Parallelgesellschaft zu sein.

Deutschland ist im internationalen Vergleich abgerutscht

Ohne kräftiges Wachstum werden die Herausforderungen aus demografischem Wandel, zunehmenden internationalen Handelsbarrieren und notwendiger Verteidigungsfähigkeit nicht zu meistern sein. Und vom Wachstum sind wir weit entfernt: seit fünf Jahren Stagnation, zuletzt sogar schrumpfende Wirtschaft. Das fürs nächste Jahr mal angekündigte Mini-Wachstum von 1 Prozent wurde soeben vom Sachverständigenrat in die Nähe der Nulllinie korrigiert.

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Bei der Wettbewerbsfähigkeit ist Deutschland im internationalen Vergleich während der  Merkel-Scholz-Regierung aus der Champions League abgerutscht, unter der Ampel in die 2. Liga katapultiert worden: von Platz 6 im Jahr 2014 auf Platz 24 in diesem Jahr.

Weniger Exporte, mehr Insolvenzen

Die Exportzahlen sinken, die Insolvenzen steigen, und selbst die bislang die Realität verschleiernde Arbeitslosenzahl steigt seit Monaten und nähert sich der 3-Millionen-Marke – trotz andauernden Fachkräftemangels. Es vergeht keine Woche, in der nicht mindestens ein bekanntes größeres Unternehmen verkündet, Standorte zu schließen und Hunderte oder gar Tausende Arbeitsplätze in Deutschland abzubaut.

Fast alle Rahmenbedingungen in Deutschland sind Standortnachteile: Bürokratielasten erreichen Spitzenwerte. Verwaltungsdigitalisierung auf Fax-Niveau. Negativrekorde bei Unternehmenssteuern und bei der Steuer- und Abgabenlast für Lohnempfänger. Sozialabgaben längst über der magischen 40-Prozentgrenze. Die Energiepreise gehören zu den höchsten weltweit, unter anderem wegen der verkorksten Energiewende.

Selbst bei Bildung fällt Deutschland zurück

Und selbst Deutschlands einstiges Alleinstellungsmerkmal – das hohe Bildungsniveau – ist passé. Seit knapp zehn Jahren sinkt es kontinuierlich, vor allem, weil die Bildungspolitik nicht richtig auf die zahlreichen Zuwandererkinder aus bildungsfernen nicht integrierten Elternhäusern reagiert hat. Und von der maroden Infrastruktur von Brücken bis Bahn ganz zu schweigen. Auf der Straße würde man sagen: Deutschland ist am Arsch.

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Die Wirtschaft schlägt schon länger Alarm. Doch die Warnungen wurden ignoriert. Der Bundeskanzler tut alles ab mit dem Spruch „Klage ist des Kaufmanns Gruß“ und attestiert sich selbst, er sei „der wirtschaftsfreundlichste Kanzler seit Ewigkeiten“. Und der rot-grüne Chefökonom Marcel Fratzscher reißt den Weltrekord in Schönfärberei, wenn er allen Ernstes behauptet: „Die Stimmung ist schlechter als die Lage.“ Parallelgesellschaft.

Wirtschaftswunder ohne Wunderkräfte möglich

Und es bedarf keiner Wunderkräfte, um den Abwärtspfad in ein neues Wirtschaftswunder zu verwandeln. Wenn man endlich die überbordende Bürokratie abbaut und Bürgern und Unternehmen mehr zutraut, statt jede Eventualität zu regeln, hätte man ein sofort wirksames Konjunkturprogramm, das nichts kostet. Wenn man die Einnahmen aus dem Emissionshandel nicht für teure und fragwürdige Subventionen verballert, sondern eins zu eins über die Absenkung der Stromsteuer und Netzentgelte den Bürgern und Unternehmen zurückgibt, hat man sofort die Energiepreise reduziert.

Und wenn man die Fülle bürokratischer Förderprogramme für Unternehmen, aber auch für NGOs streicht und dafür die Unternehmenssteuern für alle senkt, würde der Standort für Investoren sofort attraktiver.

Der Staat müsste bei sich selbst mit dem Sparen anfangen, indem er einige Bundesministerien, parlamentarische Staatssekretäre und zahlreichen Beauftragte streicht. Und vor jeder Neueinstellung in einem Ministerium, müssen vorher zwei Beschäftigte ausgeschieden sein („One in, two out“).

Unternehmer haben genug

Doch von der Umsetzung dieser Ideen sind wir weit entfernt. Die Unternehmer die Faxen dicke. Es passiert etwas, was es noch nie zuvor gab: konkurrierende, sich zum Teil misstrauisch beäugende Verbände und Unternehmerinitiativen aus allen Branchen, bundesweit und regional, schließen sich bis zur Bundestagswahl zu einer gemeinsamen Kampagne zusammen und rufen mit dramatischen Bildern und Fakten Richtung Regierungsviertel: „SOS – die deutsche Wirtschaft ist in Gefahr“.

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Rund 40 Verbände sind schon dabei, täglich kommen weitere dazu. Für Januar sind eine Großdemo vor dem Brandenburger Tor und Aktionen in ganz Deutschland geplant.

Wahlkampftrips, während daheim die Hütte brennt

Die Menschen haben längst begriffen, was im Regierungsviertel noch geleugnet wird. In allen Umfragen ist bei den wichtigsten Themen immer Wirtschaft weit vorne. Doch was macht Scholz: Er geht zum Wahlkampfauftakt an den von seinen Bürgern und ihren Themen entferntesten Ort: nach Kiev.

Und der für Wirtschaft zuständige Minister Habeck dreht Gefälligkeitsvideos, wahlweise in „Prenzlberger“ Altbauwohnungen oder im TV-Studio von Caren Miosga und redet da übers Kochen, aber nicht über die Wirtschaftswende. Seine Partei beschließt Steuererhöhungen. Die FDP zerfleischt sich wegen eines parteiinternen Strategiepapiers von Mitarbeitern und übt sich in Jobrotation beim Führungspersonal.

Und die Union, äh, ja, weiß man nicht so genau: irgendwas mit Neuwahlen im Januar oder doch nicht, irgendwas mit Schuldenbremse reformieren oder doch nicht, irgendwas mit Steuern erhöhen oder doch nicht, irgendwas mit Taurus-Ultimatum oder doch nicht, irgendwas mit Abtreibungsrecht reformieren oder doch nicht.

Im Schlafwagen ins Kanzleramt

Markus Söder hatte 2021 dem gemeinsamen Kanzlerkandidaten von CDU und CSU, Armin Laschet, den Wahlkampf mit dem Spruch verhagelt, es gehe nicht darum „mit Schlafwagen ins Kanzleramt zu fahren, auf langsame Geschwindigkeit.“

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Aber die Spitzen im Berliner Regierungsviertel fahren entweder wie Scholz mit dem Schnellzug in die falsche Richtung, wie Habeck im Salonwagen ins Grüne, wie Lindner auf der Draisine, der den Mann am Handhebel rausschmeißt, oder sie stehen noch wie Merz im Schlafwagen, der den Bahnhof noch nicht verlassen hat.

Und die deutsche Wirtschaft? Sie sitzt und schreit mit Christian Andres Worten Richtung Berlin: „Es fährt ein Zug nach Nirgendwo / Und niemand stellt von grün auf rot das Licht / Macht es dir wirklich gar nichts aus / Dass unser Glück mit einem Mal zerbricht?“